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In den kommenden Tagen starten wir in die Festivalsaison. Rock the Lahn ist aus dem Festivalsommer nicht mehr wegzudenken und feiert am 12. und 13. Juni Geburtstag. Zehn Jahre gibt es das Festival auf dem Obermaiser Fußballplatz bereits. Aus dem Freizeitfußballturnier „Banklwörmerfete“, das 2005 das erste Mal stattfand – mit einer einzigen Band, einem DJ und einer Bühne aus zusammengezimmerten Holzkisten – wurde ein riesiges Festival, das heuer sogar mit einem weltbekannten Live-Act aufwartet. „Niemand hat sich damals gedacht, dass wir zehn Jahre später Limp Bizkit auf die Lahn holen“, sagt Thomas Kobler, einer der Veranstalter von Rock the Lahn, und lacht. Ich treffe den 30-jährigen Kulturarbeiter des Ost West Clubs bei seiner Arbeit. Wir setzen uns an den Tisch im hinteren Raum, wo sich normalerweise die Gäste zum Rauchen zurückziehen.
Rock the Lahn feiert heuer seinen 10. Geburtstag. Wie ist das Festival entstanden?
Mit unserem Freizeit-Fußballverein „Banklwörmer“ haben wir alle Freizeitturniere gewonnen, sicher um die 30 Turniere. Irgendwann war kein Reiz mehr da, Fußballturniere zu spielen und die Idee kam auf, selbst ein Turnier zu organisieren. 2004 fand das Fußballfreizeitturnier mit anschließender „Banklwörmerfete“ statt. Wir hatten eine Band, einen DJ und die Bühne bestand aus Holzkisten.
Wie wurde aus dem Banklwörmer-Fußballfest das große Festival Rock the Lahn?
Das Festival ist einfach von Jahr zu Jahr gewachsen. 2007 hatten wir das erste Mal eine größere Bühne. Heute nennen wir sie nur noch die „Vogelsteig“ (lacht). Sie dient dieses Jahr nur noch als Anschluss zur anderen Bühne. Mit den Donots 2009 hatten wir den Durchbruch. Das erste Mal kamen über 2.000 Leute. Ab da wussten wir, dass wir mit einem ausverkauften Festival rechnen können. 2012 hatten wir einen „Spinner“. Wir wollten bekanntere Bands und alles größer aufziehen. Wir holten Bodenplatten auf 4.000 Quadratmeter für die Rasenabdeckung, eine riesige Bühne von Rom und haben uns ziemlich überschätzt. Es kamen nicht so viele Leute wie erwartet.
Wie schafft man es, eine Band wie Limp Bizkit nach Obermais zu holen?
Wir haben die Jahre zuvor schon öfters probiert, auf eigene Faust bekanntere Bands zu holen. Dieses Jahr ist es uns endlich gelungen, weil wir mit einem professionellen Booker aus Bozen zusammengearbeitet haben. Er hat sich mit einem Booker aus Amerika kurzgeschlossen und so funktioniert es. Eine E-Mail zu schreiben und anzufragen, ob sie auf dem Festival spielen möchten, geht nur bei kleineren Bands.
Seit 2011 findet das Festival unter dem Motto „against racism“ statt. Was hat es damit auf sich?
Wir haben den Kulturverein Integration Rock gegründet. Wir haben immer schon an Hilfsbedürftige gespendet und unterstützen seitdem Flüchtlinge und um Asyl-Bittende, um ihnen das Einleben in Südtirol zu erleichtern. Viele haben mittlerweile Fuß gefasst und einen Job gefunden. Ich will nicht sagen, dass sie das durch uns geschafft haben, aber wir haben ihnen zumindest mal eine Tür aufgemacht und sie unterstützt. Wir zahlen ihnen eine Kleinigkeit und unterstützen sie. Heute sind sie Freunde von uns geworden.
Wie aufwändig ist es, Rock the Lahn zu organisieren?
Es ist extrem zeitraubend und anstrengend und auch ein finanzielles Risiko. Dieses Mal haben wir bereits im Oktober mit der Organisation begonnen. Und im Februar beginnt es dann richtig. Wenn wir die Stunden rechnen würden, dann kämen wir auf einen zusätzlichen Halbtagsjob von Februar bis zum Festival und dabei hat sich nie jemand einen Cent ausgezahlt, außer die Spesen, die natürlich gedeckt werden müssen.
