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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 20.04.2015
LebenEin Abend im UFO Bruneck

Von einem anderen Stern?

Veröffentlicht
am 20.04.2015
Das Jugend- und Kulturzentrum UFO in Bruneck ist legendär. BARFUSS hat sich einen Abend lang hinter die Theke gestellt und mitgeholfen.
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Das Groove-Cafè im ersten Stock.

„Oft überrennen sie uns hier in der Bar und oft ist gar nichts los“, sagt Claudia, Baristin im Jugend- und Kulturzentrum UFO. Heute trifft eher letzteres zu. Es ist Freitag Abend, 21 Uhr, die Bar im ersten Stock ist nur spärlich gefüllt. An der Theke sitzen zwei Damen in den Vierzigern, an den Tischen ein Teenie-Pärchen, das Händchen hält, ein paar Männer in den Dreißigern, die 111er Bier aus Flaschen trinken, und eine Gruppe Mädchen bei Wasser und Limo.

Heute werde ich den zwei Baristinnen Claudia, 31 und Anna, 20 unter die Arme greifen und mir die Arbeit im UFO aus nächster Nähe anschauen. Auf 1.465 Quadratmetern gibt es neben dem Groove-Café noch den Treffpunkt für Jugendliche und einen Konzertraum. UFO schafft Begegnungen. Nicht selten kommen hier Alt und Jung und ein bunter Sprach- und Kulturmix zusammen.

10 Mitarbeiter sorgen dafür, dass bei den Veranstaltungen alles reibungslos klappt. Veranstaltungen und Events gibt es im UFO viele: Theaterprojekte, Ausstellungen, Public Viewing, „Puschtra Summer“ – ein junges Sozialprojekt, Sommerkino, „Borderline“, ein alternativer Maturaball, Konzerte, Kinderkino, Literaturnächte … Vergangenes Jahr waren es 80 Eigenveranstaltungen und 40 Gastveranstaltungen. Das UFO, das hier seit 2000 steht, hat sich aus einem Jugendzentrum in einem 100 Quadratmeter großen Kellerraum zu einem riesen Veranstaltungsort gemausert.

Das Team hinter der Bar

Claudia arbeit seit neun Jahren im Groove-Café.

Gleich zu Beginn drückt mir Claudia eine kurze schwarze Schürze in die Hand und zeigt mir, wo was steht: Mehr als eine Handvoll verschiedene Säfte gibt es zur Auswahl, dazu noch Limo, Cola, Mineralwasser, stilles Wasser, jede Menge unterschiedliche Weine und mehrere Biersorten. Superalkohol gibt es hier nicht. Der Wein wird in eleganten Gläsern serviert – um die Trinkkultur zu fördern, wie Gunther Niedermair, Kulturarbeiter und Geschäftsführer des UFO, erklärt. Er kümmert sich um die Koordination der Veranstaltungen. Heute hat er es geschafft die Band „Hostle and Drone“ und den Singer-Songwriter „Worth“ aus den USA anzuheuern. Sie machen auf ihrer Europatour einen kleinen Abstecher nach Bruneck.

Claudia arbeitet bereits seit neun Jahren im Groove-Café des Jugendzentrums, zusammen mit Walter, der heute seinen freien Tag hat. Ihr gefällt die Arbeit, auch wenn sie sich manchmal einen Tapetenwechsel wünscht. Doch die Arbeitszeiten von Montag bis Freitag und die Abwechslung sind dann doch zu verlockend. Je nach Tageszeit und Veranstaltungen treffe man hier nämlich auf die unterschiedlichsten Leute. „Es ist nicht wie in einer normalen Bar, wo man seine Stammgäste hat. Je nach Veranstaltung wechselt das Publikum. Das ist total toll“, sagt die Bruneckerin mit knallrot gefärbten Haaren, die früher selbst Konzerte im UFO besuchte. Zur Mittagszeit kommen Schüler der nahegelegenen Schulzone, da sei es dann immer „pumpvoll“.

„Bei Konzerten kommen immer weniger junge Leute, das ist schade.“

Anna arbeitet seit einem Jahr in der Bar mit.

Auch Anna kam früher oft her. Seit Sommer vergangenen Jahres arbeitet sie mit, am besten gefallen ihr das lockere Arbeitsklima und die verschiedenen Gäste. Die junge Bruneckerin geht bald für ihr Deutsch- und Geschichtestudium nach Wien, sagt sie, während sie eine Runde Bier für die fünf jungen Männer zapft, die eben eingetrudelt sind.

Ich räume insgesamt drei Tische ab, bringe ein paar Getränke zu den Tischen und zapfe zwei Bier – mehr schlecht als recht, die Plastikbecher mit dem roten UFO-Logo schäumen wie verrückt. Vielleicht schäumen sie aber auch nur, weil ich das schon Jahre nicht mehr gemacht habe.

