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„Ich bin kein Tourist!“ Diesen Satz würde ich mir an manchen Tagen am liebsten auf die Stirn schreiben. An Tagen zum Beispiel, die vollgestopft mit Arbeit und Kinderbetreuung sind, an denen ich dann kurz vor Ladenschluss noch zum Einkaufen hetze, in das Obstgeschäft in Bruneck, in das ich seit Jahren gehe, und dann beim Bezahlen gewünscht kriege: „Schönen Urlaub noch.“ Blanker Hohn.
Ich kann es dem Obstverkäufer nicht übelnehmen, er meint es ja nur gut. Wenn ich in Bruneck eine deutsche Stimme höre, gehe ich auch automatisch davon aus, dass der Sprecher gerade vom Wandern oder Wellness oder Skifahren kommt, jedenfalls einen schöneren Tag als ich hatte. Aber zusammengenommen bedeutet das für mich, dass ich die doppelte Arschkarte habe: Einerseits die zu vielen Touristen, andererseits werde ich auch noch selbst wie einer behandelt.
Bruneck ist ja praktisch rund ums Jahr voller Touristen, außer vielleicht im November, und offen gesagt, sie können echt lästig sein. 30 Kilometer Stau auf der Pustertaler Straße und dann kein Parkplatz, Rummel am Stadtgraben, Saisonpreise in den Cafés – könnte mir alles gestohlen bleiben, und auch mein gelangweilter Landsmann, der sich beim Bäcker sämtliche Brotzutaten erklären lässt, bevor er sich für ein stinknormales Mischbrot entscheidet, während es mir hinter ihm pressiert. „Warum so eilig? Wir sind schließlich im Urlaub.“
Als ich wirklich noch selbst als Tourist nach Südtirol gekommen bin, habe ich immer die professionelle Freundlichkeit der einheimischen Gastwirte bewundert. Immer freundlich, gelassen und zuvorkommend, und dabei stets von angenehmer Zurückhaltung. Man weiß das zu schätzen, auch wenn klar ist, dass es zum Geschäft gehört. Es ist ein Rollenspiel zum beiderseitigen Vorteil.
Jetzt könnte man mir natürlich vorhalten: Ja ja, dieser Piefke, kaum gehört er nicht mehr zu den Touristen, schon regt er sich über sie auf. Stimmt aber nicht. Die anderen Touristen haben mich schon damals gestört. Vielleicht ist Südtirol schlicht das falsche Pflaster für mich. Vielleicht sollte ich in München bleiben, wo alle so gehetzt und grantig sind wie ich.
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