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Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir in der Schule heimlich unsere ersten Handys – ein Nokia 3310, selbstverständlich – unter der Schulbank hervorholten, um uns mit Snake die langweiligen Schulstunden zu vertreiben. Da Touchscreens zu dieser Zeit noch ein Fremdwort waren, wurden wir durch klappernde Tasten aber leider so manches Mal beim technischen Zeitvertreib ertappt. Das Handy wurde eingesammelt und musste von den Eltern persönlich beim Herrn Lehrer abgeholt werden. Damals fand ich diese Aktionen total schwachsinnig und konnte mich stundenlang darüber beschweren, wie dumm denn diese Lehrer sind.
Heute wäre ich oft am liebsten selbst einer von ihnen. Nichts lieber würde ich dann tun, als diese lästigen Smartphone-Monster alle einzusammeln, wegzusperren oder am liebsten gleich zu zerstören. Ausrotten würde ich sie und damit diesem Wahn nach permanenter Erreichbarkeit, diesem Zwang nach Vernetzung und ständiger, virtueller Kommunikation ein für alle Mal ein Ende setzen.
Klar, wir sind die Digital Natives. Aufgewachsen mit diesen Dingern und (scheinbar) hilflos ohne sie. Aber müssen wir uns deshalb bald schon als Generation Quasimodo betiteln lassen? Das hoffe ich doch nicht. Und genau deshalb plädiere ich für Offline und gegen Online.
Nicht umsonst gehöre ich zu den smartphonelosen Ypsilonern. Zu den Verweigerern dieser Rund-um-die-Uhr-online-Welt. Zu den wenigen Exemplaren unserer Generation, die von den meisten als lästige Gegenstromschwimmer bezeichnet werden. Zu denen, die in keiner WhatsApp-Gruppe sind und die deshalb immer extra kontaktiert werden müssen. Zu denen, die man eher über Brieftauben oder die gute, alte Flaschenpost erreicht, als übers Smartphone. Zu denen ohne Vertrag und ohne mobiles Internet. Zu denen, die ihre Karte noch aufladen müssen, um jemanden anrufen zu können.
Ich hasse es, wenn ich in der U-Bahn oder in der Vorlesung sitze und es bei meinem Sitznachbarn im Minutentakt in der Hosentasche klingelt. Ich hasse es, beobachten zu müssen, wie lebenswerte Momente nicht genossen, sondern damit verschwendet werden, ständig und überall Selfies zu knipsen und sie für die gleichgesinnten Follower im Live-Stream auf Instagram zu teilen. Ich hasse es, dass zuerst SMSen, Kommentare oder Hashtags getippt werden, bevor das echte Gespräch gesucht wird. Ich hasse es, erst Handytürme bauen zu müssen, um mich ungestört am Tisch mit jemandem unterhalten zu können. Ich hasse es, wenn das Überprüfen des Handys beinahe dem eigenen Atemrhythmus gleichkommt. Wenn an der Bushaltestelle alle auf diese bekloppten Bildschirme starren, anstatt ein schönes Buch zu lesen, Small Talk zu führen oder einfach nur zufrieden vor sich hin zu pfeifen. Und am meisten von all diesen Kopf-nach-unten-Angewohnheiten hasse ich Phubbing. So nennt man neuerdings diese Scheinunterhaltung, bei der nur ich spreche und mein Gegenüber, anstatt zuzuhören, bereits tippend die nächste Konversation beginnt. Und auch wenn hassen ein ganz schön böses Wort ist – wie mich eine meiner liebsten Freundinnen jetzt wohl meiner Wortwahl rügen würde – muss ich es in dieser Hasstirade jetzt ein für alle Mal los werden: Ich hasse Smartphones!
Und ich hasse es, dass nicht nur meiner Generation, sondern der gesamten smartphone-nutzenden Menschheit durch diese kleinen, tragbaren Computer die ständige Verbindung zum weltweiten Netz ermöglicht wird. Aber noch mehr hasse ich es, dass dadurch die reale Kommunikation und noch schlimmer der Hausverstand uns leise aber sicher mit einem weißen Taschentuch zum Abschied winken.
Denn so smart diese Phones auch sein mögen, so un-smart werden wir dadurch. Viel zu oft wird auf die Bildschirme gestarrt und dabei das echte Leben vergessen. Das Leben, das unvernetzt stattfindet. Ganz ohne lästiges Updaten, Posten, Retweeten und Sharen. Off-line eben. Der wahre Luxus der heutigen Zeit.
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