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Julia Tappeiner
Veröffentlicht
am 17.09.2020
LeuteJung und Gemeindewahlen

Vom Tunnelbau zur Gemeindegestaltung

Veröffentlicht
am 17.09.2020
Die junge Ingenieurin Klara Santer will nicht nur Tunnel bauen, sondern Kastelbell-Tschars auch politisch mitgestalten und ihrer Gemeinde bessere Infrastrukturen bieten.
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Klara Santer kandidiert für den Gemeinderat in Kastelbell-Tschars.

Klara Santer hat in München Bauingenieurswesen studiert, in Norwegen ein Praktikum absolviert und kam dann zurück nach Südtirol, wo sie zwei Jahre auf der Baustelle der Umfahrung Kastelbell-Gasaun arbeitete. Nun kandidiert die 26-jährige auf Tunnelbau spezialisierte Bauingenieurin für die Gemeinderatswahlen in Kastelbell-Tschars im Vinschgau. Sie lässt sich nicht in die weibliche Politikschublade „Soziales und Familie“ stecken, sondern will in ihrer Heimatgemeinde vor allem die Verkehrsinfrastruktur verbessern, das Bauen klimafreundlicher gestalten und die Haushalte mit schnellem Internet versorgen.

Klara, warum hast du dich entschieden, für die Gemeinderatswahlen zu kandidieren?
Ich kandidiere, um die Bürgerinnen und Bürger von Kastelbell in den politischen Gremien zu vertreten. Ich strebe jetzt aber keine politische Karriere an.

Du trittst zum ersten Mal an, und hast dementsprechend wenig Erfahrung in der Gemeindepolitik. Was kannst du dennoch beitragen, als junge, weibliche Kandidatin?
Als junger Mensch kann ich sicherlich die Themen, die meiner Generation wichtig sind, versuchen kritisch zu betrachten. Ein Riesenpunkt ist hier sicherlich Klimawandel und Nachhaltigkeit. Als Frau kann ich natürlich zur Gleichberechtigung beitragen. Das klingt jetzt so, als hätten wir Frauen keine Rechte, das stimmt natürlich nicht. Aber ich finde schon, dass hier in Südtirol teilweise noch konservative Strukturen und Ansichten herrschen, die einem manchmal nicht die Möglichkeit geben, sein Leben so zu gestalten, wie man es sich wünscht.

Deine Ansichten klingen schon progressiv und grün. Warum trittst du für eine eher konservative Partei wie die SVP an?
Ich war bereits in der Oberschulzeit Teil der Bezirksjugendleitung Vinschgau und habe mich dort immer sehr wohl gefühlt, weil innerhalb der Partei viele Meinungen und Richtungen vertreten sind. Dadurch fühlt man sich nicht in einem geschlossenen System, sondern kommt auch in Gespräch mit Menschen, die andere Meinungen haben.

Wie ist es, als junger Mensch in Kastelbell aufzuwachsen? Würdest du sie als eine jugendfreundliche Gemeinde bezeichnen?
Wir hatten schon immer einen Ort, wo wir Jugendlichen hingehen konnten, zum Beispiel den Jugendraum. Dadurch, dass aber die verschiedenen Dörfer unserer Gemeinde sehr zerstreut sind, gibt es sicherlich weniger junge Leute in einem Dorf, als in größeren, geschlossenen Gemeinden wie etwa Schlanders.

Was möchtest du tun, um den jungen Menschen mehr zu bieten, und das Problem der Auswanderung junger, gut gebildeter Südtiroler*innen zu lösen?
Man muss auf jeden Fall schauen, dass die Leute eine Arbeit haben. Das gilt für ganz Südtirol, aber vor allem in ländlichen Gebieten ist es nicht einfach, Arbeitsplätze zu erhalten bzw. zu schaffen. Das ist aber ganz wichtig, denn wenn jemand zuhause im eigenen Dorf Arbeit finden kann, anstatt dafür in eine größere Stadt wie Bozen oder Meran gehen zu müssen, dann macht es das für viele attraktiver heimzukehren. Ein problematischer Punkt sind hier sicher die Unterschiede im Lohnniveau zwischen Südtirol und dem deutschsprachigen Ausland.

Ein weiteres Thema, das junge Leute beschäftigt: Leistbares Wohnen. Gibt es das in Kastelbell auch?
Ich glaube ein Thema ist es überall, in ganz Südtirol, in Kastelbell, und ich sehe es auch in meinem Studienort München. Wir haben in unserem Wahlprogramm festgeschrieben, dass wir uns für leistbares Wohnen einsetzen wollen, wobei man sagen muss, dass das Institut für sozialen Wohnbau in der Hand des Landes ist. Auf Gemeindeebene kann man aber auf jeden Fall bei den zuständigen Stellen einwirken.

