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Veröffentlicht
am 24.04.2024
LeuteWahlrecht ab 16?

Wahlrecht ab 16?

Veröffentlicht
am 24.04.2024
Politische Partizipation für die Jugend: Nathan Previdi über die Potenziale einer Senkung des Wahlalters, die politische Beeinflussung als generationsübergreifendes Problem und die Notwendigkeit, die Stimme der jungen Bevölkerung zu würdigen.
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Der Schüler und Aktivist Nathan Previdi wurde kürzlich von „politika – Südtirols Gesellschaft für Politikwissenschaft“ zur politischen Persönlichkeit 2023 in Südtirol ernannt. Im Rahmen der Preisverleihung fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wahlrecht ab 16 Jahren“ statt. BARFUSS hat sich mit dem Verfechter einer Senkung des Wahlalters getroffen, um seine Ansichten zu diesem Thema zu erfahren.

BARFUSS: Nathan, was sind für dich die wichtigsten Argumente dafür, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken?
Nathan: Junge Menschen werden oftmals im politischen Prozess weder gehört noch ernst genommen. Personen unter 18 Jahren haben bisher keine direkte Stimme im demokratischen Prozess. Die Senkung des Wahlalters wäre eine Möglichkeit, junge Menschen frühzeitig in den demokratischen Prozess einzubeziehen und ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre Stimmen und Anliegen gehört werden. Es würde ihnen ermöglichen, aktiv an politischen Prozessen teilzunehmen und ihre Stimme zählen zu lassen. Besonders in Bezug auf Themen wie den Klimawandel ist die Betroffenheit junger Menschen offensichtlich. Angesichts des demografischen Wandels sind ältere Wählergruppen jedoch oft stärker vertreten und treffen Entscheidungen, die die Zukunft junger Menschen maßgeblich beeinflussen, obwohl sie selbst weniger von den Folgen betroffen sind. Diese Ungerechtigkeit empfinden viele junge Menschen zurecht.

Die Senkung des Wahlalters könnte das Vertrauen in politische Institutionen stärken!

-Nathan Previdi

Was genau empfindest du am Wahlalter als unfair?
Es ist ungerecht, dass junge Menschen bei Schlüsselthemen, die ihre Zukunft prägen, nicht mitreden dürfen. Die langfristigen Auswirkungen politischer Entscheidungen betreffen sie direkt, daher sollten sie auch eine Stimme haben. Eine Senkung des Wahlalters ermöglicht es Jugendlichen ab 16 Jahren, politische Erfahrungen zu sammeln und die Bedeutung von Wahlen zu verstehen. Dies könnte ihr Vertrauen in politische Institutionen – das in letzter Zeit leider abgenommen hat – wiederherstellen und stärken, da sie erkennen, dass ihre Ansichten ernst genommen werden. Das wiederum könnte sie nicht nur zum Wählen motivieren, sondern auch dazu, sich langfristig politisch zu engagieren.

Nathan Previdi wurde von „politika – Südtirols Gesellschaft für Politikwissenschaft“ zur politischen Persönlichkeit 2023 in Südtirol ernannt.

Wie würde sich die politische Landschaft in Südtirol verändern, wenn 16-Jährige das Wahlrecht hätten?
Ich denke nicht, dass sich die politische Landschaft in Südtirol drastisch verändern würde. Obwohl es eine verbreitete Annahme ist, dass junge Menschen eher liberal eingestellt sind und daher eine Verschiebung nach links erwarten lässt, glaube ich, dass dies nicht unbedingt der Fall wäre. Viele junge Menschen in Südtirol tendieren eher zu konservativen Ansichten. Daher wäre es schwierig vorherzusagen, welche Parteien gestärkt oder geschwächt werden würden. Es wäre möglich, dass die SVP an Unterstützung verlieren könnte, während möglicherweise „radikalere“ Parteien wie die Südtiroler Freiheit oder die Grünen an Einfluss gewinnen könnten.
Meine Vermutung gründet nicht ausschließlich auf „extremistischen Ansichten“ unter Jugendlichen, sondern auf der starken Präsenz der Parteien in sozialen Medien wie TikTok. Die Südtiroler Freiheit etwa hat eine effektive Social-Media-Strategie und erreicht dadurch viele junge Menschen.

Daten legen nahe, dass das Alter allein kein entscheidender Faktor für die Fähigkeit zur politischen Urteilsbildung ist.

