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Kostete es viel Überwindung, über deine Krankheit zu berichten?
Silvia Pomella: Ich habe lange überlegt, ob ich einen Post darüber auf Instagram und Facebook veröffentlichen soll. Bei meinen Freund*innen und Klassenkamerad*innen war ich mir ziemlich sicher, dass sie mich unterstützen würden. Aber meine Accounts auf den Sozialen Medien sind öffentlich und ich hatte Angst vor negativen Reaktionen. Ich war total überrascht über die vielen positiven Rückmeldungen, die ich bekommen habe. Viele Leute haben mir geschrieben, auch um mir ihre eigene Geschichte zu erzählen.
Warum hast du diesen Schritt gemacht?
Über Soziale Medien teilen die Leute heutzutage ihr ganzes Leben, vom Essen bis zur Kleidung. Aber meistens werden nur die positiven Seiten gezeigt. Ich wollte das ändern, um anderen Menschen Kraft zu geben. Ich fragte mich, warum ich meine Krankheit als wichtigen Teil meines Lebens nicht auch zeigen sollte. Ich möchte die Botschaft verbreiten, dass es nicht schlimm ist, Hilfe anzunehmen, sondern eine Stärke. Du warst im Dezember in Rom, um die Auszeichnung entgegenzunehmen.
Wie fühlte sich das an?
Dieser Moment war einer der schönsten in meinem Leben. Ich war froh, dass meine Familie bei mir in Rom sein konnte, denn ohne sie hätte ich nicht dort stehen können. Ich war sehr aufgeregt. Es waren viele junge Menschen dort und der Austausch mit ihnen war bereichernd, die Atmosphäre einzigartig. Du engagierst dich bei verschiedensten Vereinigungen für die Umwelt und für Menschenrechte.
Hat dir dies bei der Überwindung deiner Depression geholfen?
Bei den verschiedenen Organisationen dabei zu sein, hat mir sehr geholfen. Über mehrere Jahre litt ich unter Angststörungen. Dabei hatte ich vor allem sehr abstrakte Ängste. Mir wurde klar, dass es sehr viele konkrete Themen gibt, die einem Angst machen könnten. Ich begann so, mich für den Klimaschutz zu engagieren, um nicht an meine abstrakten Ängste zu denken. Dabei wirkte ich einer konkreten Angst entgegen und konnte anderen Menschen helfen. Ziele zu haben, war für mich besonders wichtig. Die unterschiedlichen Aktionen und Treffen halfen mir, aus dem Haus zu kommen.
Hast du jetzt, nach deiner Genesung, bestimmte Ziele vor Augen?
Ich habe viel aus der Situation gelernt. Meine Sicht auf das Leben ist ganz anders. Mein Ziel ist es, anderen Menschen mit dieser Krankheit zu helfen. Leider kenne ich viele Menschen in meinem Umkreis, die psychisch krank sind und denen es schlecht geht. Ich möchte jetzt nicht stehenbleiben, sondern weiterhin anderen helfen.
Interview: Sofie Terzer
Dieser Text ist erstmals in der Straßenzeitung zebra. (Nummer 72, Februar 2022) erschienen.
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