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Vera Mair am Tinkhof
Veröffentlicht
am 07.05.2014
MeinungOne Song One Story

Airplanes

Veröffentlicht
am 07.05.2014
Weil wir auf die Frage „Warum" immer noch gerne mit „Weil" antworten.
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Eine Legende geht um: Im Internet zirkuliert die Geschichte, die Kondensstreifen der Flugzeuge seien Aluminium oder andere Chemikalien, die die Amerikaner – natürlich – versprühen, mit ganz perfider Absicht. Die Mail, die über das vermeintliche Geheimprojekt aufklären will, spricht von versuchter Gedankenmanipulation. Auch würden dadurch chronische Krankheiten entstehen. Dass es in Italien so viele Depressionen gibt, wird als Tatsache mal so hingestellt, und geschuldet sei das ebenfalls den weißen Streifen am blauen Himmel. Es steht also schlimm um uns.

Ich habe mir nie viele Gedanken um Kondensstreifen gemacht. Ich habe die Gefahr wohl unterschätzt.

Die Bösen sind, laut Verschwörungstheorie, die üblichen Verdächtigen: die Amerikaner. Monsanto. Andere Unternehmen, Banken, Großkonzerne. Man muss diese nicht mögen. Man kann ihnen aber auch nicht alles in die Schuhe schieben. Ein Feindbild ist ein schönes Sündenlamm – das addiert man mit einer an sich simplen und recht harmlosen Sache wie Kondensstreifen, und schon hat man die schönste Verschwörungstheorie. Das ist einfach und funktioniert nicht nur mit den gemeinen Kapitalisten, die an allem schuld sind, was man anders nicht verstehen will. Auch die EU und mittlerweile Politiker im Allgemeinen sind beliebt als Erklärung für allerlei Unannehmlichkeiten: Was auch schief läuft hierzulande, es muss doch an denen liegen. Oder Ausländer, die können es natürlich auch gewesen sein. Wer sich darauf festgelegt hat, wem man im Zweifelsfall die Schuld gibt, hat es sehr einfach.

So hat die Summe stets vor Augen, bevor man noch die Teile kennt. Oder man ist an den Einzelheiten gar nicht so interessiert, das Ergebnis steht ja eh schon fest. Der Feind lauert überall. Wenn man alles durch dasselbe Muster des Misstrauens drückt, nennt man das wohl, seinem Schema treu zu bleiben. Und so laufen wir durchs Leben und können nichts anderes erkennen als das ewig Gleiche, und dann wundert man sich, dass einem die Welt immer nur diesselbe Antwort gibt, die einem nicht gefällt. Man könnte auch die Frage ändern. Oder auch mal keine stellen: Ich denke, es ist völlig in Ordnung, wenn man sich über Kondensstreifen nicht den Kopf zerbricht.

Man glaubt an das, woran man glauben will. Das ist so, denn das war schon immer so: Eine Logik, die auf die Frage nach dem „Warum" mit dem guten alten „Weil" antwortet. Das haben wir naürlich alle schon gemacht. So mit elf, ungefähr. Als das dann irgendwann nicht mehr genug an Argumenten war, haben wir uns wohl die Amerikaner ausgedacht.

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