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„Mit dem Erscheinen des Menschen beginnt das Artensterben in Flora und Fauna“, erklärt die Co-Autorin und Journalistin Elisabeth Kolbert und legt damit den Grundstein für die Analyse von Problemen und Möglichkeiten der Klimakrise, die Greta Thunberg und Co. im Buch erörtern. Besonders durch das Wirtschafts- und Konsumwachstum im 20. Jahrhundert – die sogenannte „Große Beschleunigung“ – verschlechterte sich der Zustand unserer Welt. Die Feststellung, dass durch das Handeln der Menschen die Hälfte aller Bäume gefällt und mehr als zwei Drittel der Wildtiere und -pflanzen durch ein massenhaftes Artensterben ausgerottet wurden, sticht besonders hervor. „Wir sägen den Ast ab, auf dem wir leben“, schreibt Greta Thunberg. Zwischen Monokulturen, der Verschmutzung der Meere durch Müll und Mikroplastik und dem Einsatz von Pestiziden und Dünger werden im Klimabuch auch die Folgen unserer Handlungen thematisiert: Schrumpfen die natürlichen Lebensräume der wildlebenden Tiere, so steigt beispielsweise das Risiko für Infektionskrankheiten, die ihren Ursprung zu 75 Prozent in diesen Tieren finden. Eine andere Gefahr ist der Hitzetod, der zu 37 Prozent vom Klimawandel verursacht wird und zehn Millionen Menschen jährlich das Leben kostet.
Diese Kritik am menschlichen Handeln berührt und macht Angst. Sehnsuchtsvoll erwartet man als Leser:in jene Kapitel, die mehr Hoffnung schenken. Wir müssen unser Konsumverhalten überdenken – am besten über die sechs Grundsätze der Bewegung „Take a Jump“. Sollen wir nun auf alles verzichten, eine neue Einstellung zu jeglichem Konsum finden und unser Leben auf den Kopf stellen? Beim schnellen Durchlesen der vorgeschlagenen Maßnahmen scheint die Umsetzung möglich, aber in der Realität wird es schwieriger.
1 Benutze deine Konsumware länger.
Annehmlichkeiten wie elektrischer Schnickschnack lassen uns unseren Alltag immer bequemer meistern. Schon beim Gedanken an die ersten Handys oder die mittlerweile ausgestorbenen VHS-Kassetten können wir uns ein Grinsen nicht verkneifen. Wer will schon ein Handy, das schwerer wiegt als ein Sack Mehl und wer auf die neuesten AirPods verzichten? Andererseits lenken uns diese Gegenstände auch nur von der Schönheit der Welt und unserem Sozialleben ab: Wir stecken unsere Köpfe in unsere Smartphones, pflegen unsere virtuellen Kontakte und nehmen unsere Mitmenschen kaum mehr wahr. Unsere Kinder besitzen bergeweis Plastikspielzeug und schmeißen nach wenigen Spielmomenten jedes wieder in eine Ecke, um unbefriedigt den nächsten Konsumgegenstand zu suchen, anstatt mit Tannenzapfen, Ästen und Moosen im Wald Bauernhof zu spielen. Spielen regt zum Träumen an und soll auf das Erwachsenenleben vorbereiten. Mit Plastik zwar möglich, aber ist es auch so schön, wie es noch bei ihren Vorgängergenerationen war? Die wir verdreckt, verschwitzt und voller Lebensfreude durch die Felder, Parks und Wälder geisterten und die Nachbarschaft unsicher machten? Ist eigentlich nicht genau diese Vorstellung vom Kindsein jene, die uns mit warmen Bauchgefühl an unsere Kindheit zurück denken lässt? ÜBERZEUGT!
2 Verbringe deinen Urlaub in der Nähe, wobei Kurzstreckenflüge nur einmal alle drei Jahre stattfinden sollten.
Der Urlaub in der Nähe, naja, wenn‘s sein muss! Wer will sich schon immer in derselben Gegend bewegen, will nicht neue Gebiete erkunden und ferne Länder und die Gebräuche ihrer Bewohner kennenlernen? Wozu gibt es verkehrstechnische Errungenschaften, wenn wir uns die Welt nicht ansehen können? Andererseits gibt es viel klimafreundlichere Fortbewegungsmittel, die uns genauso gut an wunderschöne Orte transportieren können. Und ist nicht der nahe Wald oder der nächste Gipfel in unserer Südtiroler Realität auch eine Bereicherung für Geist und Seele?Kann eine Flugreise in fernere Gegen den nicht noch größere Freude und Genugtuung schenken, wenn sie nur alle paar Jahre passiert? EINVERSTANDEN!
