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Oscar Fellin aus Brixen hat im Juni an der WFO Brixen maturiert und wird am Tag des Interviews 19 Jahre alt. Er möchte nun die Ausbildung zum Getränketechniker machen und nach vier Jahren Berufserfahrung in München den „Getränkebetriebsmeister“. Seit Jänner 2020 ist er Freiheitlicher Jugendobmann. Nun kandidiert er für den Brixner Gemeinderat.
Oscar Fellin, so jung und schon Politiker?
Ich habe mich immer schon für Politik interessiert. Bei den Landtagswahlen 2008 war ich sieben oder acht Jahre alt und bin immer vor den Wahlplakaten stehengeblieben. An ‘Südtirol ist nicht Italien’ zum Beispiel erinnere ich mich.
Das ist aber die Konkurrenz.
Ja, aber die Plakate haben einen angezogen. Wahlplakate generell, auch das von Pius und Ulli. Ich habe die Slogans gelesen, manchmal eine Viertelstunde lang, meine Mutter stand daneben und musste warten. Vor zwei Jahren habe ich mich dann entschieden, Parteimitglied zu werden.
Wieso die Freiheitlichen, wieso bist du nicht bei der Südtiroler Freiheit geblieben?
Die Freiheitlichen haben mir immer gefallen. Pius vor allem. Zur Südtiroler Freiheit gehe ich sicher nicht. Das Zusammenleben ist mir wichtig. Es ist ein wesentlicher Punkt von uns Freiheitlichen, dass wir ein Konzept für einen Freistaat haben, in dem alle drei Volksgruppen Platz haben. Eine kleine Schweiz.
Ist das realistisch?
Wir dürfen nicht Druck und große Versprechungen machen. Lieber die Vollautonomie ausbauen, und irgendwann dann den Freistaat. Beim Doppelpass wurde ein großer Fehler gemacht. Man hat den Leuten versprochen, morgen kommt der Doppelpass, und dann waren sie enttäuscht, als es nicht so war.
Würdest du um den Doppelpass ansuchen?
Ich würde wohl ansuchen, aber lieber wäre mir ein Südtiroler Pass.
Wir dürfen nicht große Versprechungen machen. Lieber die Vollautonomie ausbauen, und irgendwann dann den Freistaat.
Was sind deine Themen?
Wir wollen eine Einwanderung in das Sozialsystem verhindern. Einwanderer sollen arbeiten und sich einbringen, die Sozialleistungen sollen an Erwerbstätigkeit und Ansässigkeitsdauer angepasst werden. Da das größtenteils Staatskompetenzen sind, brauchen wir mehr Kompetenzen, damit wir bei den ganzen Problemen in Südtirol ansetzen können.
Zum Heimatschutz gehört auch der Umweltschutz. Was man hat, soll man erhalten und ausbauen. Der Brixner Auwald soll gerodet werden, wir sind dagegen. Es gibt ohnehin kaum mehr Auwälder. Wir wollen einen vernünftigen Umweltschutz ohne Diesel-Verbote.
Wie kann man die Jugend in Brixen behalten?
Wir wollen der Jugend in Südtirol die Möglichkeit zum Arbeiten geben und vor allem für leistbares Wohnen sorgen. Man muss das Punktesystem der Wohnbauförderung ändern, damit die Jugend in Brixen bleibt. Man bekommt praktisch erst Punkte, wenn man Familie hat. Das ist zu spät.
Längere Öffnungszeiten in der Stadt an einem Tag der Woche, nicht nur im Sommer. Shuttle-Dienste fördern und die Fraktionen besser anbinden, wir sind für die Seilbahn mit einer Mittelstation in St. Andrä Dorf, die freitags und samstags auch nachts fährt.
Was sagt ihr zur Umgestaltung des Hofburggartens?
