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Teresa Putzer
Veröffentlicht
am 06.02.2023
LebenInterview über Feminismus

„ätsch bätsch“

Veröffentlicht
am 06.02.2023
Catcalling, Misogynie und Körpernormen: In einem Podcast diskutieren vier Frauen über feministische Themen, persönliche Erfahrungen und Meinungen zu diskriminierenden Geschlechterverhältnissen.
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„Ma eigentlich taug ins des, über Feminismus zu diskutieren und amol nit unterbrochen zu werdn!“ Gesagt, getan: Der feministische Podcast aus den Alpen ätsch bätsch im Dialekt findet sich seit April 2022 auf Spotify und Podbean. Grafikdesignerin Franzi, Lehramtsstudentin Kathrin und Gender-Studies Absolventin Ingrid kommen aus Südtirol und besprechen im Podcast gemeinsam mit Chrissi aus Österreich, die nach ihrem Studium der molekularen Biotechnologie nach Südtirol gezogen ist, alltägliche, individuelle und strukturelle Herausforderung rund ums Thema Feminismus.

BARFUSS: Wie entstand der Podcast „ätsch bätsch?
Ingrid, Franzi, Kathrin, Chrissi:
Die Idee entstand erstmals auf einer Hochzeit im Oktober 2021. Wir haben gemerkt, dass wir alle sehr gerne über feministische Themen diskutieren und auch gar nicht wenig dazu zu sagen haben (alle lachen). Es war uns klar, dass das Thema Feminismus in Südtirol mehr aufgearbeitet und sichtbar gemacht werden muss. Der Gedanke, einen feministischen Podcast in Südtirol ins Leben zu rufen, war aber am Anfang mehr Spaß oder eine nette, aber nicht konkrete Schwärmerei. Auch wenn die WhatsApp-Gruppe für das Projekt sehr schnell erstellt wurde, hat es ewig gedauert, bis jemand reingeschrieben hat. Erst im Jänner sind wir das Projekt richtig angegangen und es wurde konkret.

Chrissi über die Kampagnen von Fitnessstudios: „Mit Unsicherheiten und Ängsten kannst du den Menschen das meiste Geld aus der Taschen ziehen” (Folge 4.2 “Bauch, Beine, Po”)

Warum habt ihr euch für das Format Podcast entschieden?
Zum einen ist der Podcast ein supermodernes und besonders unter jungen Menschen beliebtes Format. Jede:r kann sich den Podcast wo und wie auch immer zeitautonom anhören und wir sind in der Themenwahl und Gestaltung sehr frei. Zum anderen ist es ideal, weil sich die Leute den Podcast zum Feminismus einfach mal anhören „müssen“ und nicht dazwischenreden können. Unsere Meinungen dürfen darin ausgesprochen werden, wir müssen uns nicht rechtfertigen und werden nicht – wie beispielsweise in Gasthausdiskussionen – unterbrochen.

Was genau ist jetzt der ätsch bätsch-Podcast?
Der Podcast ist unser Format die Themen Feminismus, Gleichberechtigung und Chancengleichheit zu besprechen und ihnen Raum zu geben. Wir haben uns für einen Aufbau im Dreierformat entschieden. Jedes Thema besteht aus drei Folgen: Als erstes führen wir zehn Minuten in ein Thema ein, dann gibt es ein Gruppengespräch, wo wir unsere Erfahrungen und Meinungen teilen und am Ende kommt eine Folge mit einer betroffenen Person oder einer Person mit Expertise zum Thema, damit das Thema fundiert aufgearbeitet wird. Durch diesen Aufbau soll klar werden, dass wir nicht über ein diffuses individuelles Unbehagen reden, sondern um gesellschaftspolitische Probleme, die wichtig sind und Raum brauchen.

