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Da standen sie nun endlich, nach einer beschwerlichen Reise, und staunten über „The Dolomite Mountains“. Vor 150 Jahren erkundeten zwei Engländer und ihre Frauen die heute so bekannten Dolomiten. Der Reisebericht dieser ersten Touristen wurde in England sofort zum Erfolg. Erwin Brunner, Journalist für „National Geographic“, hat den Bestseller jetzt neu herausgegeben. Im Interview gibt er Einblick in „Die Entdeckung der Dolomiten“.
Herr Brunner, wie sind Sie auf das Buch der beiden Dolomitenreisenden gestoßen?
Meine Recherche für die Titelgeschichte von „National Geographic“ anlässlich der Ernennung der Dolomiten zum Unesco-Weltnaturerbe 2009 ergab unter anderem, dass das Buch von Gilbert und Churchill der erste große, umfassende Reisebericht über die Dolomiten war. Er prägte die Bezeichnung „Dolomiten“ überhaupt erst. Bei den Engländern wurde „The Dolomite Mountains“ sofort zum Erfolg.
Was macht den Reiz der Lektüre heute aus?
Gilbert und Churchill öffnen ein Fenster in die Welt der Dolomiten vor 150 Jahren. Ihr Staunen über die Region macht den besonderen und aktuellen Charme dieses Buches aus. Wieder schauen und staunen zu lernen, das ist für mich der beste Grund, es heute neu aufzulegen.
Warum haben Sie dem Buch einen neuen Titel verpasst?
Das Buch „Die Entdeckung der Dolomiten“ zu nennen kommt dem spirit dieses Buches gewiss näher als der trockene Originaltitel „Die Dolomitberge“. Die beiden Gentlemen und ihre Ladys sind mit einer Explorationslust unterwegs, die ansteckt. Wie sie in den Dolomiten jede Zinne und jeden Zacken, jeden Kutscher, jede Küche und jede Kammer erleben und beschreiben, das ist reine Entdeckerfreude.
Inwiefern unterscheidet sich die neue Ausgabe sonst noch vom Original?
Mir ging es vor allem darum, diesen Reisebericht vom Staub des 19. Jahrhunderts zu befreien. So habe ich viele Textstellen gekürzt und redigiert und die manchmal doch reichlich hölzerne Übersetzung geglättet. Auch einige der heute überholten landeskundlichen Erörterungen habe ich weggelassen. All diese behutsamen Eingriffe tun der Erzählung gut und machen die nun vorliegende Ausgabe so kompakt, dass sie bestens in einen handlichen Band passt.
Was würden Gilbert und Churchill wohl heute über die Dolomiten schreiben?
Natürlich kann niemand die Dolomiten von heute mit dem Blick von 1864 beurteilen wollen. Doch ich bin überzeugt, dass Gilbert und Churchill den – so wie sie damals schrieben – „lärmigen, müßigen Strom der Touristen“ meiden würden. Sie würden gewiss nicht hinter getönten SUV-Scheiben und Sonnenbrille in Kolonne über die Dolomitenpässe kurven. Die beiden würden ganz einfach wieder dem Bedürfnis nachgehen, die „schönsten Berge der Welt“ zu Fuß und mit allen Sinnen zu erleben. Das sollte doch heute auch gehen, oder?
Zum Buch
Josiah Gilbert | George C. Churchill
Die Entdeckung der Dolomiten
Herausgegeben von Erwin Brunner
Edition Raetia 2018
Euro 24,90
ISBN 978-88-7283-635-4
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