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Das neue Album „Resilience“ der Alternativ-Rockband Lost Zone erscheint heute (25. März) und handelt von den Tiefschlägen des Lebens und darum, immer wieder aufzustehen. Lost Zone, das sind Florian Mahlknecht (23, Leadsänger/Gitarre), Simon Mair (25, Schlagzeug und Sprechgesang) und Andre Plaickner (25, Bass/Screams). BARFUSS hat mit Florian und Simon in ihrem Studio über ihr neues Album und Musik in Zeiten von Internet und Corona gesprochen.
BARFUSS: Ihr seid durch Coversongs von Linkin Park auf YouTube bekannt geworden.
Florian: Ja genau. 2017 haben wir unsere erste EP mit sechs eigenen Songs veröffentlicht und gleichzeitig verschiedene Coversongs auf Youtube hochgeladen. Der Song „In the End“ hat uns dann stark gepusht.
Warum hat das funktioniert?
Simon: Coversongs funktionieren auf YouTube, weil die Userinnen und User vor allem nach Songs suchen, die sie schon kennen. Das birgt zwar die Gefahr als Coverband abgestempelt zu werden und dass sich die neuen Hörerinnen und Hörer nicht für unsere eigene Musik interessieren, aber viele bleiben auch bei unseren Liedern hängen und werden zu treuen Fans.
Wie ging es dann weiter?
Florian: Durch diese Videos haben wir ziemlich viel Medienpräsenz und Aufmerksamkeit erhalten. Das hat uns auf jeden Fall weitergeholfen. Wir haben dann unsere EP an sämtliche Labels und Radiosender geschickt. Dadurch haben wir unseren Manager aus Deutschland kennengelernt, der früher bei Sony Records war und beispielsweise auch die Band Eskimo Callboy betreut.
Wir haben dann schnell verstanden, dass man ein extravagantes Auftreten haben muss, wenn man große Bands auf Festivals supporten will.
Kommt daher auch eure Professionalität?
Simon: Auf jeden Fall. Als er uns bei einem der ersten Telefonate darauf aufmerksam machte, dass wir uns nun mit Make-up und Fotoshootings auseinandersetzen müssen, nahmen wir ihn nicht ernst. Aber wir haben dann schnell verstanden, dass man ein extravagantes Auftreten haben muss, wenn man große Bands auf Festivals supporten will.
Florian: Er hat uns auch so viel Insiderwissen über die Musikszene beigebracht und uns wichtige Kontakte vermittelt, das ist unglaublich.
Eure Single “Blacked Out” hat fast 750.000 Klicks auf Spotify. Wieso ist dieser Song so erfolgreich?
Florian: Der Song ist gut (lachen). Nein, ernsthaft: Wir wissen es selbst nicht ganz genau. Der Song enthält viele untypische Wechsel und ist ein Mix aus harten Riffs, Screams und einem weichen Refrain.
Passt man seine Musik dem Algorithmus an?
Florian: Unser Musik-Stil hat sich zu 100 Prozent aus unseren persönlichen Geschmäckern herauskristallisiert. Mittlerweile haben wir aber verstanden, dass es keinen Sinn macht, ein Album, an dem wir zwei Jahre arbeiten, an einem Tag zu veröffentlichen. Das Album wird dann auf der Plattform nur so lange gehört, bis das das nächste Album-Release einer anderen Band auf dem Profil der Userinnen und User erscheint.
Simon: Zwei Tage nach der letzten Veröffentlichung haben uns dann Leute geschrieben und gefragt, wann es mal wieder neues Zeug von uns gibt.
Habt ihr eine Lösung für dieses Problem?
Florian: Dieser Entwicklung kann man entgegenwirken, indem man alle paar Wochen eine Single aus dem Album veröffentlicht, wobei für die eigentliche Albumveröffentlichung auch noch ein paar neue Songs übrigbleiben.
Simon: Wir bieten den Leuten also viele kleine Häppchen über einen längeren Zeitraum anstatt einer großen Mahlzeit. So bleiben sie hungrig.
Wir bieten den Leuten also viele kleine Häppchen über einen längeren Zeitraum anstatt einer großen Mahlzeit. So bleiben sie hungrig.
Habt ihr musikalische Vorbilder?
Florian: Unendlich viele. Um nur zwei davon zu nennen: Linkin Park oder Bring me the Horizon, aber wir lieben auch Pop Artists. Pop wird in gewissen Musikszenen oft ein bisschen abgewertet, aber wir finden, dass man beim Schreiben von Popsongs viel mehr draufhaben muss. Bei etwas härteren Bands wird oft viel Krach gemacht, aber wenn man den Stecker zieht, ist nicht mehr viel da. Wir glauben, dass das auch einen guten harten Song ausmacht: Wenn er eben nur mit einer Gitarre und Gesang funktioniert. Wir versuchen daher auch immer Unplugged-Versionen unserer Songs zu machen. Wenn das funktioniert, ist der Song gut.
Wovon handeln eure Texte?
