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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 01.04.2015
LebenOst West Club Meran

Wohnzimmer der Kultur

Veröffentlicht
am 01.04.2015
Der Ost West Club litt lange unter einem schlechten Ruf. BARFUSS hat hinter die Kulissen geblickt, wie es heute um das Kulturzentrum steht.
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Michael Schwalt, er hat den Club vor fünf Jahren übernommen.

Etwas unscheinbar, in einer kleinen Gasse oberhalb vom Pfarrplatz, geht es durch eine alte, weiß lackierte Tür hinein in den Ost West Club. Einmal drinnen, taucht man fast ein wenig in eine andere Welt ein. Das Licht ist gedimmt, es herrscht Wohnzimmeratmosphäre. In einem Raum steht ein kleiner Holzofen, im hinteren ein Sofa und ein Kicker. Auf der roten Wand verewigen sich die Mitglieder mit Stiften, am Abend darf hier geraucht werden. Rechts geht es über ein paar Stufen hinauf in das eigentliche Herzstück des 1982 gegründeten Clubs. Dort finden die wichtigsten Veranstaltungen statt. Auf insgesamt rund 90 Quadratmetern wird Kultur und Kommunikation gelebt. „Ehrenomt mocht schian“, steht auf der grünen Wand geschrieben.

In wenigen Jahren ist aus dem anfänglichen Szenelokal ein Kommunikations- und Kulturzentrum geworden. 2014 zählte der Club knapp 1.500 Mitglieder, wobei der Stand am Ende des Jahres immer auf Null gestellt wird. In diesem Jahr sind es bereits 1.000, Tendenz steigend. Die Mitglieder sind zwischen 15 und 76 Jahre alt. Im Ost West Club tanzen regelmäßig ältere Leute zwischen Jugendlichen und niemand wird schief angesehen, weil er Rastas trägt oder seine Hose zu viele Löcher hat.

Regelmäßig gibt es Tanzveranstaltungen.

Hinter dem Club steht eine Reihe von Leuten, die ihn mit viel Einsatz am Laufen hält: Präsident Besay Mayer, Vizepräsidentin Giorgia Lazzaretto und die weiteren Vorstandsmitglieder Laura Zindaco, Klaus Niederstätter und Sonja Steger. Nicht zu vergessen die zahlreichen Mitglieder, die ihre Ideen in den Club einbringen. Insgesamt sind es über hundert, die ehrenamtlich mitarbeiten. Die zwei, die man heute Abend hinter der Theke antrifft, sind Michael Schwalt, 26, seit fünf Jahren Verantwortlicher des Clubs und Thomas Kobler, 30. Er koordiniert seit 2013 die Veranstaltungen und macht die Öffentlichkeitsarbeit.

Kultur vor Bar

Ost West ist ein Kulturwohnzimmer. Es ist nicht institutionalisiert und vermittelt Kunst, Musik und Kultur auf unkonventionelle Weise. Und es ist der einzige Treffpunkt in Meran für alternative Leute. „Wir sind keine Bar, bei uns gibt es keine Konsumpflicht. Kultur steht im Vordergrund und wer das nicht versteht, der ist hier falsch“, sagt Kobler.

Es ist Freitag, sechs Uhr abends. Zusammen mit Schwalt räumt der Meraner Getränke ein. Kultur werde immer vor Bar gehen, Kultur sei das, was zählt, sagt er. Neben Tanzabenden gibt es politische Diskussionsrunden, Jamsessions, den Literaturclub, zahlreiche Fotografie- und Kunstprojekte – und neuerdings das erste Repair Café Italiens. Ins Leben gerufen vom langjährigen Mitglied Florian Mayr, reparieren bei diesen ehrenamtlichen Treffen Teilnehmer ihre kaputten Dinge.

Wöchentlich treten im Club lokale und internationale Bands auf, auch an diesem Abend. In wenigen Stunden wird er gefüllt sein, unter anderem mit Jugendlichen, die offen sagen, sie seien lieber hier, als in einem Jugendzentrum. „Wir bieten einen Rahmen, in dem sich Jugendliche ausleben, Erfahrungen sammeln und sich auch mal gehen lassen können“, so Schwalt. Jugendliche wären heutzutage nur noch mit Verboten konfrontiert und das sei ein riesiges Problem. Die Mitarbeiter des Ost West Clubs leben ihnen Werte vor und zeigen auf eine lässige Art und Weise, dass es auch andere Dinge gibt, als nur die Playstation. Jugendliche werden miteinbezogen, helfen aktiv mit und bringen sich im Club ein. „Man muss ihnen eine Chance geben. Mir wurde sie in meiner Jugend auch gegeben“, sagt Schwalt.

