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Sarah Meraner
Veröffentlicht
am 24.06.2024
PRPRUniversitäres Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe

Die Vielfalt der Ergotherapie

Veröffentlicht
am 24.06.2024
Sophie Wenter aus Eppan ist mitten im vierten Semester ihres dreijährigen Bachelorstudiums an der Claudiana. Im Interview verrät die 20-Jährige, was sie am Beruf der Ergotherapeutin so fasziniert und wie sie am Universitären Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe in Bozen auf das Arbeitsleben vorbereitet wird.
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Sophie, erzähl mal: Warum hast du einen Gesundheitsberuf gewählt?
Sophie Wenter: Ich wollte nie in einem Büro sitzen und in einen Computer reinschauen, sondern schon immer mit Menschen arbeiten und ihnen helfen. Während eines Praktikums im Altersheim St. Pauls habe ich die Ergotherapie kennengelernt, von der ich vorher noch nie gehört hatte, und fand sie einfach toll.

Was hat dich an der Ergotherapie fasziniert, dass du dich für dieses Studium entschieden hast?
Weil man sehr kreativ arbeiten und den Menschen helfen kann, ohne dass sie es als Therapie im klassischen Sinne erleben. Man erreicht immer positive Ziele – das hat mir daran gefallen. Außerdem beginnt man über ganz kleine alltägliche Sachen nachzudenken und genau hinzuschauen. Man nimmt ja vieles für selbstverständlich, das ist es aber gar nicht.

Wie war die Aufnahmeprüfung (Multiple-Choice-Fragebogen)für dich?
Ich habe kurz vorher die Matura am Wissenschaftlichen Lyzeum in Bozen gemacht und da die Aufnahmeprüfung hauptsächlich aus logischem Denken, Allgemeinwissen, Mathe, Naturkunde und Physik besteht, hatte ich noch viel Wissen intus. Ein paar Freundinnen von mir, deren Oberschulfächer nicht diesen Schwerpunkt hatten, haben Vorbereitungskurse besucht, die die Südtiroler Studentenbewegung MUA anbietet.

Wie viele Studierende sind in eurem Jahrgang?
Wir sind acht Mädels und zwei Jungs. Einer der beiden Jungs hatte sich eigentlich für die Physiotherapie interessiert, ist bei dem Studiengang aber nicht dazu gekommen. Ergotherapie war seine zweite Wahl, aber jetzt gefällt es ihm so gut, dass er gerne geblieben ist.

Jacke anziehen, Zähne putzen, Obst aufschneiden: Aufgrund von Krankheiten, Verletzungen sowie körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen fällt es Betroffenen oft schwer, Routinetätigkeiten auszuführen, berufliche Herausforderungen zu bewältigen oder bei Freizeitaktivitäten mitzumachen. Ergotherapeut:innen helfen Menschen in ihren Fähigkeiten dabei, alltägliche Anforderungen selbstständig zu meistern und wieder selbstbestimmter zu leben.

Welchen Aspekt findest du besonders spannend?
Ich finde es spannend, wie viele Möglichkeiten es gibt, Menschen zu helfen, die man vorher gar nicht kannte. Wir lernen, wie wir diese in der Theorie erlernten Inhalte anwenden, vor allem natürlich bei den Praktika, wenn man direkt am Menschen arbeitet. Kinderspiele zum Beispiel sind nicht nur unterhaltende Spiele – wir nutzen sie als Therapiemittel sowie zahlreiche andere Hilfsmittel.

Kannst du mir ein Beispiel nennen?
Bei „Halligalli“ – dem Spiel mit den Früchten – kann man beispielsweise die Mengen erfassen, Konzentrationsübungen oder Übungen zur geteilten Aufmerksamkeit machen. Man kann zum Kind sagen: „Immer, wenn eine Banane kommt, sagst du mir die Anzahl der Bananen.“ Die geteilte Aufmerksamkeit ist im Alltag wichtig, wenn das Kind z. B. mit dem Fahrrad fährt und auf den Verkehr achten muss oder wenn es in der Schule den Unterricht verfolgt, also gleichzeitig zuhören und mitschreiben muss. Außerdem kann man aus Alltagsgegenständen sehr viel kreieren, so lassen sich etwa aus Pappteller Elefanten basteln. Das sind alles Dinge, die schnell, einfach und effizient sind und deshalb sowohl dem Kind als auch uns Therapeut:innen bei der Arbeit helfen. In einer kleinen Bastelarbeit verbessert das Kind Fähigkeiten, in denen es Schwierigkeiten hat oder die es noch nicht erworben hat, z. B. den Umgang mit der Schere. Man schafft eine kindgerechte Situation. 

Wie auch die anderen Studiengänge an der Claudiana, ist auch jener der Ergotherapie ein Vollzeitstudium. Von Oktober bis Dezember gibt es einen Theorieblock, im Januar ist Prüfungsphase. Anschließend absolvieren die Studierenden ein Praktikum, bevor erneut Unterricht bis Ende Mai stattfindet. Im Juni sind wieder Prüfungen, anschließend gibt es zwei Wochen Ferien. Bis Ende August absolvieren die Studierenden wieder ein Praktikum. 

