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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 11.06.2014
LebenDie Festivalreportage

Woodstock auf der Lahn

Veröffentlicht
am 11.06.2014
Am Wochenende rockte die Lahn: Die Menge tanzte gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und Headliner Blumentopf rappte zu „Forstbier“ und „Meran“.
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„Una mattina mi son svegliato, o bella, ciao! bella, ciao! bella, ciao, ciao, ciao!“, ertönt es aus den Lautsprechern der großen Bühne. Die Menge tobt. Die Leute in den ersten Reihen singen mit, springen und strecken beim „ciao“ ihre geballten Fäuste in die Luft. Die Skacore-Band NH3 aus Pesaro bringt die Leute zum Tanzen. Spätestens jetzt, mit dem berühmten Partisanenlied der italienischen Widerstandsbewegung gegen den Faschismus, haben die sieben Männer auf der Bühne die Festivalbesucher auf ihrer Seite. Es gibt viele Varianten des Liedes, NH3 ist mit ihrer definitiv vorne mit dabei.

Es ist früher Abend und auf dem Gelände neben dem Obermaiser Fußballplatz herrscht bereits eine ausgelassene, Woodstock-ähnliche Stimmung. Umgeben von Bäumen, mitten im kurzen Gras, ragt die imposante Bühne in die Luft. Davor tanzen die Besucher oder sitzen in kleinen Gruppen auf dem Boden und trinken ihr Bier. Die Sonne scheint. Es ist heiß. Rund um den eingezäunten Platz stehen kleine Stände mit Essen und Getränken. „Against racism!“, ruft ein Bandmitglied der NH3 ins Mikrofon. Er ballt die Faust und hält sie in die Luft. Die Menge jubelt, klatscht und macht es ihm nach. Die Band bezieht klar Position gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Faschismus. Perfekte Voraussetzungen für das Festival unter dem Motto „against racism“. Heute jährt sich das „Rock The Lahn“ zum neunten Mal. Ein Pflichttermin des Südtiroler Festivalsommers.

Feiern und Integration

„Letztes Jahr war es so cool, deshalb bin ich diesmal auch dabei“, sagt Mara. Sie hat für die Lahn den Weg von Schlanders nach Obermais auf sich genommen. Ihre Stirn und einige ihrer Zöpfe sind zugepflastert mit runden Aufklebern in den panafrikanischen Farben Grün, Gelb und Rot und der Aufschrift „Rock the Lahn against racism“. Wie jeder Besucher hat sie die Sticker am Eintritt bekommen. Jetzt wartet sie an einem Stand auf ihr Getränk. Hinter den Theken wuseln die über fünfzig Helfer. Zwei Frauen, die fleißig Kuba und Flieger zapfen, helfen das erste Mal mit und hätten großen Spaß dabei, sagen sie.

Ein süßlicher Geruch liegt hier in der Luft. Er kommt vom kleinen Stand mit Obst, Zuckerwatte und Popcorn am Rande des Geländes. Die kleinen Stehtische hinter dem Mischpult sind gefüllt. Mittlerweile ist es acht Uhr und so langsam kühlt es zum Glück ein wenig ab. Man trifft hier viele bekannte Gesichter, darunter Evangelist, der Straßenverkäufer der Zeitschrift „Zebra“. Er hilft heute hier mit, neben einigen anderen, die nach dem Lybien-Krieg als Flüchtlinge nach Südtirol kamen. „Wir haben sie einmal besucht und kennengelernt“, sagt Thomas Kobler, einer der Organisatoren. Damals wurden sie noch zum Festival eingeladen, erzählten, dass sie in Südtirol mit Rassismus konfrontiert wurden. „Dadurch entstand 2011 das Motto against racism“, erklärt Kobler. Mittlerweile seien sie zu guten Kollegen geworden und helfen heute selbst mit.

Dem Kulturverein „integration-rock“, der hinter dem Lahn-Festival steht, wurde oft vorgeworfen, es gehe ihm nur ums Feiern, Saufen und „Puff“-machen. Dabei unterstützen seine 16 Mitglieder Flüchtlinge und Asylanten, erleichtern ihnen den Start in Südtirol und haben sich die Verbesserung des Verhältnisses zwischen den beiden Sprachgruppen zum Ziel gesetzt. Neben der Lahn organisieren sie noch weitere Konzerte und sammeln dabei Spenden. „An wen wir dieses Mal spenden, wissen wir noch nicht“, so Kobler.

„Einfach nur der Hammer“

Die Stimmung wird immer besser, mehr und mehr Leute kommen aufs Gelände. Die weiteren Bands können locker mit der vorigen mithalten und bringen die Menge zum Tanzen. „Am besten gefallen mir die Stimmung und der Platz“, sagt Franziska. Sie ist bereits das dritte Mal bei der Lahn dabei und findet nicht nur das Motto des Festivals super. Ihr Freund Kurt freut sich auf die Band Blumentopf. „Bis jetzt ist das Festival nicht weltbewegend, aber das wird noch werden, wenn Blumentopf spielt“, sagt der 25-Jährige und lacht. Er kann es kaum erwarten, bis die fünf ihren Auftritt haben, während sich ein 22-jähriger Festivalbesucher für die Musik nicht sehr begeistern kann. Sie sei ihm im Vergleich zu früher zu wenig „gammelpunkmäßig“.

Dann ist es endlich soweit. Blumentopf, eine der bekanntesten Hip-Hop Bands Deutschlands, bringt die Lahn als Headliner zum Beben. Die Männer betreten die Bühne und legen los. „Sie sind toll“, ruft Angelika, die auch begeistert von der großen Bühne ist. Mit einem Mix aus humorvollen, ironischen Texten und ernsteren, politischen und gesellschaftlichen Themen sorgen Blumentopf für den krönenden Höhepunkt. Die Besucher werden mit fortschreitender Stunde ausgelassener, aber auch der Müllberg auf der Wiese wächst. Vielleicht sollte die Lahn über Pfandbecher nachdenken, um den vielen Müll zu vermeiden. „Oder zumindest Müllsäcke aufhängen“, sagt eine junge Frau.

Dann ertönt ein improvisiertes Lied von der Bühne: Rhythmische Reime, in denen neben witzigen Sprüchen auch Rock the Lahn, Meran und Forstbier vorkommen. Die Zuhörer springen im Takt des Raps und lachen bei einigen Strophen. Auch wenn man kein Hip-Hop Fan ist, muss man dennoch zugeben, Blumentopf hat es drauf. Ein tolles Festival neigt sich nach der Zugabe der letzten Band so langsam dem Ende zu. Die Besucher folgen dem Menschenstrom auf dem staubigen Weg vom Festivalgelände. „Es war einfach nur der Hammer“, fasst es ein junger Bursche zusammen.

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