„Der große Ansturm bleibt heute wohl aus“, sagt Claudia. Mein Stichwort, Perspektive zu wechseln und mich vor die Theke zu setzen. Viel helfen kann ich heute nicht, dafür komme ich jetzt mit Mara, 22 ins Gespräch. Sie ist Schülerin der Hotelfachschule und hat mit ihrer Schulklasse mitgeholfen, das Konzert heute zu organisieren. Sie waren für das gesamte Catering zuständig und sind etwas enttäuscht, weil nicht so viele Gäste gekommen sind. Eine Fete im K1 sei der Grund dafür, meint Mara. Das denkt auch Claudia. Im Winter würden die Jugendlichen abends lieber zum Aprés Ski gehen, unter der Woche blieben einige weg, weil sie nachmittags Schule haben. „Bei Konzerten kommen deswegen immer weniger junge Leute, das ist schade“, sagt sie. Aber manchmal, meistens wenn bekannte Ska- oder Reggaebands spielen, dann füllt sich das UFO mit feiernden Jugendlichen.

Ein Treffpunkt für alle

Zwei Stunden zuvor komme ich mit einer Freundin im UFO, nahe dem Schulzentrum in Bruneck, an. Es ist ein warmer Abend, einige Jungs skaten auf der unbefahrenen Straße vor dem UFO, das sich auf einem kleinen Hang ausbreitet. Der terrassenförmig angelegte Rasen führt hinauf in den „Treffpunkt“, der für Jugendliche von elf bis etwa 20 Jahren immer nachmittags von drei bis sieben geöffnet ist. „Es ist einfach ein Treffpunkt für alle Jugendlichen, egal welcher Sprache, Kultur oder Herkunft. Sie sollen Spaß haben“, sagt Niedermair.

Drei Viertel der Besucher sind Jugendliche mit Migrationshintergrung. Zwei Jugendarbeiter, Stefano und Sara, arbeiten hier mit den Jugendlichen. Die Themen sind die üblichen: Beziehungen, Prävention und Pädagogik. Die Jugendlichen werden stark miteinbezogen und helfen, die Räume zu gestalten. Das sei ein Grund, warum es hier im UFO kein Problem mit Vandalismus gebe, so Niedermair. Heute noch kommen junge Elektriker und Tischler mit ihren Freunden stolz ins UFO und zeigen, was sie damals in der Berufsschule hier erarbeitet haben.

Im Treffpunkt wird auch gemeinsam gekocht.

Niedermair ist bereits seit Jahren im Bereich der Jugendarbeit tätig und stellt eine Veränderung fest: „In den letzten Jahren ist die Jugendkultur sehr dynamisch geworden. Alles ist schnelllebig aber auch kreativ. Die Verbindlichkeit nimmt aber ab.“ [[{“fid”:”18019″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:””,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Gunther Niedermair”,”field_tags[und]”:”UFO, Jugendzentrum, Kulturzentrum, UFO Bruneck, Jugend, Jugend Bruneck, Jugendliche, Jugendarbeit, Pädagogik, Konzerte, Treffpunkt, Café”},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:186,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]]

Heute gebe es zwei Arten von Jugendlichen, so der Geschäftsführer der UFO. Einmal die selbstbewussten, die sich gerne präsentieren und die keine Scheu davor hätten, auch mal für eine Lesung auf die Bühne zu gehen. Dann gebe es die Jugendlichen am Rande der Gesellschaft, denen zu viel Trubel gleich zu viel wird. „Oft sind es Jugendliche mit Migrationshintergrund, die andernorts ausgeschlossen werden. Das macht mir Sorge“, sagt Niedermair, der mit seinen Mitarbeitern versucht, allen Jugendlichen gerecht zu werden, eine große Herausforderung. Ein weiteres Problem sei die Finanzierung. Wie viele Jugendzentren hat auch das UFO damit zu kämpfen. „Geldmittel werden weniger und es ist schon jetzt eine Herausforderung für uns“, so Niedermair. 40 Prozent des gesamten Haushaltes müssen sie bereits alleine erwirtschaften. Eine Stunde vor Konzertbeginn sagt er: „Ich kann nicht sagen, wie es in zwei Stunden aussieht, vielleicht ist gar nichts los, vielleicht ist es gut gefüllt mit einer tollen Stimmung.“ Los ist heute wirklich nicht viel, obwohl am späteren Abend dann doch noch ein paar Leute mehr kommen. Die Stimmung ist dafür umso besser, auch die Bands sind nicht schlecht, die Licht- und Nebelanlage ein Hingucker. Niedermair nimmt’s trotz wenig Ansturm gelassen. Nächstes Mal sei wieder mehr los, ist er sich sicher.

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