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Karmen Höllrigl ist seit Mai 2022 die pädagogische Leiterin im Jungle. Sie folgte auf Besay Mayer, der viele Jahre lang das Jugendzentraum geleitet hatte, aber aufgrund der finanziellen Kürzungen kündigte. Zusammen mit der Geschäftsführerin Erika Pfeifer und der Verwaltungsangestellten Patrizia Calzavarini ist Karmen Höllrigl Mitglied eines kleinen Teams, das alles dafür tut, das Jugendzentrum im Zentrum von Meran offen zu halten. Alle drei arbeiten in Teilzeit.
Wie ist es dem Jungle seit Beginn der Coronazeit ergangen?
Erika Pfeifer: Wie jeder nicht systemrelevante Betrieb mussten auch wir im März 2020 schließen. Wir haben uns dann in der Online-Jugendarbeit versucht. Es hat zum Beispiel die „Home Olympics“ gegeben, bei denen auch Preise verteilt wurden. Wir wollten, soweit es uns möglich war, in Kontakt mit den Jugendlichen bleiben – das ist uns teilweise gelungen. Umso mehr haben wir uns gefreut, sobald wir das Jungle wieder öffnen konnten. Wir haben uns dann im Sommer 2021 an neuen kleineren Formaten probiert, um den Jugendlichen wenigstens ein bisschen Raum zu geben. So haben wir zum Beispiel zum ersten Mal „Mixing in the Jungle“ veranstaltet: Eine Musikveranstaltung mit begrenztem Publikum und wechselndem DJ, eher ein Musikworkshop als ein Konzert. Wir haben dadurch gemerkt, wie sehr die Jugendlichen diese Art von Zusammentreffen brauchen und haben deshalb versucht im kleineren Rahmen immer wieder Events zu organisieren.
Hat sich die Anzahl der Jugendlichen im Jungle seit Corona-Beginn verringert?
Erika Pfeifer: Nein, spürbar war das nicht. Es passiert zwar immer wieder, dass Jugendliche ausbleiben, aber da wir eine starke BMX- und Skateszene haben, die zum Trainieren kommt und da dies auch während der COVID-Pandemie meist möglich war, blieb die Anzahl der Besucherinnen und Besucher nach Corona ungefähr die gleichen.
Hat sich die Jugendarbeit von Corona wieder erholt?
Karmen Höllrigl: Bevor ich im Mai angefangen habe, hat es beim Personal aufgrund der finanziellen Lage Kürzungen gegeben. Ich bin pädagogische Leiterin, aber wir können kaum Jugendarbeit machen, da uns die Mittel fehlen. Wir sind momentan nur drei Angestellte plus einen Zivildiener und es bleibt zwischen Verwaltung, Organisation und Instandhaltung vom Jungle kaum bis gar keine Zeit für Jugendarbeit. Da die Beiträge von der Stadt seit Jahren nicht angeglichen werden, gleichzeitig aber alles teurer wird, müssen wir immer mehr kürzen.
Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir kleinste Nebenkosten nicht mehr stemmen können. Vor einigen Tagen haben uns Jugendliche gefragt, ob wir im Jungle einen Kastanien-Abend machen könnten. Ich musste ihnen leider sagen, dass wir kein Geld dafür haben. Ein Jugendlicher hat sie dann dem Jungle gespendet.
Erika Pfeifer: Es ist sehr schade, da wir viele motivierte Jugendliche haben, aber wenig Geld, um Projekte und dergleichen zu finanzieren. Man muss auch sagen, die Events im Sommer waren nur möglich, da viele Jugendliche uns freiwillig geholfen haben und die Bands und die DJs oft ohne oder nur mit einer sehr geringen Gage aufgetreten sind. So haben wir zum Glück trotz wenig Geld viele Events veranstalten können.
Wie wissen nie, was morgen oder in einer Woche ist, und ob wir zu machen müssen oder nicht. Das wirkt sich klarerweise auch auf die Jugendlichen aus.