Wir haben natürlich auch Kandidaten und Kandidatinnen, die sich für soziale Themen einsetzen, aber ich sehe mich eben mehr im Bauwesen.

Euer Wahlslogan lautet: Wir gestalten Zukunft, gerade jetzt. Wie möchtest du die Zukunft deiner Gemeinde gestalten?
Wir haben ein sehr vielfältiges Wahlprogramm mit Punkten, die ich alle sehr wichtig finde. Aber im Hinblick auf meine Ausbildung und berufliche Tätigkeit würde ich mich vor allem mit der baulichen Entwicklung unserer Gemeinde beschäftigen. Zum Beispiel möchte ich die Fertigstellung des Glasfasernetzes voranbringen, und mich generell um den Erhalt und Ausbau von Infrastrukturen kümmern. Ich glaube, schnelles Internet ist etwas, das wir einfach brauchen, das hat die derzeitige Situation noch mal deutlich gemacht. Hinsichtlich der Umfahrungsstraße Kastelbell-Gasaun wird sicherlich eine bauliche Umstrukturierung des Dorfes eine große Aufgabe der nächsten Jahre sein; durch meine Kenntnisse kann ich mich in die Dorfumgestaltung und Verkehrslösungen gut einbringen. Wir haben natürlich auch Kandidaten und Kandidatinnen, die sich für soziale Themen einsetzen, aber ich sehe mich eben mehr im Bauwesen. Was mir als junge Bürgerin besonders am Herzen liegt, ist, dass die Umsetzung der genannten Projekte immer im Aspekt der Nachhaltigkeit erfolgt.

Apropos Umwelt: Der SVP-Landesrat Arnold Schuler geriet kürzlich unter Beschuss einiger Umweltschützer, weil er Kritiker des Pestizideinsatzes in der Südtiroler Landwirtschaft verklagt hatte. Auch die Gemeinde Mals hat deswegen eine Klage an der Backe. Ist die SVP weniger eine Klimapartei als vielmehr eine Partei für Wirtschaftsinteressen?
Eine Pestiziddebatte, wie es sie im Obervinschgau gibt, ist mir in unserer Gemeinde nicht bekannt. Der Obstbau ist bei uns seit Jahrzehnten Realität und ich sehe das relativ nüchtern als einen Wirtschaftszweig, die Bauern als Unternehmer, die versuchen, gewinnbringend zu wirtschaften. Wenn Pflanzenschutzmittel verwendet werden, die sich als umweltschädlich herausstellen, dann bin ich der Meinung, dass gegen die Verwendung was getan werden muss.

Es gibt bereits Studien, die die Schädlichkeit von Pestiziden belegen, insbesondere im Zusammenhang mit Insektensterben. Einige der Stoffe, die in Südtirol verwendet wurden, sind mittlerweile von der EU verboten worden.
Die Probleme, die es zum Beispiel im Obervinschgau gibt, sind bei uns in dieser Form nicht vorhanden, daher möchte ich zu dieser Debatte lieber jemanden kommentieren lassen, der direkt betroffen ist. Von außen betrachtet finde ich, dass die Debatte zu emotional geführt wird, was nicht sehr gewinnbringend für eine konstruktive Lösung ist.

Sicherlich ist die SVP bei vielen Themen bauernfreundlich. Aber das hängt damit zusammen, dass es der Lebensunterhalt vieler Leute in Südtirol ist, und es wäre daher wirtschaftlich nicht im Sinne unseres Landes, die Landwirtschaft zu hemmen.

Hat die SVP ein Demokratieproblem, wie es ihr vorgeworfen wird, weil die Partei zu lange eine unbestreitbare Machtposition innehat?
Nein, das finde ich nicht. Sicherlich ist die SVP bei vielen Themen bauernfreundlich. Aber das hängt damit zusammen, dass es der Lebensunterhalt vieler Leute in Südtirol ist, und es wäre daher wirtschaftlich nicht im Sinne unseres Landes, die Landwirtschaft zu hemmen. Deswegen hat die SVP aber kein Demokratiedefizit.

Auch euren Gemeinderat dominiert die SVP zurzeit. Glaubst du, der 600-Euro-Bonus wird das in der kommenden Legislaturperiode ändern oder kommt die SVP aus dem Imageschaden heraus?
Das ist schwierig vorauszusehen. Ich fände es aber schade, wenn Bürger vom Skandal, der ja Berufspolitiker betrifft, direkt auf die Gemeinderäte schließt, die ihre Arbeit ehrenamtlich ausführen. Jeder, der seine Zeit zur Verfügung stellen will, um die Bürger im Gemeinderat zu vertreten, will eigentlich was Gutes tun für sein Dorf.

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