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Angst rettet uns ständig das Leben. Sie bewirkt, dass wir auf der Straße nach rechts und links schauen, bei Schlechtwetter den Berg meiden und beim Verlassen des Hauses die Tür abschließen. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, bewahrt uns Angst vor Schlimmerem. Wir leiden an Höhenangst oder ekeln uns vor Spinnen. Oft können wir Ängste aber nicht klar benennen, fürchten uns vor dem Ungewissen und dem, was wir nicht beeinflussen können. Fakt ist – Ängste bestimmen unser Leben. Gerade deshalb ist es wichtig, sich ihrer bewusst zu sein. Angsterkrankungen zählen neben Depressionen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Spätestens wenn es zur Panikattacke kommt, klingeln die Alarmglocken. Bleibt eine Angststörung unbehandelt, kann sie sich verselbstständigen. Es kommt zur Erwartungsangst.
Als Reaktion darauf werden gefürchtete Situationen gemieden und Betroffene isolieren sich. Nichts lähmt so sehr wie die Angst vor der Angst. Harry Potter-Fans wissen das seit Band 3, als Harry im wandelbaren Irrwicht, der die Gestalt der größten Angst seines Gegenübers annimmt, einen Dementor sieht. Das bedauerte auch Mark Twain, als er vor seinem Tod über seine verschwendete Lebensenergie reflektierte: „Ich hatte mein ganzes Leben viele Sorgen. Die meisten sind aber nie eingetreten.” Was also tun, wenn die Angst uns packt? Die Lösung klingt einfacher als sie ist: Loslassen. Angst kann uns nur übermannen, wenn wir es erlauben. Brechen wir das Problem sachlich herunter, stellen wir oft fest, dass die Konsequenzen im schlimmsten Fall gar nicht so tragisch sind. Wir fürchten Deadlines, Prüfungen und neue Herausforderungen. In den seltensten Fällen würde ein Versagen aber im Tod enden.
Was also tun, wenn die Angst uns packt? Die Lösung klingt einfacher als sie ist: Loslassen.
Mich begeisterte zuletzt die Reaktion einer Arbeitskollegin, als ich meine Sorge mit ihr teilte, an einer Aufgabe zu scheitern. Sie fragte: „Und wenn’s gut wird?” Dann lud sie mich zu einem Gedankenspiel ein und ich versetzte mich in die meditative Visualisierung, eine Übung aus dem Mentaltraining. Dabei werden gezielt Vorstellungsbilder mit der Absicht hervorgerufen, den Fokus zu schärfen und Ziele zu erreichen. Ich stellte mir vor wie es wäre, wenn es gut ginge. Ein Gefühl der Erleichterung überkam mich. Ich sah mich zufrieden aus dem Büro spazieren und mit den Kolleg*innen in unserer Lieblingsbar feiern. Der Kloß im Hals verschwand, die Zweifelsfalten auf der Stirn glätteten sich. Ich nahm den Hörer ab und legte alle Hebel in Bewegung, um das Projekt zu retten. Und soll ich euch etwas verraten? Es ist gut geworden.
Meine Tipps:
Text: Daniela Halbwidl
Dieser Text ist in der neuen Ausgabe der Straßenzeitung zebra. (Nr. 70 vom 10.11.–09.12.2021) erschienen.
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