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Was haben der spanische König Juan Carlos, die Witwe von Elvis Presley und rund drei Millionen Menschen gemeinsam? Sie alle sind Funkamateure. Das sind Leute, die auf bestimmten zugewiesenen Frequenzen miteinander funken. Was in Zeiten von Internet und Handy merkwürdig klingt, ist ein sinnvolles Hobby. Denn es steckt mehr dahinter, als es auf den ersten Blick erahnen lässt.
Das wissen auch Tobias Ebner und Kurt Zwerger. Sie sind zwei von etwa 900 Südtiroler Funkamateuren und die Präsidenten der beiden Amateurfunkvereine des Landes. Ebner ist Präsident der C.I.S.A.R Sektion Südtirol, einem Ableger des nationalen Amateurfunkverbandes, Centro Italiano Sperimentazione ed Attività Radiantistiche. Vor knapp zehn Jahren wurde die Sektion gegründet. Mittlerweile gehören 30 Funkamateure dazu, die sich regelmäßig im Meraner Clublokal treffen. Zwerger dagegen ist Präsident des Dolomites Radio Club (D.R.C) in Bruneck. Der Verein wurde bereits 1966 gegründet und hat mittlerweile mehr als 100 Mitglieder.
Verbindung zur Außenwelt
„IN3DOV von IW3BRC“, ertönt es aus dem Funkgerät. Übersetzt heißt das, Tobias Ebner ruft über Funk Kurt Zwerger, um sich mit ihm zu unterhalten. Die Namen aus Buchstaben und Zahlen sind das Rufzeichen der Funkamateure. „Das ist die Identifizierung. Wie jedes Auto seine Targa hat, hat jeder Funkamateur ein Rufzeichen“, erklärt der C.I.S.A.R-Präsident. Wer Funkamateur werden will, muss eine staatlich anerkannte Prüfung ablegen. Erst dann bekommt er eine Funklizenz mit individuellem Rufzeichen.
Amateurfunk ist nicht nur ein Hobby, sondern kommt auch im Ernstfall zum Einsatz. Nach Erdbeben, Tsunamis oder Schneekatastrophen sind es meist die Funkamateure, die die ersten Funkkontakte herstellen, wenn das moderne Kommunikationsnetz zusammengebrochen ist. Sie sind oft die einzige Verbindung zur Außenwelt. Deshalb müsse der Funkverkehr ganz genau geregelt sein, „ähnlich wie im Straßenverkehr, damit die Autos nicht zusammenfahren“, sagt Zwerger. Die C.I.S.A.R Sektion, als Teil eines nationalen Verbandes, hält dafür den Kontakt zum zuständigen Ministerium und kann sich schneller um die notwendigen Konzessionen und Autorisierungen kümmern. Der D.R.C dagegen kann als ehrenamtlich registrierter Verein um Beiträge ansuchen oder Strukturen des Zivilschutzes nutzen. Der eine im Westen, der andere im Osten des Landes, ergänzen sich die beiden Vereine perfekt, betonen ihre Präsidenten.
„Gar nicht so kompliziert"
Tobias Ebner und Kurt Zwerger versuchen zu erklären, wie Amateurfunk funktioniert, für Laien nicht ganz einfach zu verstehen. Sie sprechen von Kurzwellen und Ultrakurzwellen, Frequenzen und Frequenzbereichen, von Codierung. Man müsse schon technische Grundkenntnisse vorweisen, sagt Ebner. „Aber nicht erschrecken, das ist gar nicht so kompliziert,“ hakt Zwerger ein. Es sei noch nie so einfach gewesen Amateurfunker zu werden wie heute. Zur Vorbereitung für die Prüfung organisieren beide Vereine Kurse und kümmern sich so um den notwendigen Nachwuchs. „Vor allem würde es uns freuen, ein paar mehr Frauen dafür begeistern zu können“, sagen die beiden. Nur drei weibliche Funkamateure seien beim D.R.C mit dabei. Und dabei gebe es auf Kurzwelle sogar eigene Frauenrunden, die sich abends treffen und „quasseln“, so Zwerger und Ebner.
Amateurfunk sie wie eine Art soziales Netzwerk oder Online-Chat. Man unterhält sich mit bekannten und unbekannten Menschen weltweit. Das passiert nicht nur zu Hause im stillen Kämmerlein, viele Funkamateure haben ihre Funkstationen auch im Auto eingebaut. „So wie andere das Radio anmachen wenn sie ins Auto steigen, mache ich mein Funkgerät an“, sagt Ebner.
Eine Unterhaltung über Funk ist nicht immer ungestört, Knacken und Rauschen in der Leitung gehört dazu. Mittlerweile gebe es aber auch digitalen Funkverkehr, da fallen Nebengeräusche komplett weg, sagt Ebner. Für eine perfekte Funkverbindung in Südtirol, installierten die beiden Vereine sogenannte Umsetzer an den wichtigsten Punkten des Landes. „Link Südtirol“ nennt sich das Ganze. Das Installieren und Warten von Umsetzern und Antennen gehört ebenso zur Arbeit eines Funkamateurs, wie das Tüfteln und Basteln an den Geräten.
Unabhängige Funkamateure
Was macht die Faszination des Amateurfunks in Zeiten von Handy und Internet, wo alles so einfach funktioniert, überhaupt noch aus? Die Unabhängigkeit und die Offenheit, sagt Ebner ohne lange zu überlegen. „Als Funkamateur bin ich auf keine Internetverbindung und keine Telefongesellschaft angewiesen.“ Außerdem bekomme man ein gewisses technisches Verständnis, was bei vielen Leuten heute viel zu wenig vorhanden sei. Die Leute konsumierten, aber wüssten gar nicht was dahinter steckt, sagt Ebner. Nebenbei kann man seine Sprachkenntnisse aufbessern, die internationale Funksprache ist Englisch, und lernt Leute auf der ganzen Welt kennen. Kurt Zwerger hat sogar schon einen Funk-Kollegen in Asien besucht. Wer macht sich schon die Mühe seine fernen Facebook-Freunde aufzusuchen?
Beim Amateurfunk geht es aber nicht nur darum, sich über Gott und die Welt auszutauschen. Wenn nach zahlreichen Versuchen und Vorbereitungen eine funktionierende Funkverbindung zu irgendeinem Teil der Welt aufgebaut werden konnte, gibt es dafür eine Postkarte als Anerkennung. Der Funkamateur am anderen Ende der Leitung verschickt die „Funkbestätigungskarte“, kurz QSL-Karte. Wem es gelingt, genau vorgegebene Verbindungen rund um den Alpenraum aufzubauen, bekommt als Auszeichnung sogar das Alpenblumendiplom verliehen. Und auch hier gilt, wie so oft, je mehr desto besser.
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