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Julia Tappeiner
Veröffentlicht
am 04.09.2020
LeuteJung und Gemeindewahlen

„In Brixen fehlt die Alternative“

Veröffentlicht
am 04.09.2020
Stefan Unterberger ist mit nur 18 Jahren bereits Spitzenkandidat der Süd-Tiroler Freiheit in Brixen. Er will konservative Politik für junge Menschen betreiben.
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Stefan Unterberger kandidiert bei den Gemeinderatswahlen in Brixen für die Partei Süd-Tiroler Freiheit. Gerade mal 18 Jahre jung, ist der Schüler der Wirtschaftsfachoberschule (HOB) bereits von seiner Partei als Spitzenkandidat aufgestellt worden. Trotz des jungen Alters sind die politischen Ansichten Unterbergers für eine Generation, die auf dem politischen Parkett mit “Friday 4 Future”-Demonstrationen auffällt, eher untypisch.

Stefan, du trittst zum ersten Mal bei Gemeinderatswahlen an. Warum hast du dich entschieden, aktiv in die Politik zu gehen?
Ich bin schon seit drei Jahren Mitglied der Landesjugendleitung der Süd-Tiroler Freiheit und konnte also schon einiges an politischer Erfahrung sammeln. Ich dachte mir: Im Eisacktal fehlt es an politischer Alternative. Und diese wollen wir zur Verfügung stellen.

Warum trittst du gerade für die Süd-Tiroler Freiheit an?
Weil es die Partei ist, der ich mich politisch am besten zuordnen kann. Ich habe zwar Verwandtschaft im Edelweiß, aber ich bin gegen diese ganze Vetternwirtschaft und kann diese Partei daher nicht unterstützen.

Deine Partei gilt als konservativ – keine Haltung, die man bei jungen Leuten verortet.
Ich muss ganz offen zugeben: Ich bin auch konservativ. Also da sehe ich kein Problem- Wir haben viele aktive junge Mitglieder, die verschiedene Aktionen durchführen, und wir kommen bei den jungen Leuten relativ gut an.

Die Gemeinde Brixen dominiert traditionell das Edelweiß. Glaubt ihr, mit dem 600-Euro-Bonus-Skandal einige SVP-Wähler zu euch ins rechte Lager ziehen zu können?
Ich finde, da muss man vorsichtig sein mit Prognosen. Bei den Landtagswahlen hatten wir uns ebenso erwartet zu gewinnen, und haben dennoch verloren. Es ist daher schwer, sich auf Zahlen zu fixieren. Eine Folge, die ich mir allerdings erwarte, ist ein Rückgang der Wahlbeteiligung, weil die Leute von der Politik die Schnauze voll haben werden. Und das führt natürlich zu einem riesen Vertrauensverlust.

Warum sollten die Bürgerinnen und Bürger euch Vertrauen schenken?
Wir sind eine junge und motivierte Liste, die etwas bewirken und verändern will. Wir haben uns keine Ausrutscher erlaubt wie gewisse andere Parteien, wir sind unserer Linie treu geblieben und haben uns immer für das Wohle des Bürgers eingesetzt.

Mit deinen 18 Jahren, und obwohl du zum ersten Mal bei Wahlen in Südtirol antrittst, giltst du bereits als Spitzenkandidat. Wie kann ein Politiker mit wenig Erfahrung dennoch einen wichtigen Beitrag leisten?
Das wichtigste ist, dass man eine Ideologie und eine Überzeugung hat, und nicht nur aus Protest oder Opportunismus antritt. Genau das hat mich bei Leuten aus meiner Verwandtschaft enttäuscht, die sofort in die SVP eingestiegen sind, weil es einfach die Partei mit den besten Chancen ist. Aber damit wird man nichts verändern, das System wird immer so weitergeführt.

Wie sieht deine Ideologie aus? Und wie möchtest du Brixen verändern?
In Brixen fehlt die Alternative, denn bisher hat man von den Oppositionsparteien in Brixen wenig zu hören bekommen. Genau diese wollen wir bieten. Außerdem möchten wir mehr Bürgerbeteiligung fördern. Das ist zum Beispiel im Projekt Hofburggarten wichtig.

Das Projekt ist zurzeit ein heißes Eisen in Brixen. Was schlägst du vor?
Umfragen zeigen, dass die klare Mehrheit der Brixner dagegen ist. Wir sollten daher die Leute über das Projekt abstimmen lassen und ihnen die Möglichkeit geben, sich über einen Vertreter an die Gemeinde zu wenden.

Ein Thema, bei dem du sehr aktiv bist, ist Mobilität.
Genau, mir ist es wichtig, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird. Das habe ich auch gefordert, und konnte bisher erreichen, dass die Gemeinde ein Expertenteam engagiert hat, um endlich mal etwas voranzubringen. Was mir auch wichtig ist: Die Betriebe in der Innenstadt dürfen nicht vergessen werden. Aus diesem Grund meine Forderung der Innenstadtkarte, damit die Leute wieder vermehrt in das Stadtzentrum gehen und der Stadtkern wieder aufblüht. Man sollte das historische Stadtbild erhalten, anstatt es mit irgendwelchen modernen Würfelbauten zu verändern.

