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Und geh ja nicht mit Fremden mit! Die Mahnung vor Antritt meines Schulweges gehörte zur Abschiedszeremonie, richtig ernst genommen habe ich sie nie. Kindheit auf dem Land, was soll einem da passieren. Heute bin ich selbst oft versucht, mich zum einen oder anderen Kind hinabzubeugen und die eindringlichen Worte meiner Mutter zu wiederholen. Grundschulkinder, die allein in der Tram und U-Bahn unterwegs sind, lassen bei mir die Alarmglocken klingeln. Kindheit in der Großstadt, das riecht nach Gefahr.
Aufwachsen im 5.000 Seelendorf, das war für mich ein kindliches Paradies. Eines, das mir mit wachsendem Alter zu eng wurde: Junge Menschen wollen sich entfalten und wie viele sah ich diese Möglichkeit darin, dem Altbekannten den Rücken zu kehren.
Wenn meiner Mutter auch heute noch ein „und pass auf die auf“ entschlüpft, kann ich sie beruhigen: Wien rangiert unter den sichersten Metropolen der Welt, was soll mir da passieren? Und doch kann ich ihre Bedenken langsam verstehen und mir vorstellen, die Enge Südtirols der Großstadt vorzuziehen – einem Kind zuliebe. Auf dem Land aufwachsen und sterben, dazwischen die Vorzüge der Großstadt auskosten. Das klingt nach einem Lebensplan. Vielleicht auch nach der Angst vor dem letzten Schritt, vor den ungemütlichen Seiten des Stadtlebens. Sich mit Kinderwagen in voll gestopften Straßenbahnen abmühen, das gelangweilte Kind in einer engen Wohnung beschäftigen, es täglich zur Schule bringen und wieder abholen. In Südtirol wohnen Oma und Opa, da kann man sich vielleicht sogar einen kleinen Garten leisten und die Schule ist meist nur wenige Gehminuten entfernt.
Viele schlagen die Brücke zwischen Großstadtleben und Landluft und ziehen in die Wiener Vororte oder an den Stadtrand. Im Grünen und doch bei Bedarf mittendrin. Auch das ist möglich. Für mich ist aber klar: Und geh ja nicht mit Fremden mit – diese Mahnung wird mein Kind in jedem Fall hören. Ob in der Großstadt oder auf dem Land.
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