Wir Freiheitlichen Brixen sind der Meinung, dass der Hofburggarten von André Heller gestaltet werden sollte. In den letzten zehn, fünfzehn Jahren wurde sehr viel Geld für den Hofburggarten rausgeschmissen. Man muss aber schauen, dass die Einheimischen bevorzugt werden. Zum Beispiel, indem man mit der Summer-Card reinkommt, die man zu einer Jahreskarte ausweiten sollte.
Was ist das Wahlziel in Brixen?
Bei den Landtagswahlen 2018 hatten wir 6,2 Prozent, das Ziel ist 7 Prozent und mehr.
21 Gemeinderatsmitglieder stellen die Freiheitlichen südtirolweit. Parteiobmann Andreas Leiter will die Zahl halten, was wünscht du dir?
Ich wünsche mir ein Plus. Aber wir werden nicht die Welt ‘derreißen’. Wir sind kleingeschrumpft, jetzt müssen wir die Partei wieder gesund aufbauen. Das Wachstum ging damals wahrscheinlich zu schnell.
Beim Rentenskandal verbockte es die SVP, die Freiheitlichen schwiegen und bekamen die meiste Kritik ab, weil sie sich bis dahin als die Saubermänner verkauft hatten. Beim 600 Euro-Bonus trifft es Köllensperger härter als die SVP.
Bei der SVP hat man es sich halt erwartet, beim Köllensperger nicht.
600 Euro sind nicht viel Geld.
Es geht ums Prinzip.
Ich bin neu, ich bin jung, ich habe mit dem Rentenskandal nichts zu tun, und er interessiert mich auch nicht.
Wenn dir einer im Wahlkampf sagt, ihr Freiheitlichen, ihr redet ja auch nur groß rum, ihr hattet auch die Finger in der Marmelade. Was erwiderst du?
Ich bin neu, ich bin jung, ich habe mit dem Rentenskandal nichts zu tun, und er interessiert mich auch nicht. Das ist Vergangenheit. Ich will eine Politik machen, nach der ich mich im Spiegel anschauen kann. Mir wär das zu blöd, wegen dieser 600 Euro jetzt schief angeschaut zu werden.
Wie erlebst du den Wahlkampf?
In der Gemeinde ist es kein großer Kampf, es gibt verschiedene Ansichten, aber ich komme mit jedem SVPler oder Grünem gut zurecht. Es gibt keinen Streit, Streiten bringt uns nicht weiter.
Obmann Leiter sprach vom ‘Hauptgegner SVP’.
Freunderlwirtschaft ist bei der SVP immer dabei, leider. Da muss man dagegenhalten.
Du bist seit Jänner Jugendobmann der Freiheitlichen, was macht ihr da?
Wir melden uns politisch zu Wort, aber es soll auch ums Gesellige gehen. Wir setzen auf soziale Medien, bauen Reichweite auf und investieren etwas Geld aus dem Privatsäckel. Wir zahlen das als Vorstand selbst.
Im Ausschuss der Parteijugend sitzen drei Männer, auf einem Foto mit Unterstützern wart ihr sechs Männer. Warum engagieren sich keine Frauen bei euch?
Ein schwieriges Thema. Man findet ohnehin kaum Junge, die sich politisch engagieren wollen, Frauen sind noch schwerer zu finden. Wir sind im Vorstand aktuell nur Männer, haben in der Jugend aber auch einige weibliche Mitglieder. Zwei sind in letzter Zeit sehr aktiv. Eine kandidiert für den Gemeinderat, die andere besucht viele Parteiveranstaltungen und könnte demnächst auch als Sprecherin in den Vorstand aufgenommen werden.
Junge Menschen sind oft politikverdrossen, meinen, es nützt eh nix. Deshalb, ihr Jungen, geht wählen, wählt junge, dann geht auch was weiter.
Dein Wahlziel?
Schwer zu sagen, es ist ja meine erste Wahl. 200 Vorzugsstimmen, das wäre schon gut. Und irgendwann will ich im Landtag sitzen, da kann man etwas bewegen.
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