Du gehörst der Generation „Fridays for Future“ an. Doch Klima ist kein zentraler Punkt der STF. Wie wichtig ist dir Umweltschutz?
In meiner Klasse war es teilweise so, dass Lehrer die Schüler aufforderten, an den Demonstrationen teilzunehmen. Das finde ich falsch, weil man niemandem aufzwingen kann, für etwas zu demonstrieren, von dem man nicht überzeugt ist. Natürlich, wenn man zu einem Thema steht, dann soll man auch an Demonstrationen teilnehmen, denn davon lebt die Demokratie.

Du selbst bist aber nicht von der Klima-Bewegung überzeugt?
Ich bin selbst in Meran und in Tschötsch Müll aufsammeln gewesen, das Thema ist mir also schon wichtig. Denn Umweltschutz ist auch Heimatschutz. Aber ich habe andere Prioritäten.

Wie willst du die Jugend fördern?
Ein Problem in diesem Zusammenhang ist sicherlich der leistbare Wohnraum. Woran man auch arbeiten muss, ist die Bürokratie. Wenn ein junger Mensch sich selbstständig machen will oder sich seinen Lebenstraum verwirklichen, stehen ihm viel zu viele bürokratische Hürden im Weg. Man soll die Jugendlichen fördern, anstatt ihnen einen Klotz ans Bein zu hängen.

Steckenpferde der STF sind unter anderem der Erhalt der Tiroler Kultur und die Selbstbestimmung. Nun ist aber kulturelle Vielfalt Realität in Südtirol.
Ja, sicherlich. Mir ist es nur wichtig, dass unsere Schutzmaßnahmen als Minderheit erhalten bleiben. Wenn wir jetzt anfangen, gemischtsprachige Schulen einzuführen, dann haben wir ein Problem. Das hat man in der Aosta oder im Elsass gesehen, wo genau das geschah und dadurch die beheimatete Kultur nach und nach verschwunden ist.

Das Grödner Model zeigt das Gegenteil: Gemischtsprachige Schulen haben dort nicht zum Rückgang der Kultur geführt, die meisten Ladiner sind perfekt dreisprachig.
Die Ladinische Schule war immer ein Sonderfall. Aber auch dort sieht man, dass die Ladiner langsam, aber sicher, ihre Identität verlieren. Das ist schade, denn die Ladiner waren die ursprüngliche Volksgruppe Südtirols. Sie gehört genauso geschützt, wie die deutsche Volksgruppe.

Ihr sprecht euch für die „Schleifung faschistischer Hinterlassenschaften“ aus. Das Thema ist zurzeit weltweit in den Schlagzeilen. Welchen Umgang mit solchen Denkmälern befürwortest du? Herunterreisen, wie es in den USA vielfach bei Protesten passiert ist, oder in den historischen Kontext setzen, wie das Siegesdenkmal in Bozen?
Die Schanddenkmäler, die immer noch herumstehen, sind eine unglaubliche Beleidigung für die deutsche Sprachgruppe. Zum Beispiel das Denkmal von Heinrich Sader in Brixen, das zum einen den Imperialismus verherrlicht und zum anderen Südtiroler als italienische Kriegshelden verkauft, obwohl sie oft nicht freiwillig in den Krieg gezogen sind. Ich finde es richtig, einen Teil der Geschichte zu erhalten, denn wenn man Geschichte nicht erhält, versteht man die Gegenwart nicht. Das kann man in Form einer Gedenktafel oder sonstigen Dokumentation machen, aber die Denkmäler selber sollte man entfernen.

Zuletzt ein Geist der Vergangenheit, der Gegenwart und wohl auch der Zukunft in der Politik: Das Coronavirus. Wie beurteilst du den Umgang Südtirols damit und was würdest du anders machen?
Die Coronakrise war besonders für junge Leute eine große Herausforderung, denn sie wurden gerade in ihrer Entwicklungsphase stark eingeschränkt. Ich glaube, in dieser Zeit sind viele Menschen aufgewacht und haben gesehen, wie schlecht es um unser Gesundheitssystem steht. Ich glaube, es hat in keinem nördlichen Nachbarsland eine derartige Belastung der Krankenhäuser gegeben, und in Italien gab es auch eine weitaus höhere Sterblichkeitsrate als in Tirol und im restlichen Österreich. Es ist fast schon ein Skandal, dass wir vor Corona nur 35 Intensivbetten hatten. Da sieht man wieder, dass Italien ein Klotz am Bein ist.

Das Autonomiestatut ermöglicht Südtirol eigene Gesetzgebungsbefugnisse im Bereich Gesundheit und Hygiene, man kann also nicht allein Italien zur Verantwortung ziehen.
Italien ist deswegen ein Klotz am Bein, weil einfach die gewissen finanziellen Mittel fehlen. Das wird in Nordtirol besser gehandhabt. Natürlich ist nicht immer Italien schuld, manchmal verbocken es auch unsere Leute. Aber Italien hat die deutschen Ärzte rausgeschmissen, weil sie nicht zweisprachig sind, und stattdessen werden immer mehr italienische Ärzte in die Sanität eingeschleust, auch wenn diese nicht deutsch sprechen. Das ist natürlich in Zeiten des Ärztemangels sehr problematisch.

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