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Ein Spiel dauerte manchmal gefühlte 10 Folgen und damit zwei Wochen. Kein Wunder: Manche Spielaktionen, zum Beispiel ein Fallrückzieher von Serienheld Holly, liefen in Zeitlupe ab. Die Spannung war dann kaum mehr auszuhalten – auch weil mitten in der Aktion die Folge fertig war und man auf den Folgetag warten musste, um zu wissen, ob der Ball nun im Tor landete oder der Tormann mit einer unglaublichen Parade den Torjubel verhinderte. Aber trotzdem: „Holly e Benji“, so der Namen der Serie im italienischen Fernsehen (und dort haben sie die meisten Südtiroler verfolgt), war Kult.
Es gibt wohl kaum einen (Südtiroler) Nachwuchskicker bis zum Jahr 2000 (und vielleicht bis heute), der die Serie rund um die beiden kleinen Fußballhelden Holly und Benji nicht geschaut hat. Ich habe gehört, dass manche Kinder sogar versuchten, die akrobatischen Zirkusnummern der beiden Zwillinge James und Jason Derrick (Stichwort: „catapulta infernale“) nachzuahmen, die diese auf dem Fußballplatz vollführten. Und alle träumten sie auch von der Karriere als Fußballstars, manch einer ist es dann auch geworden: Der spanische Welt- und Europameister Fernando Torres von Chelsea London und auch Alessandro Del Piero, der langjährige Juventus-Turin-Kapitän, der seine Karriere jetzt beendet, haben zugegeben, dass sie kaum eine Folge der kultigen Zeichentrickserie verpasst haben.
„Holly e Benji“ war vor allem etwas für Jungs, zumindest als ich noch Kind war. Wir Mädchen standen damals mehr auf „Mila e Shiro“ oder „Kiss me Licia“. Wir hatten damals aber kein zweites Fernsehgerät zu Hause. Während ich bei anderen Serien, die ich nicht sehen wollte, mit lautstarkem Protestgeheule jedes Fernsehvergnügen meines Bruders boykottiert hatte, „Holly e Benji“ habe ich stillschweigend über mich ergehen lassen. Weil irgendwie gefiel mir die Serie doch. Sofern man eine Zeichentrickfigur attraktiv finden kann, muss ich zugeben: Ich hatte eine Schwäche für Benji, der zu Beginn der Serie noch nicht in derselben Mannschaft wie Holly spielte. Bald wurden aber aus Rivalen Freunde und sie gewannen zusammen im New Team die Meisterschaft und spielten später in der japanischen Nationalmannschaft gegen scheinbar übermächtige Gegner wie Deutschland rund um Starspieler Karl-Heinz Schneider, der noch eine Spur besser als Holly war – und das war, so glaubt mir, kaum vorstellbar.
Zwischen 1983 bis 2004 wurden insgesamt vier Staffeln rund um „Holly e Benji“ ausgestrahlt, basierend auf das japanische Manga-Comic Capitain Tsubasa von Yoichi Takahashi. Während alle vier im italienischen Fernsehen ausgestrahlt wurden, hat man den deutschen Kindern die letzten drei vorenthalten. Die meisten Südtiroler haben die Serie ohnehin auf Italienisch verfolgt und die 128 Folgen der ersten Staffel sind sowieso die besten! Traurig empfand ich das Ende dieser: Roberto Sedinho, der Förderer von Holly, kehrt ohne seinen Schützling nach Brasilien zurück. Der ehemalige brasilianische Fußballstar hatte versprochen, Holly mitzunehmen, sofern er das Endspiel gegen die Mannschaft seines größten Rivalen Mark Lenders gewinnen würde, was ihm schließlich auch gelungen war.
Ich weiß nicht, ob Real-Madrid-Star Cristiano Ronaldo die Serie kennt. Es wäre aber kaum vorstellbar, dass ihn der portugiesische Nationaltrainer nicht mit zur WM nach Brasilien nimmt, auch wenn er das heutige Champions-League-Finale gegen Athletico Madrid nicht gewinnt.
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