-Nathan Previdi

Ein Argument der Gegenseite lautet, dass 16-Jährige möglicherweise nicht über ausreichende Lebenserfahrung und Reife verfügen, um informierte politische Entscheidungen zu treffen. Was denkst du darüber?
Nun, es gibt tatsächlich eine Vielzahl von Studien, die sich mit den politischen Entscheidungen von 16-, 17-, 18- und sogar 20-Jährigen beschäftigt haben. Diese Studien verglichen die politischen Überzeugungen und Wahlentscheidungen dieser Altersgruppen und kamen im Allgemeinen zu dem Schluss, dass alle diese jungen Menschen in der Lage sind, vernünftige politische Entscheidungen zu treffen. Die Daten legen nahe, dass das Alter allein kein entscheidender Faktor für die Fähigkeit zur politischen Urteilsbildung ist. Die Kritiker:innen einer Senkung des Wahlalters verweisen darauf, dass sich der präfrontale Cortex im Gehirn, verantwortlich für fundiertes und rationales Denken, sich erst im Alter von etwa 25 Jahren vollständig entwickelt. Das bedeutet, dass Entscheidungen in jungen Jahren möglicherweise impulsiver und weniger durchdacht sind. Allerdings zeigt sich auch, dass dieser Bereich des Gehirns im späteren Leben wieder abbaut, was die Frage aufwirft, ob man dann älteren Menschen ebenfalls das Wahlrecht entziehen sollte. Junge Menschen haben heute Zugang zu Informationen, die früher nicht verfügbar waren, und können sich durch das Internet schnell und gründlich informieren, was es ihnen ermöglicht, fundierte Wahlentscheidungen zu treffen. Das Wahlrecht ab 16 wäre sogar in vielen Fällen „günstiger“.

Inwiefern?
Viele, die das Wahlalter von 18 erreichen, befinden sich in einer Zeit des Umbruchs. Sie beschäftigen sich mit der Studienwahl, ziehen möglicherweise aus dem Elternhaus aus oder planen ihre berufliche Zukunft. Infolgedessen haben sie möglicherweise nicht die Zeit oder die Möglichkeit, sich intensiv mit politischen Themen zu befassen. Im Gegensatz dazu ist es im jüngeren Alter, beispielsweise ab 16 Jahren, einfacher, sich politisch zu engagieren, da Schüler:innen mehr Zeit haben und Schulen die Möglichkeit bieten, politische Bildung zu fördern und eine institutionelle Unterstützung anzubieten. Vielleicht sind dadurch junge Menschen besser informiert und politisch engagierter, wenn sie schließlich das Wahlalter erreichen.

Die Gefahr der Beeinflussung durch Fehlinformationen, insbesondere durch Fake News, betrifft Menschen jeden Alters und ist ein generationsübergreifendes Problem.

-Nathan Previdi

Kritiker:innen äußern zudem die Sorge um eine politische Beeinflussung junger Menschen durch ihre Eltern, Lehrer:innen oder andere Autoritätspersonen. Wie könnte man sicherstellen, dass die politische Meinungsbildung von 16-Jährigen unabhängig und frei von externem Druck ist?
Menschen sind immer – unabhängig von ihrem Alter – beeinflussbar. Ein vorteilhafter Aspekt, den man bei der Diskussion ums Wahlalter beachten sollte, ist die Rolle der Schule bei der politischen Bildung von Jugendlichen. Dies gilt sowohl für 16-Jährige als auch für junge Erwachsene ab 18 Jahren. Die Schule sollte eine umfassende politische Bildung anbieten, die den Schüler:innen zeigt, wie das politische System funktioniert und welche Ziele und Programme die verschiedenen Parteien verfolgen. Dadurch können sich Jugendliche eine informierte Meinung bilden, die frei von externem Druck ist. Es ist wichtig zu erkennen, dass nicht nur junge Menschen, sondern auch viele ältere Menschen seit Jahren die gleichen politischen Entscheidungen treffen, oft ohne sich gründlich zu informieren. Daher sollten Bemühungen zur Förderung unabhängiger politischer Meinungsbildung nicht nur auf Jugendliche beschränkt sein. Die Gefahr der Beeinflussung durch Fehlinformationen, insbesondere durch Fake News, betrifft Menschen jeden Alters und ist ein generationsübergreifendes Problem.

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