Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
Mirjam Hellrigl mag Stilbrüche: Die Leute sollen sich nach ihren Outfits umdrehen. So wie nach ihrem weißen Fliegeranzug. Den sportlichen, lockeren Schnitt kombinierte die junge Modedesignerin bewusst mit einem eleganten Stoff aus Seidensatin. Der Anzug ist Teil ihrer Abschlusskollektion am Wiener Modekolleg.
Die Ausbildung zur Modedesignerin begann Mirjam Hellrigl vor zwei Jahren. 2014 war sie nach Wien gezogen, um Kultur- und Sozialanthropologie zu studieren. Weil das Schneidern zur Leidenschaft geworden war, entschied sie sich neben dem Universitätstudium für die Ausbildung am Modekolleg. Hellrigl und die Teilnehmer ihres Jahrgangs lernten das Nähen von Grund auf: „Als ich mit der Ausbildung begann, konnte ich eigentlich nichts. Und das, was ich konnte, war irgendwie falsch“, sagt die Modedesignerin.
Die Doppelbelastung von Studium und Ausbildung war stressig, doch mittlerweile hat Hellrigl beide Abschlüsse in der Tasche – auch dank der Unterstützung von Familie und Freunden. „Meine Schwestern standen immer als Model zur Verfügung und Freunde fotografierten meine Werke. Ich hatte großes Glück. Allein wäre das viel härter gewesen“, sagt sie.
Ein Vorbild für ihre Abschlusskollektion hat Hellrigl beim Studium der Kultur- und Sozialanthropologie gefunden, in der Person der Amelia Earhart. Die 1897 geborene Earhart war eine Feministin und Flugpionierin. Sie ist der Grund für den Fliegeranzug aus Seidensatin. Hellrigl entwarf den eigenwilligen Einteiler als Hommage an die Amerikanerin.
„Mich beeindruckt, dass sich eine Frau in Zeiten männlicher Autorität über Grenzen hinwegsetzte. Ihre Biografie inspirierte mich, da sie die Leidenschaft fürs Fliegen packte, obwohl sie es sich nicht leisten konnte. Sie hatte 28 verschiedene Jobs, um ihre Pilotenausbildung zu bezahlen“, erzählt Hellrigl. Auch die Medien berichteten zu dieser Zeit über die Frau, die es wagte, sich ans Steuer eines Flugzeugs zu setzen. Als erste Frau wollte sie schließlich fliegend den Äquator umrunden – und verunglückte tödlich.
Hellrigl ließ sich von ihrer Geschichte inspirieren. „Ich will zeigen, dass du als Frau bewusst zu deinem Körper stehen kannst. Es kann ruhig ein wenig körperbetont sein, man kann etwas Ausschnitt zeigen – gleichzeitig soll es aber auch lässig wirken.“ Ihre Entwürfe sind an die Männermode angelehnt, Schnitte mit breiten Schultern und spielerischer Eleganz zeichnen sie aus. „Der erfolgreiche Mann ist mit seiner Kleidung verbunden, mit der Art, wie er sich anzieht und präsentiert.“
Die Modedesignerin freut sich, wenn Freunde und Bekannte ihre Einzelstücke tragen. Für sie machen sie die Welt damit ein wenig bunter: „Wenn Menschen sich anders anziehen, verändert das das Bild einer Stadt. In der Mode gibt es kein richtig oder falsch, aber so viel dazwischen“, sagt sie.
Hellrigl hält nicht viel von den Modeketten in der Meraner Innenstadt. Vielfalt in der Mode und menschenwürdige Produktionsbedingungen sind ihr wichtig, den Trend zu nachhaltiger und fairer Kleidung begrüßt sie: „Vor allem junge Menschen wollen keine Wegwerf-Gesellschaft. Es muss ein Umdenken passieren, auch in der Mode.“
Ein Anliegen, das die Teilnehmer ihres Jahrgangs am Modekolleg teilen. Sie schlossen sich zum Kollektiv „Die Neueren“ zusammen. Das Kollektiv will dem Anspruch der Modebranche, immer schneller und billiger zu produzieren, etwas entgegensetzen. Als ersten Schritt spendete der Jahrgang den Erlös der großen Abschluss-Show am Modekolleg an die Kattunfabrik. Das Label arbeitet mit geflüchteten Textilarbeitern und produziert faire Mode. Auch Hellrigl überlegt, sich in diesem Bereich zu engagieren.
Für die junge Modedesignerin trägt jedes ihrer Outfits ihren Stempel: „So eine Kollektion ist etwas sehr Persönliches, es steckt viel Herzblut drin. Wenn du sie siehst, erkennst du die Handschrift eines Designers. Jedes Teil, das du kreierst, ist ein Kunstwerk.“ Für Hellrigl ist Mode Kunst zum Anziehen.
Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support