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Veröffentlicht
am 16.07.2014
Leute

Kur mit Schmäh

Veröffentlicht
am 16.07.2014
In Meran gaben sich seit jeher prominente Komponisten die Klinke in die Hand. Max Reger war einer davon. Und der gute Mann hatte Sinn für Humor, trotz Burnout und Alkoholproblemen.
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Die ernste Miene täuscht – Max Reger konnte auch anders. Für den Tee verkleidete er sich spontan als Frau.

Der schwer kranke Max Reger (1973-1916) war seit seiner Kindheit Musiker, Pianist, Organist, Kapellmeister und Herausgeber. Der Vater erteilte dem Sechsjährigen Violinunterricht. Mit 17 Jahren nahm Reger sein Studium bei Hugo Riemann in Sondershausen und dann in Wiesbaden auf. Mit 18 Jahren wurde er Lehrer für Klavier und Orgel und schrieb Kritiken für die „Allgemeine Musikzeitung“. In Wiesbaden verfiel er jedoch in tiefe Depressionen, 1898 musste er sich nach Weiden zurückziehen. Erst die Heirat mit Elsa van Bercken 1902 in München stabilisierte den Komponisten. Die folgenden Jahre waren restlos mit Arbeit ausgefüllt, sodass es zum gefürchteten Zusammenbruch des Komponisten kommen musste. Körperliche Defizite, aber auch die Verzweiflung über Misserfolge und Nichtbeachtung trieben ihn zum Alkohol. Nach einem Konzert in Hagen am 28. Februar 1914 erlitt Reger einen Zusammenbruch. Er wurde gezwungen, alle Engagements abzusagen, und die Ärzte verordneten ihm eine Entziehungskur im Sanatorium Martinsbrunn. Die Diagnose lautete: „Hexenschuss, nervöse Erschöpfung, Fettsucht und fragliche Herzerweiterung.“

Am 28. Februar 1914 reiste der Komponist per Bahn nach Meran und wurde mit einem Wagen nach Gratsch gebracht. Das dortige Sanatorium Martinsbrunn war nach 1908 zu einer Nervenheilanstalt geworden. Der Leiter Dr. Norbert von Kaan hatte 1892 ein altes Gebäude erstanden und daraus ein Sanatorium erbaut, das er nach modernen Therapiemethoden leitete: Entspannung in einer ruhigen und naturnahen Umgebung, anregende Gespräche, sportliche Betätigung und Diäten mit wenig Fleisch, aber viel Gemüse und Obst gehörten zur Therapie. Schon bald soll der Musiker wieder äußerst fidel gewesen sein und die Kurgäste unterhalten haben.

In einem Brief an seine Frau Elsa schreibt er:

Liebes Ellalel! Mir scheint, daß ich hier im Sanatorium sehr beliebt bin bei allen. Ich sitze am „Ehrenplatz“ neben der Frau von Kaan, werde mächtig verwöhnt. Gestern gab sie einen Tee, ich stahl den Kuchen und heute wurde unter dem Jubel des ganzen Sanatoriums der Kuchen beim Nachmittagskaffee aufgegessen und Frau von Kaan dazu feierlichst eingeladen. Es herrschte natürlich ungeheure Heiterkeit über ihr grenzenlos verblüfftes Gesicht, als sie ihren gestohlenen Kuchen bei uns sah, hat aber sofort vor Vergnügen einen weiteren Kuchen gestiftet. Dem Sanitätsrat [Dr. Kaan] wird mehrmals in den Sprechstunden gesagt, daß ich sein bester Assistenzarzt sei, indem ich durch meine Späße die Nerven und fast melancholische Kranke so erheitere

Noch ein Zeugnis seines Schmähs verpackt Reger in einem weiteren Brief:

Heute früh spielte ich in der hiesigen Pfarrkirche etwas Orgel; unter den Zuhörern befand sich u. a. auch die Schwester des Königs von Belgien mit ihrem Mann (Prinz von Hohenzollern) und zwei Töchter und Sohn; als ich die üblichen „prinzlichen“ Elogen erntete, erklärte ich der Prinzessin, daß ich zur Entfettungskur in Meran sei, mich schon um eine Stellung als Landbriefträger deshalb hier beworben hätte, dieselbe aber wegen mangelnder Intelligenz leider nicht erhalten hätte! Zuerst großes Staunen, dann großes Halloh, wie sie endlich meinen Ulk merkten – alles dies auf dem Marktplatz zu Meran passiert.

Mehr solcher Anekdoten und mehr über Meran als Musikstadt gibt es in Ferruccio Delle Caves „Meraner Notenspuren. Musik und Gesellschaft in der Passerstadt“ zu lesen, erschienen in der Edition Raetia.

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