Kein Interesse

Der Ost West Club spielt seit jeher eine wichtige Rolle in Meran. Dennoch war er lange Zeit bei einem Großteil der Bevölkerung verpönt. Anzeigen der Nachbarn, Polizeikontrollen und negative Berichterstattung der Medien waren an der Tagesordnung. Heute hat sich das Blatt gewendet. Die Presse berichtet positiv über die vielen kulturellen und politischen Veranstaltungen des Clubs und auch die Stadtgemeinde scheint interessierter. „Mittlerweile buhlen sie um unsere Gunst, weil sie wissen, sie kommen nicht an uns vorbei“, so Kobler. Nicht zuletzt auch wegen der anstehenden Gemeinderatswahlen.

„Und jetzt kommen sie alle her, weil der Club auf eine Art und Weise in geworden ist“, so Schwalt.

Als Schwalt den Club vor fünf Jahren übernahm, war das anders. „Zugegeben, wir hatten noch kein richtiges Konzept. Aber wir hatten von Anfang an das Ziel, etwas Kulturelles zu schaffen“, sagt Schwalt. „Und jetzt kommen sie alle her, weil der Club auf eine Art und Weise in geworden ist“, erklärt er. Zusammen mit Kobler arbeitet der Meraner Teilzeit hinter der Theke des Clubs. Die eigentliche Arbeit läuft aber im Hintergrund ab. Die beiden stecken ihr Herzblut in den Club und machen jede Woche zig unbezahlte Überstunden. „Wir machen die Arbeit gerne, aber irgendwann kommt man an einen Punkt, wo es gefragt wäre, dass wir eine Vollzeitstelle bekommen“, so Schwalt. Die Unterstützung seitens der Gemeinde fehle. Nur eine Handvoll aus der Stadtregierung sei zu den politischen Diskussionen gekommen, trotz unzähliger Einladungen und Emails. Viele sind auch dann noch weggeblieben, als Kompatscher, Achammer oder Schuler bereits da waren.

Von Lokalwechseln und Zukunftsplänen

Tausend Euro im Jahr bekommt der Kulturverein von der Gemeinde. Vom Land deutlich mehr. Dennoch fehlt es an allen Ecken und Enden. Die ersten zwei Jahre gab es nur kaltes Wasser und keine Spülmaschine. Renoviert hat man mehr provisorisch als professionell, zusammen mit über 60 ehrenamtlichen Helfern. Aber genau dieses Engagement zeichnet den Club aus: Jeder hilft mit, bringt sich ein und identifiziert sich umso stärker mit Ost West. Dennoch brauche es mehr Unterstützung. Es gibt immer noch keinen Drucker, der richtig funktioniert und keine guten Büromöglichkeiten. „Mal abgesehen davon, dass hier einiges kaputt ist“, so Schwalt. Man wolle nicht alles picobello haben, sondern hätte einfach gerne grundlegende Arbeitsbedingungen und möchte sich nicht alles selbst finanzieren müssen.

Bei manchen politischen Diskussionen platzt der Club aus allen Nähten und einige Mitglieder müssen von Draußen zusehen.

Auch ein Umzug ist schon lange geplant. Der Ost West Club platzt an manchen Abenden aus allen Nähten. „Es soll so familiär bleiben, wir brauchen aber größere Räume für unsere Veranstaltungen“, sagt Schwalt. Das Vorhaben scheiterte bisher an der Gemeinde Meran. „Sie bremst uns in allen Vorhaben aus“, erklären er und Kobler. Es gab immer wieder Gespräche, bisher jedoch ohne Erfolg.

Schwalt und Kobler sind davon überzeugt, dass es mit der neuen Stadtregierung besser wird. Darin setzen sie ihre Hoffnungen, damit sie endlich die Räumlichkeiten bekommen, die sie sich wünschen. Pläne gäbe es dann viele. „Meran soll ein großes Kulturzentrum bekommen, ganz klar“, sagt Kobler. Mit Tonstudio, Proberäumen für Bands, Werkstätten, einem Tagescafé, in dem sich alleinerziehende Mütter und junge Familien treffen könnten, mit leistbarem Essen für Schüler und Studenten. „Und mit Konzerträumen, in denen man nicht zusammengedrängt wie die Sardinen nebeneinander stehen muss“, so Kobler. Es solle ein Lebensmittelpunkt werden: Für jeden, egal, wie alt man ist, was man macht und wie man aussieht.
Wie es weitergeht, falls auch die neue Stadtregierung den Wunsch nach größeren Räumlichkeiten nicht erfüllt? Das bleibt offen.

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