Simon: Es sind immer Themen, die uns selbst beschäftigen. Unser neues Album „Resilience“ besteht aus zwei Hauptthemen: Das Leben versetzt dir einen Tiefschlag und du stehst wieder auf und machst weiter. Teilweise wechseln diese Themen in einem Song oder innerhalb des Albums. Bei „Resilience“ geht es viel um mentale Gesundheit und das Durchstehen von schwierigen Lebensphasen. Gerade diese Themen sprechen unsere Community an. Viele kompensieren ihre Alltagsprobleme mit Musik. So machen wir es auch. Auch Corona war für uns oft eine schwierige Zeit und hat mentale Widerstandskraft gefordert.
Florian: Aber auch die melancholischen Parts helfen Menschen, ihre negativen Emotionen auszuleben und zu spüren. Das kann befreiend wirken.
Habt ihr auch schon Feedbacks für eure Musik bekommen, welches diese positive Wirkung bestätigt?
Florian: Eines unserer Highlights bis jetzt war auf jeden Fall das Feedback einer jungen Dialyse-Patientin aus Deutschland. Sie hat geschrieben, dass unsere Musik ihr die Möglichkeit gibt, abzuschalten. Sie wollte sich einfach bei uns bedanken. Es ist das Schönste, was man hören kann, wenn die eigene Musik positive Auswirkungen auf das Leben eines Menschen hat. Dafür machen wir Musik.
Wann war euer letztes Konzert?
Simon: Unser letztes Konzert fand im Februar 2020 beim Schrei-der-Berge-Festival in Barbian statt. Danach wäre es richtig losgegangen: zwei geplante Touren mit internationalen Bands wie P.O.D. im Sommer durch Deutschland mit bis zu 1.500 Zuschauern. Dann kam plötzlich die Pandemie und stellte auch unser Leben komplett auf den Kopf. Nach zwei Ersatzterminen wurden die Touren dann endgültig abgesagt.
Wann dürft ihr wieder auf die Bühne?
Florian: Kleinere Bands tun sich im Moment sehr schwer, weil sich die Musikfans zuerst auf die großen Bands und Festivals stürzen. Während die großen Festivals Sicherheit kommunizieren können und immer größere Bands ankündigen, tun sich Festivals und Konzerte mit bis zu 300 Leuten gerade sehr schwer, Tickets zu verkaufen. Viele Veranstaltungen, die für dieses Frühjahr geplant waren, wurden komplett um ein Jahr verschoben, also auf Frühjahr 2023.
Eines unserer Highlights bis jetzt war auf jeden Fall das Feedback einer jungen Dialyse-Patientin aus Deutschland. Sie hat geschrieben, dass unsere Musik ihr die Möglichkeit gibt, abzuschalten.
Also gibt es für euch noch nicht so viel Zuversicht?
Florian: Die Organisatoren haben einfach Angst, dass zu wenig Leute kommen. In unserer Größenordnung als Band ist zurzeit alles noch sehr zögerlich. Deshalb sind bis dato noch keine größeren Touren geplant. Aber wir werden ein paar Konzerte in Südtirol spielen und irgendwann auch unsere Touren im Ausland nachholen, hoffentlich spätestens 2023.
Liegt euer Fokus nicht auf Südtirol?
Florian: Der Markt für unsere Musik ist in Südtirol relativ klein. Am erfolgreichsten ist unsere Musik in Deutschland, Österreich, UK und in den USA. Auf diese Länder wollen wir uns auch in Zukunft konzentrieren. Komischerweise scheint moderner Rock in Italien nicht so gut zu funktionieren wie klassischer Rock.
In England oder Deutschland ist es für viele Menschen üblich, jedes Wochenende oder sogar unter der Woche Konzerte zu besuchen oder 500 Kilometer für ein Konzert zu fahren.
Habt ihr Fans auf der ganzen Welt?
Florian: Dadurch, dass wir über das Internet sehr bekannt wurden, sind unsere Fans überall auf der Welt verteilt. Wo wir interessanterweise auch viele Hörer haben, ist in Brasilien und Indonesien. In diesen Ländern funktioniert Rock sehr gut und diese Leute sind vor allem auf YouTube aktiv.
Simon: Gestern haben wir ein Merchandise-Paket nach Indien verschickt. Und die Zeichnung auf unserem neuen Albumcover ist von einem Fan aus Estland.
Aber ihr vergesst die Südtiroler und Südtirolerinnen nicht, oder?
(Lachen). Simon: Wir spielen gerne Konzerte in Südtirol, aber die Live-Szene ist bei uns halt relativ klein. In England oder Deutschland gibt es viele Leute, die jedes Wochenende oder sogar unter der Woche Konzerte besuchen oder 500 Kilometer für ein Konzert fahren. Bei uns sind solche Musikfans eher die Ausnahme.
Also könnt ihr (noch) nicht von der Musik leben?
Florian: Nein, wir sind alle drei berufstätig. Erstens sind wir am Punkt der finanziellen Unabhängigkeit noch nicht angekommen und zweitens spüren wir immer noch die Auswirkungen der Covid-Maßnahmen.
Aber das wäre das Ziel oder?
Florian: Wir wollen auf die großen Bühnen und von Musik leben können. Das wäre unser Traum.
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