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Ja, es geht in dieser Kolumne wieder mal um Aliens. Aber nicht um die, die angeblich (sicher nicht) die Pyramiden gebaut haben sollen, sondern um Aliens im mathematischen, vielleicht sogar metaphysischen Sinn. Wenn ich nachts in den Himmel blicke, irgendwo zwischen Orion und Andromeda, werde ich manchmal überwältigt von der unglaublichen Größe, der Weite und der Schönheit des Universums. Aber gleichzeitig überkommt mich eine seltsame Melancholie, und ich frage mich: Was, wenn wir allein sind?
Die unerträgliche Größe des Universums
Wir wissen, dass das Universum riesig ist. Wir leben auf einem kleinen Planeten, der etwa 150 Millionen Kilometer von unserem Stern, der Sonne, entfernt ist. Der nächstgelegene Stern, Proxima Centauri, ist etwa 268.000 Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Allein in der Milchstraße – unserer Heimatgalaxie – befinden sich 200 Milliarden solcher Sonnen. Doch die Milchstraße ist nur eine von schätzungsweise zwei Billionen Galaxien im beobachtbaren Universum, jede mit Milliarden bis Billionen Sternen. Die größten Galaxien erstrecken sich über hunderttausende Lichtjahre. Das gesamte beobachtbare Universum hat einen Durchmesser von 93 Milliarden Lichtjahren – eine unvorstellbare Weite, die sich weiterhin mit rasanter Geschwindigkeit ausdehnt.
Bei so unfassbar vielen Sternen liegt der Gedanke nahe, dass einer davon theoretisch einen Planeten beherbergen könnte, auf dem die Bedingungen so günstig sind, dass Leben entstehen könnte. Dieses Leben könnte sich immer weiterentwickeln und sich irgendwann seiner selbst bewusst werden – und in den Himmel schauen mit der Frage, ob sie allein im Universum sind.
Die Chance für extraterrestrische interplanetare Zivilisationen ist also gleich null. Aber: Weil das Universum so unheimlich langlebig und riesig ist, balancieren sich die Wahrscheinlichkeiten aus.
Probably a minor – possibility
Wie wahrscheinlich es ist, dass uns jemand entgegenblickt, wenn wir in den Nachthimmel schauen, ist in der sogenannten Drake-Equation ausgedrückt (benannt nach dem Physiker Frank Drake – nicht dem Rapper). Sie arbeitet mit sehr vielen Annahmen und ist deswegen nicht als seriöse Voraussage zu verstehen, sondern als Abschätzung. Die Gleichung lautet ungefähr so: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es Planeten gibt, die perfekte Bedingungen für die Entstehung von Leben haben, etwa das Vorhandensein von flüssigem Wasser wird oft als Voraussetzung angenommen. Es ist noch unwahrscheinlicher, dass auf diesem Planeten dann auch Leben entsteht. Und noch unwahrscheinlicher, dass sich dieses Leben dann so weit entwickelt, dass es das Bedürfnis hat, über seine planetaren Grenzen hinauszugehen – und sich dabei vorher nicht selbst auslöscht. Die Chance für extraterrestrische interplanetare Zivilisationen ist also gleich null. Aber: Weil das Universum so unheimlich langlebig und riesig ist, balancieren sich die Wahrscheinlichkeiten aus. Wenn man die Drake-Gleichung mit den besten Daten füllt, die wir zu diesem Zeitpunkt haben, würden wir auf einige wenige bis zu einigen 1.000 Zivilisationen allein in unserer Milchstraße kommen, was bedeutet, dass es im Universum Milliarden von Zivilisationen geben sollte. Zumindest wissen wir mit Sicherheit, dass die Zahl nicht Null ist – denn uns gibt es ja.
Bis jetzt ist das Universum für uns stumm.
Aber wo sind sie?
Ich bin natürlich nicht die Erste, die sich die Frage stellt. Enrico Fermi, der italienisch-amerilkanische Kernphysiker, soll 1950 bei einem Mittagessen, als sich die Gespräche um angebliche UFO Sichtungen drehten, pointiert gefragt haben: „But where is everybody?“, also: „Wo sind sie?“
Anders gesagt, wenn es in diesem alten und gigantischen Universum höchstwahrscheinlich intelligentes Leben gibt, müsste sich doch schon längst einmal jemand bemerkbar gemacht –oder sogar vorbeigeschaut haben. Aber bis jetzt ist das Universum für uns stumm.
Die Suche geht weiter
Trotz des kosmischen Schweigens horchen wir hinaus ins All und senden Signale, gezielt und ungezielt, um auf uns aufmerksam zu machen.
Etwa das SETI-Projekt zur Suche nach außerirdischer Intelligenz, richtet gewaltige Radioteleskope in den Himmel, um mögliche außerirdische Kommunikation abzufangen und um selbst Signale zu senden. Bis jetzt ohne Erfolg. Der einzige Kandidat für eine mögliche Kommunikation von außerhalb ist das etwa einminütige Wow!-Signal, das aber niemals wieder empfangen wurde und neuesten Erkenntnissen auch natürlichen Ursprungs sein könnte (Occam’s razor lässt grüßen).
Wir schicken nicht nur Radiowellen ins All, sondern auch physische Objekte. Voyager 1 und 2, wurden 1977 losgeschickt mit dem Ziel, unser Sonnensystem zu verlassen und uns dabei so lange wie möglich Daten zu senden. Sie tragen auf ihren langen Reisen eine Botschaft der Menschheit mit sich: die berühmten „Golden Records“. Diese goldenen Schallplatten enthalten eine Art kosmische Visitenkarte. Darauf zu hören sind unter anderem Grußbotschaften in 55 verschiedenen Sprachen, Musikstücke von Bach bis Chuck Berry, sowie das Rauschen des Meeres oder das Lachen eines Babys. Dazu kommen mehr als 100 Bilder, die unter anderem Menschen, Tiere, Pflanzen, technische Errungenschaften und vor allem die Position der Erde im Universum zeigen, damit wir auch gefunden werden können.
Wir sind hier
Auch wenn es höchst unwahrscheinlich ist, dass die Voyager-Sonden je von intelligentem Leben gefunden werden oder dass unsere Radiobotschaften jemals irgendwo empfangen werden, zeugt allein unser Bemühen davon, wie tief das Bedürfnis nach Verbindung in uns verwurzelt ist. Am Ende suchen wir Menschen nach Nähe und sind neugierig auf das, was da draußen auf uns wartet. Und wenn ich in den Nachthimmel blicke und mich frage, ob wir allein sind, tröstet mich der Gedanke, dass wir zumindest einander haben. Wenn wir schon allein im Universum sind, sollten wir wenigstens lernen, besser zueinander zu sein.
Deep dive:
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