Bereits als Jugendliche hatte Chiara Karbon ein prägendes Erlebnis. Als ihr Großvater an einem Tumor erkrankte, hatte er infolge eines chirurgischen Eingriffs große Probleme zu reden. „Ich weiß noch, wie roboterartig seine Stimme klang und dass eine Logopädie-Therapie ihm half, besser kommunizieren zu können“, erinnert sie sich.

Die Boznerin ist heute 25 Jahre alt und will selbst Logopädin werden. Sie studiert im zweiten Studienjahr Logopädie am Universitären Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe Claudiana in Bozen. Logopäd:innen beschäftigen sich mit der Prävention, der Behandlung und Rehabilitation von Störungen der oralen Funktionen, wie Sprechen, Stimme und Schlucken im Entwicklungs-, Erwachsenen- und geriatrischen Alter.

Zuerst Arbeit, dann Studium

Nach der Oberschule hatte Chiara Karbon den Wunsch einen Beruf im Sanitätsbereich zu erlernen. Weil an der Claudiana in Bozen aber kein Studiengang startete, der ihren Interessen entsprach, nahm sie einen Job im Bereich Fakturierung bei einem Unternehmen an. Fünf Jahre lang blieb sie dort, aber „meine Lust auf ein Studium war immer präsent“, sagt sie heute. Als schließlich ein neuer Logopädie-Studiengang in Bozen begann, packte sie die Chance beim Schopf. Weil sie bereits den Zweisprachigkeitsnachweis B2 hatte, musste sie keinen Eignungstest zur Überprüfung der Sprachkenntnisse machen. Für die Aufnahmeprüfung, ein Multiple-Choice-Fragebogen über Allgemeinwissen, logisches Denken, Biologie, Chemie, Physik und Mathematik besuchte sie einen Vorbereitungskurs und bestand mit Erfolg.

Das Studium beschreibt sie als anspruchsvoll. Vor allem im ersten Jahr war es noch ungewohnt dem Unterricht, der zur Hälfte in Deutsch und zur Hälfte in Italienisch stattfindet, zu folgen. Inzwischen hat sie sich daran gewöhnt und schaut sehr positiv in die Zukunft. „In diesem Jahr geht es auch mit der Sprache sehr gut, davon abgesehen bin ich zu 100 Prozent davon überzeugt, dass es das richtige Studium für mich ist“, ergänzt die Mittzwanzigerin. In ihrer Klasse, die mit ihr aus sechs angehenden Logopädinnen besteht, fühlt sie sich sehr wohl. Das Arbeiten in einer kleinen Gruppe hat einige Vorteile, außerdem verstehen sich die jungen Frauen untereinander sehr gut und verbringen gerne Zeit miteinander auf dem schönen Campus.

„Inhaltlich war der Unterricht von Anbeginn an sehr interessant“, führt Chiara Karbon aus. „Die Professor:innen schaffen sehr gute Übergänge von der Theorie hin zum praktischen Arbeitsfeld.“ So lernen die Student:innen nicht nur Therapiemöglichkeiten kennen, um etwaige Probleme und Störungen anzugehen, sondern auch Ursachen, Hintergründe und wie sich verschiedene Disziplinen ergänzen. „Wir stellen uns zum Beispiel die Frage, wie Kieferorthopädie und die sogenannte myofunktionelle Therapie in der Logopädie zusammenspielen, wenn Kinder aufgrund einer zu wenig ausgeprägten Muskulatur im Gesichts- und Mundbereich das S nicht richtig aussprechen können?“, erläutert Karbon. Dabei schlüpfen sie bei Paarübungen auch schon mal in unterschiedliche Rollen und üben Techniken und Methoden, um bestimmte Störungen zu „therapieren“.

Einblick in die Praxiswelt

Einen Einblick in die Praxiswelt erhalten die Studierenden bereits im ersten Studienjahr bei Praktika in Kindergärten, Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen des Sanitätsbetriebs. „Das war sehr wertvoll“, betont Chiara Karbon, die in einem Kindergarten und in einer Kindertagesstätte in der Kaiserau in Bozen sowie im Krankenhaus Meran praktizierte. Vor allem bei ihrem Praktikum in Meran wurde ihr nochmal klar, „dass Logopäd:innen nicht nur mit Kindern arbeiten, im Gegenteil“, sagt die Studentin. „Ich konnte Therapien mit Erwachsenen beiwohnen, die Stimm- oder Schluckprobleme hatten oder auch Intensivpatienten, die einen Schlaganfall oder eine Kopfverletzung erlitten hatten.“

Das Arbeitsfeld ist in der Tat breit gefächert, die Arbeit mit Kindern mache ihr dennoch am meisten Freude. „Es ist sicher wichtig, dass es den Kindern Spaß macht, damit sie dann die Übungen auch daheim machen“, betont sie.

Was plant Chiara Karbon für ihre berufliche Zukunft? Sie wolle das Bachelorstudium abschließen und das Erlernte in der Praxis vertiefen, am liebsten in einem Krankenhaus oder in einer Einrichtung des Sanitätsbetriebs, so die Boznerin. Außerdem könne sie sich vorstellen, sich auf ein Gebiet zu spezialisieren. „Es gibt Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht reden können. Diesen Methoden und Techniken beizubringen, wie sie mit ihrer Umwelt dennoch gut kommunizieren können, wäre schön“, sagt Chiara Karbon. Neue Einblicke in die Praxis wird sie dabei schon in diesem Sommer unter anderem in den Krankenhäusern von Brixen und Sterzing bekommen.

Am Ende des dreijährigen Studiums schließen Studierende wie Chiara mit einem Bachelor ab und erhalten umgehend die Berufsbefähigung. Weiterführende Studien, wie Master oder Forschungsdoktorate sind ebenso möglich. 

Der Bachelorstudiengang Logopädie startet auch im akademischen Jahr 2024/25.Die Einschreibungen laufen vom 01. Juli bis zum 20. August online.

Mehr Informationen zum Studiengang:

https://www.claudiana.bz.it/de/bachelorstudium/logopaedie