Wie viel bist du an der Uni und wie erlebst du das Studentenleben hier?
Ich bin von Montag bis Freitag von morgens bis abends an der Uni. Das ist zwar intensiv, aber wir nutzen unsere Pausen gut und schnappen gerne mal Luft – wir haben ja einen sehr schönen Außenbereich mit viel Grün, gemütlichen Sitzecken, Ping-Pong-Tisch und einem Volleyballfeld. 
Neben dem Frontalunterricht arbeiten wir auch viel in Gruppen. Und im September gibt es bei uns die sogenannten Skill-Labs.

Was ist das?
Das sind Praxisarbeiten zu verschiedenen Themen, letztes Jahr waren es zum Beispiel Papier und Pappmachè, Töpfern, Seidenmalerei, Mosaik, Körbe flechten. Dabei teilen wir uns in zwei Gruppen auf und arbeiten in den zwei Laboratorien, machen uns mit den Materialien vertraut und probieren sie aus. Dann lernen wir auch deren therapeutischen Zweck kennen und wie wir sie später bei unseren Klient:innen anwenden können.

Insgesamt sechs Praktika in jeweils unterschiedlichen Bereichen absolvieren die angehenden Ergotherapeutinnen in den drei Studienjahren an der Claudiana – diese finden entweder in Südtirol statt oder im dritten Jahr auch mal im Ausland oder im restlichen Italien.

Worauf freust du dich in deinem Studium noch?
Ich freue mich darauf, viele Erfahrungen zu sammeln und natürlich vor allem auf die Praktika, die noch kommen. Man nimmt einfach viel mit, man lernt das theoretische Wissen in der Praxis umzusetzen, lernt Neues und vertieft was man gelernt hat. Dass wir so viele Praktika machen dürfen, die auch zum Teil sehr lange gehen, ist super und auch wichtig. Kürzlich hatte ich das Glück, für ein siebenwöchiges Praktikum in die Pädiatrie Meran geschickt worden zu sein. Dort konnte ich mir viel Wissen aneignen. Jetzt haben wir den theoretischen Teil dazu und ich kann dieses Wissen vertiefen.

Wie hast du das Praktikum dort erlebt?
Die Menschen dort sind sehr nett, haben alles genau erklärt und mir wirklich jede Frage beantwortet, die ich hatte. Der Bereich Pädiatrie ist extrem komplex und umfangreich, weil man nicht nur mit dem Kind selbst arbeitet, sondern auch mit den Eltern, den Geschwistern, dem Lehr- und Kindergartenpersonal usw. Jedes Kind ist anders, jedes Krankheitsbild kann sich unterschiedlich zeigen und man muss immer nach neuen Lösungen und Wegen suchen. Auch sonst war es sehr eindrucksvoll, weil einige Kinder dort schwere Krankheiten haben. Man muss dann versuchen, eine gute Nähe-Distanz-Balance zu finden.

Wie erlebst du denn die Unterschiede in den verschiedenen Bereichen – gerade zwischen den älteren Menschen und Kindern?
Im Altersheim geht es darum, die noch vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten so lange wie möglich zu erhalten. Man begleitet sie im Alltag an ihrem Lebensende. Kinder stehen noch ganz am Anfang und man muss versuchen, ihnen so viel wie möglich mitzugeben. Das sind wirklich zwei Welten und das, obwohl es der immer gleiche Beruf ist, eigentlich. (lacht) Es ist schwierig, aber sehr schön.

Welche Praktika hattest du sonst noch?
Ganz am Anfang gibt es ein zweiwöchiges Beobachtungspraktikum – da kann man logisch selbst noch nicht so viel machen, aber man bekommt einen sehr guten Einblick. Das ist bewusst am Anfang des Studiums angesetzt, damit man eine Ahnung bekommt, ob der Beruf nun tatsächlich etwas für einen ist oder nicht. Das finde ich gut. Lustigerweise war ich da wieder im Altersheim in St. Pauls (lacht). Dann war ich fünf Wochen im Krankenhaus Schlanders, in der Orthopädie – dort hat es mir richtig gut gefallen. Meine Tutorin war auch für die Pädiatrie und Neurologie zuständig. Sie hat mich sehr viel machen und ausprobieren lassen, hat mir viele Unterlagen mitgegeben – dadurch konnte ich einen sehr umfangreichen Einblick gewinnen.

Weißt du schon, in welchem Bereich du nach deinem Studium arbeiten möchtest?
Noch nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass es mir in der Psychiatrie gefallen könnte oder dass ich mal eine Zeit im Ausland verbringe. Ich weiß aber, dass der Berufseinstieg eine große Herausforderung sein wird. Darum hoffe ich, dass ich noch sehr viel Neues lerne, mein Wissen weiterhin vertiefen kann und bei den Praktika noch sehr viel sehen und mitnehmen kann, was mir dann die Entscheidung und den Einstieg erleichtert.

Alle Informationen zum Studiengang Ergotherapie findest du hier:https://www.claudiana.bz.it/de/bachelorstudium/ergotherapie

Die Online-Einschreibungen laufen vom 01. Juli bis zum 20. August.

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