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Magdalena Jöchler
Veröffentlicht
am 09.01.2014
LebenDie neuen Landesräte

Sanfter Rebell

Veröffentlicht
am 09.01.2014
Der neue Landeshauptmann fährt noch selbst Auto und lässt sich nicht gerne mit Obama vergleichen.
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Heute soll im Landtag Arno Kompatscher zum Landeshauptmann gewählt werden. Passiert nichts Unvorhersehbares, darf sich der ehemalige Gemeindeverbandspräsident fortan Landeshauptmann nennen und sein Büro in Völs gegen das von Luis Durnwalder in Bozen tauschen. BARFUSS erwischt Arno Kompatscher auf dem Weg nach Bozen.

Sind Sie selbst gefahren oder haben Sie schon einen Chauffeur?

Nein, ich fahre schon selbst. Ich habe noch keinen Chauffeur. Alles zu seiner Zeit. Wobei ich diese Strecke auch in Zukunft selbst fahren werde.

Als Landeshauptmann werden sie relativ viele Ressorts und Kompetenzen verwalten. Das erinnert ein bisschen an Ihren Vorgänger.

Der Eindruck trügt. Die Aufzählung der verschiedenen Wirtschaftssektoren macht die Liste sehr lang. Im Prinzip habe ich nur die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und Innovation. Das sind eher weniger Zuständigkeiten als Durnwalder hatte.

Man hat das Gefühl, dass Arno Kompatscher keine Feinde hat. Hat sich das im Zuge der Koalitionsverhandlungen geändert?

Oh, das ist aber eine nette Feststellung. Ich wünsche mir, dass es so ist. Ich denke nicht so sehr in den Kategorien Feind und Freund. Es gibt Leute, die andere politische Ansichten haben, deswegen sind es aber keine Feinde. Mit diesen Personen kann ich auf persönlicher Ebene trotzdem sehr gut auskommen. Schwierigkeiten bekomme ich, wenn es sich um Ansichten außerhalb des Verfassungsrahmens handelt, nazifaschistische oder menschenverachtende Ideen etwa. Dann ist die persönliche Ebene auch nicht mehr möglich.

Man sagt von Ihnen, dass Sie in Ihrer Jugend ein Rebell waren, der eher auf der linken politischen Seite zu Hause war.

Inzwischen ist der Spruch ja schon bekannt: Wer mit 15 nicht links ist, hat kein Herz und wer es mit 30 immer noch ist, hat kein Hirn. Das ist scherzhaft gemeint. Es ist ganz klar, dass man eine gewisse Sozialisation mitmacht. Bei mir war es so, dass ich mich aufgrund entsprechender Erfahrungen irgendwann in der politischen Mitte wiedergefunden habe. Ich war immer sozial engagiert und bin es heute noch. Trotzdem weiß ich genau, dass man zuerst auch Einkommen erwirtschaften muss, um einen Sozialstaat finanzieren zu können.

Also weder links noch rechts der Mitte?

Ich selbst würde mich schon eindeutig in der politischen Mitte positionieren, was letztendlich auch meiner Partei entspricht.

Vom Rebell, der Sie einst gewesen sein sollen, ist so wenig übrig geblieben ...

Ich bin jetzt kein Spießer geworden. Ich bin aber immer noch jemand, der seine Meinung vertritt. Wenn ich von etwas überzeugt bin, trete ich dafür ein, wenn nötig auch lautstark. So viel Rebellion habe ich mir schon bewahrt. Wenn man politische Verantwortung übernimmt, noch dazu eine Führungsposition, ist das auch notwendig. Man muss dann auch vorausgehen. Dementsprechend braucht es einen gewissen Mut.

Für eine Koalition mit den Grünen hat der Mut nicht gereicht?

Das war keine Frage des Mutes, da haben die Voraussetzungen nicht gereicht.

An Obama wurden vor seiner ersten Amtsperiode auch sehr hohe Erwartungen gestellt. Im Moment schaut es so aus, als ob er daran scheitern würde. Haben Sie Sorge, dass es Ihnen gleich ergeht?

Der Vergleich, Landeshauptmann-Kandidat und US-amerikanischer Präsident, ist immer sehr gewagt. Man kann gewisse Erwartungen sowieso nicht erfüllen, weil man auf dem politischen Parkett als Neuer auch Projektionsfläche ist. Da wird von einem „A“ und gleichzeitig das Gegenteil davon erwartet. Jeder projiziert hinein, was er gerne hätte. Dass man nicht beides erfüllen kann, damit muss man leben.

Wird die heilige Kuh „Proporz“ in den nächsten zehn Jahren geschlachtet?

Ich sehe eigentlich keinen Grund dazu, dass man sie schlachten sollte. Es ist ein Mythos, dass mit dem Proporz irgendwelche großen Probleme verbunden sind. Im Gegenteil, der Proporz hat zum Frieden in diesem Land einen wesentlichen Beitrag geleistet und leistet ihn auch heute noch. Ich bin überzeugt davon, dass es ohne die gerechte Verteilung von Posten unter den Sprachgruppen sehr schnell wieder zu Neid, Vorwürfen, Missgunst und allem Möglichen kommen würde. Deswegen: Bevor man ein solches Instrument in Frage stellt, muss man sich genau anschauen, was es bewirkt hat. Bereits heute gibt es für bestimmte Positionen und Funktionen eine flexible Anwendung des Proporzes. Das wird praktiziert und es funktioniert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Wahl der Landesregierung die Vertretung der Italiener nach Sprachgruppenverhältnis die erste Forderung war. Wenn das nicht Proporz ist.

Wie ist es mit der Toponomastik? Werden wir in zehn Jahren immer noch darüber diskutieren?

Ich hoffe nicht. Ich hoffe, dass wir soweit sind eine vernünftige Lösung zu finden.

Ist das in zehn Jahren möglich?

Ich glaube schon.

Ihre ersten beiden Kinder sind noch während Ihrer Studienzeit zur Welt gekommen. Würden Sie das nochmal machen oder würden Sie einem jungen Menschen heute davon abraten?

Bei uns waren es Wunschkinder, ich würde es nicht anders machen. Allerdings kann ich jemand anderem dazu weder raten noch davon abraten. Das hängt von den jeweiligen Voraussetzungen ab. Dazu braucht es die richtige Partnerin und man muss gewisse Möglichkeiten haben. Letztendlich ist es auch eine Frage des Glücks. Egal ob man sehr jung oder etwas später eine Familie gründet, in die Brüche gehen kann es immer.

Haben Sie Ihr neues Büro schon bezogen?

Nein, Luis Durnwalder ist ja noch im Amt. Noch sitzt er im Büro. Ich werde es beziehen, sobald ich gewählt bin. Es könnte auch sein, dass ich nicht gewählt werde. Alles zu seiner Zeit.

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