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Das Auftauchen eines Imagevideos der Bauernjugend Vöran in den Sozialen Netzwerken hat nicht nur bei der Facebookgruppe Südtirol Sisters für Empörung gesorgt, die das Video bereits der Kinder- und Jugendanwaltschaft gemeldet hat. Sprecherin Barbara Plagg hat sich schon Ende letzter Woche bei der RAI dazu geäußert. Inzwischen sind weitere Stimmen laut geworden, etwa jene von Frauenmarsch – Donne in Marcia. Auch der Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen nimmt seit dem Auftauchen des Videos letzte Woche erstmals Stellung:
„Im Jahr 2024 wurden bereits 94 Frauen Opfer von Feminiziden. 81 Mordfälle haben sich im familiären Umfeld ereignet, wobei 51 Frauen durch den aktuellen oder ehemaligen Partner ermordet wurden. Dies erschwert auch den Schutz der Opfer. Die Zahlen und auch der brutale Übergriff auf ein 14jähriges Mädchen in Bozen zeigen, dass sich dringend etwas ändern muss, denn jede Gewalttat gegen Frauen ist eine zu viel. Dafür setzen sich tagtäglich in Südtirol viele Menschen und Organisationen ein.
Trotzdem bleiben Straftaten verborgen, weil sie sich in den eigenen vier Wänden abspielen, zum anderen aber auch, weil neben den Opfern selbst auch viele Zeugen davor zurückschrecken, anzuzeigen, was sie sehen. Es ist deshalb wichtig über die Straftaten zu berichten und aufzuzeigen, dass Gewalt nicht toleriert wird und in Präventionsprojekte zu investieren.
Umso mehr muss die Frage aufgeworfen werden, wie es sein kann, dass die Bauernjugend von Vöran, in einem Werbe- und Imagefilm für ihren Ball eine Gerichtsverhandlung nachspielt, in der sexuelle Belästigungen und Alkoholexzesse als cool dargestellt werden und problemlos einen Freispruch erhalten.
Die Kraft von Bildern und Worten darf nicht missbraucht werden und eine Verhandlung vor dem Strafgericht ist kein Spaß, sondern eine ernstzunehmende Angelegenheit, damit die Täter für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen und Komasaufen passt nicht zum Bild einer aufgeschlossenen Bauernjugend, die mit 151 Ortsgruppen und über 9.000 Mitglieder die größte Jugendorganisation der Region ist und in der auch viele junge Frauen aktiv sind. Das Verhalten der Ortsgruppe schädigt damit auch das Image der anderen Ortsgruppen, die tagtäglich verantwortungsvolle Arbeit leisten.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass übergriffige Aktionen gestartet werden. Bereits in Vergangenheit hat die Bauernjugend des Bezirks Meran mit einem sexistischen Kalender, unter dem Deckmantel des guten Zwecks, Geld gesammelt. Dies wurde vom Landesbeirat für Chancengleichheit kritisiert und in Folge nicht wiederholt. Sie haben aus den Fehlern gelernt.
Auch, wenn der Bauernjugendball für heuer Geschichte ist, fordert der Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen die sofortige Entfernung dieses Videos aus allen sozialen Medien und eine öffentliche Entschuldigung der Ortsgruppe der Bauernjugend, die das Video in Auftrag gegeben hat.
Um weitere solche Vorfälle zu vermeiden, wird eine dringende Aufarbeitung und eine verpflichtende Schulung aller Vorsitzenden der Ortsgruppen der Bauernjugend Südtirols zum Thema Gewaltprävention gefordert.“
Brigitte Foppa hat sich am heutigen Montag im Namen der Grünen Frauen ebenfalls in den Sozialen Netzwerken zum Video und zur Vergewaltigung einer 14-Jährigen in der Landeshauptstadt geäußert:
„In Bozen wurde eine 14-Jährige vergewaltigt, in Vöran lädt die Bauernjugend zum Ball ein, indem sie sexuelle Gewalt verharmlost. Wir sind konsterniert. Die Bauernjugend von Vöran will in einem Video witzig sein und macht Werbung für ihren Ball, indem sie eine „Gerichtsverhandlung“ inszeniert. Dabei sind einige Botschaften klar: Beim Ball darf man „saufen“, und beim Ball darf man Minderjährige „betatschen“. Ein roter Spitzenslip trieft vor Nässe und stinkt. Auf zum Ball, also!
Was vielleicht lustig gedacht ist, geht voll daneben. Mit der Verharmlosung von sexueller Belästigung und Gewalt wird der Ball beworben. Das ist unwitzig, sexistisch und schlimm. Sexuelle Übergriffe, sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung – das alles beginnt mit dem Augenzwinkern der Gesellschaft gegenüber diesen Straftaten. Wären sie nicht so geduldet, würden sie öfter angezeigt, und vielleicht würden sie auch weniger oft passieren.
Für die junge Frau in Bozen, die gerade in diesen Tagen Opfer einer Vergewaltigung wurde, muss dieses Video Hohn sein. Wer lacht, ist schon einverstanden, sagt ein Spruch. Die Bauernjugend von Vöran täte gut daran, von diesem Video Abstand zu nehmen. Bei Gewalt gegen Frauen gibt es ganz einfach nichts zu lachen.“
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