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Etwa ein Drittel der Südtiroler Jugendlichen hat schon mal Erfahrungen mit Cannabis oder Marihuana gemacht, laut einer Erhebung vom Landesinstitut für Statistik (ASTAT) aus dem Jahr 2009. Weit seltener sei dagegen der regelmäßige Konsum von Drogen. Dasselbe Phänomen haben auch die Mitarbeiter vom Suchthilfeprojekt der Caritas, Bahngleis 7, beobachtet. „Der klassische Drogenkonsum ist seltener geworden. Heute spricht man vor allem bei jungen Leuten eher von Gelegenheits- oder Probierkonsum. Um Sucht oder Missbrauch geht es dabei meistens noch nicht", erklärt Evelin Mahlknecht von Bahngleis 7. Das sei einer der Gründe gewesen, weshalb das Projekt streetlife.bz ins Leben gerufen wurde.
Ziel ist es, junge Leute über einen bewussten Konsum von Drogen aufzuklären. Sogenannte „Partydrogen" oder „Designerdrogen" sprießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Der Pharmakologe Alexander Shulgin zählt in seinem Buch „Phikal" über 300 solcher synthetischer Substanzen auf. Hergestellt werden sie von chemiebewanderten Menschen, die die Seitenketten von Amphetaminmolekülen verändern und dadurch neue Substanzen mit neuen Wirkungen entstehen lassen. Die Wirkung des Amphetamins kann dadurch schneller oder langsamer eintreten, stärker oder schwächer halluzinogen sein. Rechtlich befinden sich diese Substanzen in einem Graubereich: Weil sie nicht in der Suchtgiftliste geführt werden, können die Hersteller nicht belangt werden. Legal sind die bunten Pillen mit den lustigen Namen trotzdem nicht. Auch in Südtirol sind die Partydrogen angekommen. Diese Realität nimmt streetlife.bz ernst und will die jungen Leute informieren.
Aufklärung auf Augenhöhe
Evelin Mahlknecht ist ausgebildete Sozialarbeiterin und koordiniert das Projekt. Im Herbst vergangenen Jahres war sie zum ersten Mal mit einem Infostand auf einer Veranstaltung und hat Obst und Wasser an die Partygäste verteilt. Gratis. Das stoße bei vielen auf Verwunderung, sagt sie, und so komme man ins Gespräch. Streetlife.bz will den jungen Leuten mit Respekt begegnen und sie möglichst neutral informieren. Erklärt werden sowohl die Wirkungen der eingenommenen Substanzen, als auch deren Gefahren und Risiken. Dass streetlife.bz Werbung für den Konsum von berauschenden Substanzen machen würde, sei Evelin zwar schon mal zu Ohren gekommen. Diesen Vorwurf weist sie aber entschieden zurück. Um bei jungen Leuten Respekt und Vertrauen zu erwecken, bedürfe es neutraler Informationen. „Wir wollen nicht mit erhobenem Zeigefinger auftreten, genauso wenig möchten wir Werbung machen", erklärt Mahlknecht. „Wir gehen davon aus, dass jeder und jede für sich selbst Verantwortung übernehmen kann und selbst im Stande ist Entscheidungen zu treffen."
Äußerst positiv angenommen
Von Veranstaltern und Partygästen ist streetlife.bz bisher äußerst positiv aufgenommen worden. War es am Anfang noch Evelin Mahlknecht, die auf die Veranstalter zugegangen ist, sind es jetzt die Organisatoren selbst, die auf ihren Parties gerne den Informationsstand von streetlife.bz haben möchten. Vor allem auf Elektroparties, die sich in Südtirol wachsender Beliebtheit erfreuen, gebe es in Sachen Prävention noch einiges zu tun. Es fehle aber noch an Mitarbeitern, um allen Anfragen der Organisatoren gerecht zu werden, sagt Mahlknecht. Sie ist zusammen mit Freiwilligen durchschnittlich ein Mal pro Monat bei einer Veranstaltung dabei. Informationen zu den Terminen werden regelmäßig auf der Facebook-Seite veröffentlicht. Genauso wie Laborergebnisse und Warnungen zu Substanzen, die aktuell im Umlauf sind. Die Befunde stammen von Laboren aus der Schweiz und Österreich. In Italien ist das Angelegenheit der Carabinieri. „Infos zu Substanzen, die in Südtirol konsumiert werden, werden nur selten an uns weitergegeben. Da gibt es sicher noch etwas zu tun. Im Moment bemühen wir uns um eine Zusammenarbeit mit den Behörden", sagt Projektleiterin Evelin.
Die Partygäste können an den Ständen von streetlife.bz ein persönliches Gespräch mit den Mitarbeitern führen und mit Obst und Wasser ihren Elektrolyte-Haushalt wieder in Schwung bringen. Sie interessieren sich für ganz unterschiedliche Informationen: „Von Fragen zu Wirkungen und Risiken bestimmter Substanzen, über rechtliche Konsequenzen oder Sexualität bis hin zu Fragen, wie man heute sicher nach Hause kommt", sagt Evelin. Ihr liege es am Herzen, offen und ehrlich über Drogenkonsum zu reden. Die Person nicht zu verurteilen und konkrete Antworten zu geben. Nächster Termin um sich zu informieren ist das Connekt-Festival, das vom 5. bis 7. Juli am Ex-Nato Gelände in Natz-Schabs stattfindet.
Detaillierte Infos und Warnungen gibt es hier:
Südtirol: Streetlife.bz
Österreich: Check it!
Schweiz: Saferparty.ch
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