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Mit Beziehungen ist das so eine Sache. Hat man keinen Freund, wird man oft angesehen, als stimme etwas nicht mit einem und wird ständig gefragt, warum man noch Single sei. Die Antworten hat man sich nach gefühlten hundert Mal natürlich parat gelegt: „Der Richtige war einfach noch nicht dabei“, oder „Ich bin eben wählerisch.“ Beliebt ist auch: „Ich genieße mein Single-Leben.“ Das Gegenüber ist zufrieden, die Unterhaltung zu Ende und man hat sich wieder für einen Augenblick selbst geglaubt, was man da erzählt.
In Wirklichkeit sieht es natürlich anders aus. Man genießt sein Single-Dasein für eine gewisse Zeit, macht Party, lernt neue Leute kennen und niemanden interessiert es, ob man erst nach Hause kommt, wenn die anderen bereits an ihrem Frühstückstisch sitzen. Man ist niemandem eine Erklärung schuldig und kann sein Leben so gestalten, wie man es möchte. Ganz ohne Kompromisse oder Rechtfertigungen.
Doch dann kommt er irgendwann, dieser Moment, an dem man sich eingestehen muss: So toll ist das Ganze eigentlich gar nicht. Und der kommt an einem Sonntagabend, an dem man alleine auf seiner Couch sitzt, in die Glotze starrt, wo wahrscheinlich eine Liebesschnulze über den Bildschirm flackert. Oder er kommt, wenn man sich Freitagnacht von seinen Freunden verabschiedet und sich auf den Nachhauseweg macht: alleine, während die meisten mit ihren Partnern heimfahren. Manchmal kommt er auch, wenn man umgeben von Freunden ist – der Moment an dem man sich plötzlich alleine und alleingelassen fühlt. Dann merkt man, dass man sich doch nach jemandem sehnt, mit dem man das alles teilen kann.
Und irgendwann, nach zahlreichen fabelhaften und wunderbaren Stunden, kommt aus dem Nichts die Ohrfeige, die einem die rosarote Brille aus dem Gesicht schlägt: „Wir müssen reden.“
Eines Tages, wenn man es am wenigsten erwartet (und meist auch noch, wenn es einem so gar nicht in den Kram passt) ist er dann da, der vermeintlich Richtige. Es folgt der Sturz ins Gefühlschaos und das Aufsetzen der rosaroten Brille. Was man früher alles alleine gemacht hat, macht man jetzt zu zweit. Und irgendwann, nach zahlreichen fabelhaften und wunderbaren Stunden, kommt aus dem Nichts die Ohrfeige, die einem die rosarote Brille aus dem Gesicht schlägt: „Wir müssen reden.“ Und man weiß: Das kann nichts Gutes bedeuten. Auf den Satz folgt dann eine detaillierte Ausbreitung der bisherigen Beziehung: Wir hatten eine schöne Zeit, aber … Und ich mag dich noch total, eigentlich … Man will etwas sagen, kann es aber nicht. Man merkt, wie der Kloß im Hals immer größer wird und sich die Ohnmacht ausbreitet, während man den verschwommenen Worten lauscht, die aus dem Mund des Menschen kommen, der einem am meisten bedeutet. Man traut sich nichts zu sagen, weil man ahnt, was gleich kommt: ES IST AUS.
Trauer. Wut. Angst und Hilflosigkeit. Hitze steigt in einem auf. Man will losschreien und bleibt stumm. Und genau in diesem Moment setzt der Satz „Es liegt nicht an dir, sondern an mir“, dem Ganzen noch die Krone auf. Ja, diesen Satz habe auch ich schon einmal gehört und ja, ich glaube, ich bin längst nicht die einzige. Gefolgt wird er vielfach von einem anderen, wie ich finde noch viel schönerem Satz: „Wir können ja Freunde bleiben.“ What the … ? Die Wut nimmt jetzt neben der Trauer den größten Platz ein. Nein danke! Ich will doch nicht mit jemandem befreundet sein, der mich nicht mehr als Partnerin will, geht’s noch? Irgendwann vielleicht, denkt man dann, wenn einige Wochen vergangen sind. Aber im Moment des Schlussmachens denkt man sich einfach nur noch: F*** dich. Sofern man es überhaupt denken nennen kann, was man in diesem Moment macht. Ein Sprichwort bringt auf den Punkt, was die Aussage bedeutet: „Wir können Freunde bleiben ist dasselbe wie: Dein Hund ist tot, aber du kannst ihn behalten.“ Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.
Auch nicht passender ein: „Du hast einen Besseren verdient.“ Nein. Ich will doch nur dich, ruft man innerlich. Das mit dem Besseren mag zwar sein, daran denkt man aber erst lange Zeit später, wenn man die rosarote Brille endgültig verloren hat.
Es drängt sich die Frage auf: Warum lässt man sich beim Schlussmachen nicht etwas Besseres einfallen? Klar, Schlussmachen ist nie leicht. Sicher auch nicht für den, der die Beziehung beenden will. Aber wenn man einen Schlussstrich ziehen will, sollte man sich doch bitte schon vorher Gedanken machen, wie das passieren soll. Macht man das nämlich nicht, dann kommt es zu genau so einer Situation: Es wird tief – sehr tief in die Kiste der Schlussmach-Klischees gegriffen. Meist noch aus dem Grund, weil man den anderen ja nicht noch mehr verletzen will. „Nett“ zu sein ist dann doch eine gute Variante, oder?
Nein, ist sie nicht. Man kann nicht „nett“ Schluss machen. Schluss machen ist scheiße. Doch was man machen kann: fair und ehrlich bleiben. Und auch wenn man es vielleicht nicht gerne hört: „Ich finde eine andere einfach geiler“, oder „Ich will dich einfach nicht mehr“, wäre auf jeden Fall ehrlicher. (Vielleicht sollte man es ein bisschen anders formulieren). Fakt ist: Es gibt sie wohl nie, die richtigen Worte.
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