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„Hau ab!“, fährt mich plötzlich einer der am Boden liegenden Obdachlosen an, als ich im Vorbeigehen bei ihm anstoße. Als ich letztens gegen Mitternacht den Bahnhofspark überquere – natürlich rein zufällig und nicht auf der Suche nach Gras oder anderen Drogen, die in dieser sich selbst überlassenen Gegend freizügig gehandelt werden –, bin ich auf die harsche Reaktion des Clochards gar nicht gefasst. Noch weniger drauf gefasst bin ich, als ich nach dem ersten Schrecken genauer hinsehe und in dem Obdachlosen ihn höchstselbst erkenne: René Benko.
Schwer ist es nicht, sein rasiertes Seifengesicht von den verkommenen Bartvisagen der restlichen Obdachlosen zu unterscheiden. Viel Mühe hat sich der Millionär bei der Tarnverkleidung offenbar nicht gegeben. Anders verhält es sich bei seiner Begleitung Heinz Peter Hager (Vertreter von Benkos Signa-Gruppe): Ohne seine gewohnte Brille und den üblichen Anzug ist er schon weniger leicht vom Milieu am Bahnhofspark zu unterscheiden.
Was die beiden da wollen? „Uns reicht’s einfach!“, sagt Hager. „Wenn die Bozner Gemeinde nicht von selbst versteht, dass diese Gegend eine dringende Aufwertung durch unser brillantes Kaufhausprojekt nötig hat, dann helfen wir eben selber nach. Jetzt hat der Park zwei obskure Individuen mehr, die das Gebiet hier unsicher machen.“ Irgendwann würden die Gemeinderäte schon draufkommen, meint Hager. „Wartet nur, bis einer dieser Grünen hier vorbeispaziert!“
Ist das gerade alles wirklich passiert? Kaum aus dem Park draußen und wieder in einem sicheren Stadtteil angekommen, erscheint mir das Geschehene wie ein Traum. Oder vielleicht war es nur ein Hirngespinst infolge der Hitze tagsüber. Auch möglich – unter der Hitze schienen in letzter Zeit ja mehrere gelitten zu haben, allen voran Bürgermeister Spagnolli, der inzwischen beinahe täglich seine Meinung zum Projekt ändert. Fest steht, dass der Bahnhofspark eine sogenannte Aufwertung gut vertragen könnte. Aber muss es unbedingt ein Kaufhaus sein? An seiner Stelle ein Irrenhaus zu errichten, scheint inzwischen auch eine attraktive Möglichkeit zu sein. Patienten gäbe es nach der ganzen bisherigen Benko-Geschichte zweifellos genug.
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