3 Ernähre dich vegan und vermeide Abfälle.
Bei der veganen Ernährung steigen viele von uns aus. Eine ausschließlich vegane Ernährung ist mit Sicherheit auch hierzulande umsetzbar, jedoch mit einigem Verzicht zwischen Speckknödel, Rindsbraten und den Spaghetti Bolognese. Selbst Süßigkeiten und Naschereien, welche Gelatine beinhalten, werden zumeist aus tierischen Produkten hergestellt. Als Kompromiss könnte aber eine nachhaltige Ernährung, die nebenbei noch der Gesundheit zugutekommt, mit regionalen Produkten und aus nachhaltiger Tierhaltung oder Herstellung angedacht werden. Fleisch aus dem Supermarkt, das von Tieren aus anderen Ländern Europas oder gar aus anderen Kontinenten mit Schiffen und anschließend mit Lkws nach Südtirol geliefert wird, könnte mit hochwertigerer, regionaler Ware ausgetauscht werden. Und warum müssen wir so oft tierische Produkte zu uns nehmen? Eine Umstellung zum Flexitarier oder Vegetarier könnte, so die Wissenschaft, bereits einige klimatische Verbesserungen, verbesserte Gesundheit und vor allem ein Umdenken in der Haltung von Tieren bewerkstelligen. TEILWEISE AKZEPTIERT!
4 Kaufe höchstens drei Kleidungsstücken pro Jahr.
Drei Kleidungsstücke pro Jahr zu kaufen gestaltet sich schon allein bei Familien schwierig, da die Kinder bekanntlich wachsen und wir vier Jahreszeiten jährlich durchleben, die immer wieder eine Anpassung der Kleidung erfordern. Eine Möglichkeit: Der Kauf von Schuhen und Kleidung auf Flohmärkten und in Second-Hand-Läden. Für Skeptiker gibt es erfreulicherweise Einlegsohlen und Waschmaschine. Gebrauchte Kleidung ist grundsätzlich günstiger und weist weniger Giftstoffe auf. Zudem folgen wir mit dem Kauf von Kleidung oftmals nur Modetrends. Kann auch mal ein Trend ausgelassen werden? MÖGLICH!
5 Benutze private Pkws kaum bis gar nicht mehr.
Bei der Verabschiedung des privaten Pkws tun sich der Südtiroler und die Südtirolerin erneut schwer. Abgelegene Weiler werden nicht immer durch Buslinien abgedeckt, die Zugverbindungen beißen sich manchmal mit Arbeits- und Familienzeit. In größeren Städten mit einem ausreichenden Angebot an Car-Sharing und verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln sollte eine Verabschiedung vom eigenen Pkw auf jeden Fall umsetzbar sein. Aber auch wir Südtiroler und Südtirolerinnen könnten vermehrt Fahrgemeinschaften bilden und nicht für jeden Liter Milch extra ins Auto steigen und damit unseren CO2 Fußabdruck verbessern. OK!
6 Werde aktiv, um das gesellschaftliche System zu verändern.
Last but not least sehen wir uns die Aufforderung zur Informationsweitergabe und Aufklärung aller Menschen an: Kostet uns nichts und bringt Gesprächsstoff! Wir dürfen einfach nicht müde werden, bestimmte Themen zu besprechen, im Geschäft auf die fehlende regionale, vegetarische und vegane Auswahl aufmerksam zu machen und unseren Kindern die Notwendigkeiten und Wichtigkeiten in Bezug auf die Klimakrise aufzeigen. Auf jeden Fall UMSETZBAR!
Mein Fazit: Jede und jeder von uns kann so einiges in ihren beziehungsweise seinen Alltag integrieren und übertriebenes Konsumverhalten minimieren, auch zum Wohle der geistigen und physischen Gesundheit aller Altersstufen. Ignorieren wir die Klimakrise, betreten wir dünnstes Eis, denn das Problem steht nicht mehr nur vor unserer Haustür, sondern ist längst schon drinnen angekommen: Immer häufiger und heftiger treffen uns Unwetter, Temperaturschwankungen und Wassermangel auch in Südtirol. Wir müssen uns aus unserer Komfortzone bewegen und gemeinsam eine beeindruckende, schöne Welt erhalten, die auch noch unsere Kindeskinder genießen können. Denn sogar dann, wenn wir Greta und ihren Co-Autorinnen keinen Glauben schenken wollen, so schaden uns diese Veränderungen ganz und gar nicht, oder?
Text: Doris Braunhofer
Dieser Text erschien erstmals in der Straßenzeitung “zebra.” (11.04.2023 – 09.05.2023 | 84)
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