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Der Pavillon von St. Michael gleicht einem Miniatur-Dschungel. Grüne Palmen säumen die großen, weißen Buchstaben, die den Namen des Festivals in die Luft schreiben: Jump Out. Unter ihnen spielt gerade „Stadtlicht“, eine Pop-Band aus Wien. Einige Leute sitzen auf den kleinen Couches vor der Bühne, andere trinken etwas an der Theke oder flanieren an den Ständen mit Schmuck und Kleidung vorbei und wieder andere laufen über die gespannte Slackline, die nebenan zwischen zwei Bäumen hängt. Der Eppaner Festplatz erstrahlt in den buntesten Farben. Was der Jugendtreff und die freiwilligen Jugendlichen hier auf die Beine gestellt haben, kann sich sehen lassen.
Das fünf Jahre alte Jump Out – Open Air ist das Baby des Jugendtreffs „Jump“, den es seit mittlerweile 30 Jahren in St. Michael in der Gemeinde Eppan gibt. So wie alle Jugendzentren in Südtirol ist auch das Jump ein Verein, in dem viele ehrenamtliche Mitarbeiter ihre Dienste leisten. Neben den freiwilligen Helfern sind auch zwei hauptamtliche Mitarbeiter eingestellt. Eine davon ist Tanja Stuefer aus Eppan.
Die 28-Jährige arbeitet seit fünf Jahren im Jump und gibt zu, dass der Beruf als Jugendarbeiterin oft eine hohe Frustrations-Grenze verlange. Trotzdem könne sie sich keinen besseren Job vorstellen. „Die offene Jugendarbeit ist einfach total vielseitig. Man hat mit verschiedenen Menschen und Themen zu tun. Ich mache von Menschenarbeit über interkulturelle Arbeit bis hin zu Prävention und Sexualpädagogik alles“, beschreibt sie ihre Tätigkeit. Die Beziehungsarbeit stehe dabei ganz oben auf der Liste. „Man ist hier einfach jemand, der zuhört. Das ist, als würden die Jugendlichen nach Hause kommen“, meint Tanja. Das bestätigt auch Julia, die heute auf dem Festival hilft.
Im Alter von 14 bis 16 hat sie so gut wie jeden Nachmittag im Jump verbracht und kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. „Hier kann man immer viel erleben und die Betreuer sind super. Es werden verschiedenste Projekte geboten: Man fährt zusammen in den Urlaub, macht Radtouren oder Filmabende. Das Jump gibt einem einfach Rituale. Es begleitet die Jugendlichen in der Zeit, in der sie mit den Eltern am meisten Probleme haben und jemanden zum Reden brauchen“, so Julia.
Wenn es in der Gemeinde Eppan immer noch an Plätzen im Freien mangelt, an denen Jugendliche sich treffen, Musik hören oder grillen können, bietet das Jump seinen Besuchern genau das – einen (Frei-)Raum. Bis vor zwei Jahren hatte das Jump jedoch nur einen einzigen Raum zur Verfügung. „Für eine Gemeinde mit 15.000 Einwohnern ist das reichlich wenig“, meint Tanja.
Danach wurde der alte Keller im hinteren Teil des Jugendtreffs renoviert und ausgebaut. Nun können dort etwa Vorträge, Filmabende, kleine Konzerte, Feste oder Parties für Mittelschüler stattfinden. „Durch diesen Ausbau hat sich unser Jahresprogramm um einiges erweitert. Wir haben quasi auch noch Kulturarbeit geleistet, denn im Keller hat auch schon die eine oder andere Ausstellung stattgefunden“, erzählt Tanja. Auch viele junge Erwachsene sind durch den Keller wieder ins Jump gekommen. Denn auch für Leute zwischen 25 und 35 fehle in der Gemeinde ein geeigneter Raum, meint die Eppanerin.
„Den Ruf des Jump gibt es leider nach wie vor. Viele Jugendliche erzählen uns sogar, dass ihnen von ihren Eltern deshalb früher verboten wurde, ins Jump zu kommen.“
Nicht immer ist das Bild des Jugendtreffs so gut, wie es heute auf dem Festivalgelände scheint. Das Jump kämpft bereits seit Jahren gegen sein schlechtes Image. Im Dorf kursieren immer wieder Stimmen, die den Jugendtreff als Drogentreff abstempeln und Tanja und ihren Mitarbeitern die Arbeit dadurch redlich erschweren.
„Den Ruf des Jump gibt es leider nach wie vor. Viele Jugendliche erzählen uns sogar, dass ihnen von ihren Eltern deshalb früher verboten wurde, ins Jump zu kommen.“ Unwissenheit sei dabei das größte Problem. Doch so wie die Jugendlichen seien auch Erwachsene im Jump immer willkommen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. „Oft ist vielleicht die Angst vor den Jugendlichen und den Jugendtreffs größer als der Wille, die Wahrheit zu sehen und zu akzeptieren. Ich weiß es nicht. Wir versuchen diesem Image auf alle Fälle mit viel Öffentlichkeitsarbeit und solchen Veranstaltungen wie dem Jump Out Open Air entgegenzuwirken“, erklärt Tanja. Und genau diese Mühe trägt vor den Toren des Jugendtreffs heute Früchte. Mittlerweile gehört das Jump Out nicht nur zum Jugendtreff in Eppan, sondern zur gesamten Gemeinde.
Auf dem Festgelände, auf dem normalerweise Musikanten in Tracht ihre Musik präsentieren, tummeln sich heute Leute, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Von der jungen Familie mit Kinderwagen oder jungen Rastafaris bis hin zu älteren Eppanern, die hier das Tanzbein schwingen. Neben den Konzerten, die die Besucher bis um ein Uhr nachts unterhalten, gibt es ein breites Rahmenprogramm. Das reicht von Slackline, Calcetto, Tischtennis und einer Zirkuszone über die „Green Zone“, in der es Kaffee, Kuchen, Obst und Fruchtcocktails gibt, bis hin zur „Color Zone“, in der gemalt werden kann und wo heute sogar die eine oder andere Skulptur entstanden ist.
Wenn das Jump Out vor fünf Jahren noch eine Nachmittagsveranstaltung war, ist es mittlerweile auch in der Riege der Südtiroler Festivals anerkannt – auch wenn es immer noch zu den kleinen gehört. Aber vielleicht ist es gerade deshalb so beliebt. Auch Tanja sagt: „Wir sind klein und wollen klein bleiben. Ein nettes Festl für alle eben. Jeder soll sich hier wohlfühlen.“
Von heimischen Gitarrenklängen aus dem Nachbardorf über Pop aus Wien und Blues bis hin zu Reggae kann man auf dem Jump Out dieses Jahr zu allem Möglichen tanzen. Als es dunkler wird, füllt sich die Tanzfläche immer mehr. Alle schnipsen und schwitzen zur Zigeunermusik aus Freiburg, bis das letzte Licht beim Jump Out-Open Air erlischt.
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