14 Tage bis zum Festival gibt es dann nur noch das Festival und nichts anderes. Von früh bis spät nachts wird „gebuggelt“. Jeder der 16 Leute aus dem Kulturverein schläft nicht viel. Man wohnt auf der Lahn.
Und nach dem Festival kommt der Abbau. 2012 war es extrem, da hatten wir Dienstagnacht noch nicht fertig abgebaut.
Mit welchen Problemen wird man bei der Organisation konfrontiert?
Wir hatten Jahre, in denen es sehr schwierig war. Aber wir haben immer alles gemacht, was notwendig ist. Wir gingen zum Bürgermeister, zu der Polizei und versuchten immer, mit den Behörden so gut wie möglich zusammen zu arbeiten. Es war aber immer so, dass so ein Festival die Behörden nicht sehr interessiert. Es ist halt ein Musikfestival und Meran eine Touristenstadt.
Wünschst du dir, dass sich etwas ändert?
Ich wünsche mir, dass es eine größere Wertschätzung und Unterstützung gibt für Leute, die sich die Organisation eines Festivals antun. Denn wir tun das nicht für uns, sondern für die Stadt und für alle Musikinteressierten. Musikkultur hat einen bestimmten Wert und der sollte nicht nur geschätzt werden, wenn es sich um die Musikwochen oder das Stadtfest handelt. Junge Leute haben auch eine Daseinsberechtigung und warum sollten sie nicht auch die Chance haben, auf ein tolles Konzert zu gehen und tolle Bands zu sehen?
Mit Peter Huber kommt ein weiterer Organisator von Rock the Lahn zum Interview hinzu.
Mit welchen Schwierigkeiten wird man während des Festivals konfrontiert?
Huber: Hauptsächlich mit der Sicherheit. Wir sind dafür verantwortlich und das ist fundamental. Der Aspekt, dass etwas passieren kann, ist immer in unserem Hinterkopf. Wir haben uns deswegen noch zusätzlich über eine eigene Festivalversicherung in Österreich abgesichert. Ein Restrisiko bleibt aber immer.
Kobler: Die Sicherheitsbestimmungen sind hart, das ist aber auch gut so. Wir machen alles, damit es so reibungslos wie möglich abläuft. Das oberste Ziel, noch bevor man sich anschaut wie das Festival gelaufen ist, ist, dass sich niemand weh tut.
Seid ihr nervös, wenn der Tag des Festivals ansteht? Gibt es schlaflose Nächte?
Kobler: Eine Woche vor dem Festival geht es mir schon schlecht und ich kann nicht mehr schlafen.
Huber: Man „kopft“ alles durch. Wetter, Ablauf … Aber wenn Schlechtwetter ist, dann ist das halt so – wenn etwas passiert, dann ist das hingegen nicht mehr gutzumachen.
Habt ihr Zeit, selbst beim Festival mitzufeiern?
Kobler: Nein. Mitgefeiert haben wir noch nie oder kannst du dich erinnern?
Huber: Nein. Beim Fußballturnier schon, aber das Festival selbst ist zu groß, als dass man noch mitfeiern könnte. Etwas ist immer zu tun.
Und nach dem Festival? Denkt man da manchmal, warum tut man sich das an?
(beide lachen)
Huber: Im Endeffekt ist es so, dass es wichtig ist, dass alles gut abläuft und die Spesen gedeckt sind. Wir machen die Sache ja wirklich gerne.
Kobler: Wenn es gut geht, steigt die Vorfreude. Dieses Jahr wurde einiges wegen Rock the Lahn verschoben, deswegen freut man sich schon sehr. Auch, weil wir als Gruppe zusammenkommen. Unter dem Jahr arbeitet jeder, viele haben Familie, man sieht sich nicht mehr so oft. In den 14 Tagen vor dem Festival gibt es nur die Lahn und uns. Es ist geil, nach der Arbeit setzen wir Kollegen uns zusammen, bestellen Pizza, erzählen uns alte Geschichten und reden über die Zukunft. Das schweißt zusammen.
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