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In meinem Kopf tobt ein Gewitter. Tausende Gedanken schlagen wie kleine Blitze in mein Gehirn ein. Mein Magen fühlt sich flau an, so als wäre ich aufgeregt. Ich kenne dieses Gefühl. Das Vergnügen mit ihm habe ich zwar nicht oft, aber wenn, dann richtig. Und meistens immer dann, wenn ich vor einer Weggabelung stehe. Wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, die lebenseinschneidend sind. Dann nämlich kriege ich sie, diese ANGST.
Was der Duden so sachlich als Gefühl des Bedrohtseins beschreibt, ist ein Zustand, der sich wie eine kleine Seuche über unsere ganze Generation ausbreitet. Bedroht vom Leben selbst, das uns ein Potpourri an Möglichkeiten bietet und uns damit gnadenlos überfordert. Als logische Reaktion auf diese Überforderung folgt die eiskalte Angst.
Doch Angsthasen sind wir Ypsiloner deshalb noch lange keine. Dieses uns allen bekannte Gefühl ist einfach eine Selbstschutzfunktion, die uns dazu auffordert, in uns zu gehen und zu überlegen, ob wir gerade wirklich das Richtige tun.
„Meine Quarterlife-Crisis habe ich zwar noch nicht erreicht, trotzdem hadere ich oft mit der Ypsiloner-Angst-Epidemie.“
Wie eine Bekloppte sitze ich dann da, starre ins Leere und fühle mich erschöpft. Mein Kreislauf scheint in solchen Situationen höchster Entscheidungsfindung anders zu ticken. Mein Herzschlag verlangsamt sich, mein Kopf scheint trotz Gedankenflut leer zu sein. Und – höchstselten der Fall – ich bin still. Alle Uhren stehen auf Weggabelung.
Ich hasse es, in diesem schwarzen Loch zu schweben, in dem es weder Zeit noch Raum zu geben scheint. Am liebsten würde ich mich in solchen Momenten einfach ins Bett legen, mir eine Decke über den Kopf ziehen und erst wieder aufstehen, wenn es kein Wenn und Aber, kein Pro und Contra mehr gibt, sondern die Straße einfach wieder geradeaus führt. Dann nämlich, wenn die Entscheidung getroffen ist – von wem auch immer.
Irgendwie ist es leicht, über uns zu sagen, dass wir entscheidungsunfähig sind. Die Generationen vor uns, die uns mit diesem schmucken Adjektiv betiteln, stehen ja alle schon mitten im Leben, haben diese Weggabelungen schon hinter sich und wissen dieses flaue Gefühl im Magen zu handhaben. Wir hingegen sind noch Anfänger in Sachen Entscheidungsfindung und dass einem als Ypsiloner die Welt offen steht, macht die ganze Sache keineswegs leichter. Im Gegenteil! Richtige Stadt, richtiges Studium, richtigen Job oder doch lieber eine Weltreise? Doch dann, wohin? Single bleiben und sich ausleben oder sich doch lieber binden und die feste Beziehung wagen? Luxusprobleme, würden die einen sagen, wohlbegründete Ängste, sage ich. Schließlich hängt von gewissen Entscheidungen im Leben der eigene Glückspegel ab und genau diesen immer auf Maximum zu halten, ist doch unser aller Ziel.
„Noch nie war der Glücks-und Erfolgsdruck so groß, wie für unsere Generation.“
Während wir aber so unserem Glück hinterherjagen, verlieren wir vielleicht das Wesentliche aus den Augen und geben uns blind diesem Monster namens Angst hin, das alle unsere Möglichkeiten mit gierigen Bissen verspeist. Diese Angst ist unser größter Feind und genau sie gilt es zu bekämpfen. Anstatt auf der großen Jagd ganz außer Atem diesem vermeintlichen Glück vor uns hinterherzujagen, sollten wir lieber den Kampf mit der Angst hinter uns aufnehmen. Angst hemmt uns, Angst erstarrt uns in dieser flexiblen Welt und Angst macht uns das Leben schwer. Angst davor falsch abzubiegen, Angst davor sich zu binden, Angst davor etwas zu verpassen, Angst vor Verantwortung. Alles Schwachsinn, das habe ich aus den letzten Begegnungen mit diesem Gefühl begriffen. Hat man Angst, bleibt man nämlich stehen. Lässt man die Angst jedoch stehen, dann kommt man selbst weiter.
Ohne die Angst hat man auch nichts zu verlieren. Einfach so kann man sich dann in jedes Abenteuer stürzen, das einem das Leben bietet. Und man kann Risiken eingehen, die ohne Angst zu Chancen werden.
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