Worum musst du dich anstatt der Jugendarbeit kümmern?
Karmen Höllrigl: Besonders viel Zeit verbringe ich bei Sitzungen mit verschiedenen Behörden und unserem Kernteam, wo wir die finanzielle Situation des Jugendzentrums besprechen. Zusätzlich bin ich Tutorin für den Zivildiener, dem Praktikanten oder der Praktikantin und für die drei Arbeiter, die bei uns Sozialstunden absolvieren. Ich bin auch viel mit Planung des Jungle-Programms beschäftigt. Ich treffe mich regelmäßig mit dem Jugendbeirat, einem Zusammenschluss aus fünf Jugendlichen, und arbeite gemeinsam mit ihnen an Methoden zur Problemlösung und Verbesserung der aktuellen Situation als auch an Möglichkeiten und Ideensammlung.
Wie wirkt sich die finanzielle Lage auf die Jugendlichen und auf das Jungle-Team aus?
Karmen Höllrigl: Für das Team ist es sehr belastend. Wir wissen ständig nicht ob und wie wir über die Runden kommen. Wir haben von der Gemeinde Gelder zugesichert bekommen, aber wissen nicht, wann diese eintreffen. Bis wir diese Gelder bekommen, sind wir auf dem Trockenen. Das ist für uns besonders mühselig, da wir nie wissen, was morgen oder in einer Woche ist, und ob wir zu machen müssen oder nicht. Das wirkt sich klarerweise auch auf die Jugendlichen aus. Wir können momentan keine langfristigen Projekte planen und auch nicht für kleine spontanen Spesen aufkommen. Außerdem sind wir viel weniger in Kontakt mit den Jugendlichen, da wir viel planen, besprechen und Lösungen finden müssen. Momentan haben wir zum Glück einen Zivildiener, der uns tatkräftig unter die Arme greift, aber unabhängig vom Jungle finanziert wird.
Was könnte man den Jugendlichen mit einer entsprechenden Finanzierung und genügend Personal bieten?
Karmen Höllrigl: Was uns besonders wichtig ist, ist einen Raum für Jugendliche zu schaffen, in dem sie sich ausleben können und der eine gewisse Sicherheit bietet. Wenn wir könnten, würden wir mehr Events und Workshops für sie veranstalten. Wir würden auch gerne sechs Tage in der Woche offen haben. Zudem wäre es ausschlaggebend, dass wir als Jugendarbeiterinnen mehr Zeit für Kontakt mit den Jugendlichen persönlich haben. Wir sollten auch als Anlaufstelle für Jugendliche fungieren, jedoch ist es aufgrund des mangelnden Personals sehr schwierig, sich längere Zeit mit einem Jugendlichen allein zu beschäftigen. Nächstes Jahr möchten wir mehr Angebote haben, die auch ab und zu unter der Woche stattfinden. Diesen Sommer haben wir beispielsweise jeden Donnerstag einen Pizza-Abend gemacht, der sehr gut funktioniert hat. Wir würden gerne regelmäßiger Events veranstalten, um eine gewisse Gemeinschaft aufzubauen.
Haben andere Jugendzentren auch solche Probleme mit der Finanzierung?
Erika Pfeifer: Wir wissen von anderen Organisationen in Meran, die mit Jugendlichen arbeiten, dass sie auch Probleme haben.
Wie geht es weiter? Wie schaut die Zukunft des Jungle aus?
Karmen Höllrigl: Schwer zu sagen. Wie gesagt: Wir warten auf die Gelder, dann können wir anfangen weiter zu planen. Wir hoffen, dass uns die Gemeinde besonders in diesen unsicheren Zeiten weiterhin unterstützen wird. Es wäre sehr schade, wenn wir schließen müssten, weil wir ein motiviertes Team und viele motivierte Jugendliche haben. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit mit der Gemeinde in Zukunft positiv und im Sinne der Jugend Merans stattfinden wird, damit wir die Tätigkeit im Jugendzentrum aufrechterhalten und erweitern können.
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