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Es ist ein für Südtirol ungewöhnliches Bild: Im Garten von Elisabeth Kössler herrscht Chaos. Nicht Apfelbaum an Apfelbaum reiht sich auf ihren sieben Hektar Land. Stattdessen wachsen hier an den nördlichen Talhängen von Meran Blumen, Gräser, Kräuter, Gemüse und Obstbäume wild durcheinander. Zwischen den Beeten tanzen Bienen um ihre Bienenstöcke, in zwei Gehegen tummeln sich Hühner und Enten. Vor drei Jahren legte Kössler ihren Garten nach dem Prinzip der Permakultur an. Der Ertrag könnte mittlerweile eine ganze Familie ernähren. Nur Getreide wächst noch keines.
Als einen Tanz mit der Natur beschrieb der australische Gründer der Permakultur und Träger des alternativen Nobelpreises Bill Mollison diese Art der Landwirtschaft. Die Permakultur verzichtet wie die biologische Landwirtschaft auf Kunstdünger. Im Unterschied dazu legt sie ihr Augenmerk aber vor allem auf die Artenvielfalt. Dabei hält sich der Mensch zurück. Diesem Grundsatz folgt auch Elisabeth Kössler.
Anstatt die Erde wie in der biologischen Landwirtschaft zu pflügen, deckt Kössler den Boden nur ab. Mulchen nennt sich dieser Vorgang. Auf ihren Beeten gibt es kaum ein Fleckchen offener Erde. Alles ist von pflanzlichen Resten oder Wolle bedeckt. Zwischen den Büscheln aus Schafswolle ragen bereits die jungen Salatpflanzen für den Winter heraus. Viele Salatsorten überleben die kühleren Tage. So erntet Elisabeth Kössler auch in der kalten Jahreszeit frisches Gemüse.
Nicht nur Kunstdünger, auch Traktoren kommen Elisabeth Kössler keine aufs Feld. Denn die Permakultur verzichtet wenn möglich darauf, Maschinen einzusetzen. Wo kein Traktor zum Einsatz kommt, bleibt der Boden weich und verhärtet sich nicht. Pflanzen können so einfacher wachsen. Die dichte Bodenbewachsung schützt bei regnerischen und stürmischen Wetterlagen wiederum vor Bodenverlust. Aber auch vor Schädlingen schützt das Prinzip der Permakultur. Anfangs hatte Elisabeth Kössler noch Kartoffelkäfer und Kohlweißlinge auf ihrem Acker. Zuvor war das Feld biologisch bewirtschaftet worden. Durch die größere Artenvielfalt sind Schädlinge jetzt kein Problem mehr.
Elisabeth Kössler ist überzeugt von dieser Anbauweise. Die Gartenbauingenieurin aus Bayern stand schon früh selbst im Garten. Mit vier Jahren säte sie zum ersten Mal mit ihrer Mutter Radieschen-Samen aus, die ihr zeigte, wie sich Obst und Gemüse weiterverarbeiten lässt. Heute gibt Kössler ihr Wissen an Freiwillige weiter, die von Februar bis November für Kost und Logie im Permakultur-Garten mithelfen. Viele von ihnen kannten Obst und Gemüse zuvor nur aus dem Supermarkt.
Eine dieser Freiwilligen ist Kathrin Payne. Die junge Frau aus Niederösterreich erntet im Folientunnel Körbe voller Chayoten. Das stachelige, runde und hellgrüne Gemüse ist mit den Zucchini und Kürbissen verwandt. Payne ist seit März auf dem Hof von Elisabeth Kössler. Später will sie gemeinsam mit ihrer Schwester den Bio-Bauernhof, auf dem sie aufgewachsen sind, zu einem offenen Projekt der Permakultur machen. An der Permakultur schätzt sie die Abwechslung. Denn bei der Pflanzenvielfalt und Eigenwilligkeit der Beetformen ist die Arbeit auf dem Feld alles andere als monoton.
Nachhaltig wirtschaften, sich selbst versorgen und die Natur als Inspiration verstehen: Die Grundsätze der Permakultur gehen für Elisabeth Kössler über den eigenen Garten hinaus. Vor zwanzig Jahren galten Menschen wie sie noch als Außenseiter. Heute wird sie von Freiwilligen unterstützt und verkauft Samen und Jungpflanzen aus ihrem Permakultur-Garten. Der Weg hierhin war ein langer. Wer einen eigenen Permakultur-Garten anlegt, ist in den ersten drei bis fünf Jahren sehr gefordert. Für Elisabeth Kössler hat sich die Arbeit aber gelohnt. Ihr Permakultur-Garten ist ihr kleines Paradies.
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