„Wo hört ein Kompliment auf und wo fängt Catcalling an. Das bestimmt die Frau selbst. Es kann ja sein, dass eine Frau sich dadurch gut fühlt, aber das kann man nie wissen. Deswegen im Zweifelsfall: Shut the fuck up!” (Folge 3.2 “Hoi Puppe!”)

Warum gerade „ätsch bätsch“? Was steckt hinter dem Namen?
Der Name war fast das Schwierigste (alle lachen). Wir wollten etwas, das catchy, frech und provokativ wirkt. Auch ein Südtirol-Kontext war uns zunächst wichtig, weshalb wir auch mal an die Etsch – also den Fluss – gedacht haben. ätsch bätsch ist ein Ausdruck, den wir heutzutage fast ausschließlich von Kindern kennen. Das Schöne ist, dass Kinder das sagen, was sie denken, ohne einen “gesellschaftlichen” Filter, ohne Schein: ätsch bätsch eben. Genau das versuchen wir in unserem Podcast umzusetzen.

Kritik auf allen Seiten: Misogyne Kreise bezeichnen Feminismus gerne als Männerhass und queere Spektren bevorzugen den Begriff der intersektionalen Emanzipation. Was versteht ihr unter Feminismus?
Wir sind uns alle bewusst, aus welcher Position heraus wir sprechen. Ich beispielsweise (Ingrid, Anm. d. Red.) weiß, dass ich als weiße cis-hetero Frau andere Perspektiven auf Dinge habe und andere Erfahrungen mache als andere Menschen. Im Podcast sollen deshalb möglichst viele Perspektiven berücksichtigt werden. Wir definieren daher Feminismus intersektional, queer und offen. Feminismus bedeutet für uns Befreiung, Solidarität und Mut.

Warum sollten wir alle Feminist:innen sein?
Weil dadurch Chancengleichheit geschaffen wird. Feminismus setzt sich für alle Menschen auf der Welt ein und schafft Möglichkeiten für alle Gender jeder Herkunft. Wir haben viel diskutiert, ob wir den Begriff als Aushängeschild nehmen, da er immer noch einen sehr negativen Beigeschmack in vielen hervorruft. Allerdings dürfen wir den Begriff nicht Menschen überlassen, die ihn falsch definieren und ihn in den Schmutz ziehen. Ein bisschen anecken ist manchmal auch gut, das ist sozusagen unser ätsch-bätsch-Moment.

Ingrid über ihre Catcalling-Erfahrungen in Frankreich: „Wenn ich mir eine Tasche umhängen würde, wo oben steht: Jeder Blick, jeder Zuruf 1 Euro. Wir könnten nächste Woche in den Urlaub fliegen.” (Folge 3.2 “Hoi Puppe!”)

Wie ist das Feedback bis jetzt?
Wirklich positiv und das tut gut. Wir bekommen viele Rückmeldungen von unseren Zuhörer:innen, dass unser Podcast ein Umdenken oder Diskussionen im Freundeskreis angestoßen hat. Durch ein solches Feedback wachsen uns die einzelnen Folgen richtig ans Herz. Diese Art von Rückmeldung ist für uns der Beweis, dass wir das was uns am Herzen liegt, erfolgreich weitergegeben haben.

Und das wäre? Was ist euer Ziel?
Es geht uns um Austausch, Bestärkung und feministisches Engagement. Wir wollen nicht nur, aber vor allem junge Menschen erreichen, damit sie Situationen besser reflektieren und auswerten können, wie zum Beispiel sexistische Momente. Es geht also um Bewusstseinsschaffung und um das Sichtbarmachen von alltäglichen, individuellen und strukturellen Herausforderungen. Wir haben alle erst viel zu spät von Feminismus erfahren. Ich (Chrissi, Anm. d. Red.) musste fasst 30 werden, um systematische Diskriminierung zu erkennen, meine Position zu finden, mich wohlzufühlen und Meinungen zu kreieren. Dafür braucht es Support. Wir hoffen, dass wir mit unserem Podcast jüngere Generationen supporten können.

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