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Veröffentlicht
am 14.03.2024
Meinung

Flucht in ein neues Leben

Veröffentlicht
am 14.03.2024
Ein Mädchen, das aus ihrer Welt ausbricht und ein Leben in der Wildnis beginnt: Buchbloggerin Carmen über Lauren Griffs literarische Expedition, den mitreißenden Roman „Die weite Wildnis“.
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Hier gibt es nichts, nur Land, und all die Erde und die Berge und die Bäume sind noch unbefleckt von Geschichten. Dieser Ort selbst ist ein unbeschriebenes Stück Pergament.

S. 16

Amerika, 17. Jahrhundert. Ein Mädchen flieht aus dem Fort, in dem sie mit einer Gruppe englischer Siedler lebt. Die Brutalität und die falsche Frömmigkeit der Menschen, unter denen sie aufgewachsen ist, zwingen sie zur Flucht in die weite Wildnis. Sie lässt alles zurück, was sie war und besaß. Das Leben in der neuen, unbekannten Welt ist hart und der Hunger unglaublich groß. Alles ist ihr fremd in dieser endlosen Weite und unberührten Landschaft, aber doch vertrauter als die Menschen, die sie hinter sich gelassen hat. Der Wald umhüllt sie mit seiner Dunkelheit. Die eisige Kälte kriecht tief in ihre Knochen. Müde und starr vor Angst geht sie weiter und weiter – Richtung Norden. Sie weiß nichts über das Land, sie weiß nur: Sie muss weiter gehen. Ängstlich, trauernd und frierend ruft sie Gott um Hilfe. Die Natur antwortet ihr, wird ihr Vertrauter. Sie sammelt Beeren, Vogeleier und Pilze. Isst Maden und Fische. Ihr Blick auf die Welt ändert sich. Das Land bietet ihr eine neue, freie Sicht auf die Welt. Sie ist alleine. Sie ist ein Nichts in der Wildnis. Sie ist frei.

Die Welt, das wusste das Mädchen, war noch schlimmer als wild, die Welt war gleichgültig. Es kümmerte sie nicht, was mit ihr geschah, es konnte sie nicht kümmern, nicht im Geringsten. Sie war ein Sandkorn, ein Sprenkel, ein Flugstaub im Spiel des Windes.

S. 29

Ein Mädchen, fast schon eine junge Frau, kämpft in der Wildnis ums Überleben und stellt dabei alles in Frage, was sie bisher kannte und ihr beigebracht wurde. „Die weite Wildnis“ von Lauren Groff ist ein unfassbar intensives und berührendes Buch. Ein Buch, das sich tief einnistet und das man mit allen Sinnen erlebt und fühlt. Unglaublich ergreifend und erschütternd. So bildhaft und atmosphärisch. Ein Meisterwerk an sprachlicher Feinheit. Es ist unmöglich, dem Zauber dieses Buches zu entkommen. Lauren Groff schreibt so ungemein klug und poetisch und erschafft mit ihren Worten eine Naturgewalt auf Papier. Als Lesende:r ist man dabei nah an der Figur des Mädchens, man fühlt ihren Schmerz, ihre Angst und auch ihren Mut. Ihre Hoffnung und ihren Kampf für ein selbstbestimmtes und freies Leben. Auf märchenhafte, fast schon mystische Weise folgt man dem Mädchen auf ihrem Weg und ihrem Überlebenskampf. Ihren Erinnerungen an die Überfahrt und ihrem Leben in der alten Welt. Man hofft und leidet mit ihr.

Doch jetzt spürte sie unter sich wieder die Erde, die sich drehte, und sie wusste, dass sie ein Teil davon war, wesentlich und groß genug.

S. 127

Dieser Roman ist wunderschön und grausam zugleich. Er füllt das Herz mit ganz viel Liebe und sticht ebenso schmerzhaft zu. Erbarmungslos und unwiderstehlich. Fordernd und mächtig. Natur, Glaube und Gewalt spielen in dem Buch eine zentrale Rolle. Menschliche Abgründe, Not und Verzweiflung und das Mädchen, das allem entsagt und Teil der Natur wird.

„Die weite Wildnis“ ist ein großes Highlight. Ganz große Literatur. Und auch noch Tage nach dem Beenden beschäftigt mich die Geschichte mit ihrer eindringlichen, unaussprechlichen und starken, wunderschönen Art. Einfach einzigartig. Diese besondere Magie, die Lauren Groff in ihre Texte bringt, ist einfach unbeschreiblich. Ein Buch, in dem man Kopf und Herz verliert. Man lauscht der Schönheit und Zartheit der Worte. Bis man am Ende das Buch schließt und sich beseelt zurücklehnt.

Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs. „Die weite Wildnis“ ist in erschienen bei ullsteinbuchverlage.

Mehr feministische Lesetipps unserer Buchbloggerin Carmen Waldthaler 
gibt es auf ihrem Instagram-Channel c_booksblog! #frauenlesen

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