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Für eine Fernsehsendung. Dafür würde sie gerne mal Cocktails mixen, sagt sie und lacht. Marion Reichegger ist Barkeeperin und machte sich vor Kurzem selbstständig. Vor sieben Jahren hat sie ihren ersten Cocktail-Kurs gemacht, dann zog es sie hinaus in die Welt. Eine Zeit lang arbeitete sie auf hoher See, dann in Südtiroler Hotelbars. „Dort konnte ich mein Talent aber nie richtig ausleben, weil die Nachfrage nach kreativen Cocktails nicht da war“, sagt die gebürtige Uttenheimerin, die seit zwei Jahren in Bozen lebt. Sie sitzt mir gegenüber auf der Terrasse der „Platzl“-Bar am Eggentaler Kreisverkehr. Obwohl sie selbst gerne Cocktails trinkt, genießt sie heute lieber einen Espresso, während sie mir einen Einblick in die Barkeeper-Szene gibt.
Gibt es eine eigene Barkeeper-Ausbildung oder wie hast du das Handwerk erlernt?
Es gibt viele verschiedene. Ich habe bevorzugt, nicht nur eine zu machen. Ich habe in Zell am See einen dreiwöchigen Barkeeperkurs gemacht, dann bin ich nach Graz und habe bei Martin Schlammberger einen Privatkurs gemacht. Es ging ums Flairbarkeeping, also Barkeeping mit Flaschen werfen. Das hat mir sehr geholfen, denn er hat mir den Kontakt zur Österreichischen Barkeeper Union hergestellt. Dadurch bin ich auch wieder zu neuen Kursen und Workshops gekommen. Ich nehme auch regelmäßig an Cocktailwettbewerben teil.
Wie viele Cocktails sind in deinem Repertoire?
Es ist schwierig zu sagen, weil ich jedes Mal etwas Neues erfinde. Ich beherrsche um die 200 klassische Cocktails. Die sind aber nicht so schwierig zu merken, weil viele ähnlich aufgebaut sind und sich nur die Spirituosen ändern.
Die anderen entwickeln sich, wenn ich neue Aufträge oder Wettbewerbe habe. Vor Kurzem sollte ich bei einer Hochzeit ein Getränk zwischen Vor- und Hauptspeise servieren. Ich habe Tomaten und Paprika geklärt und mit Limette und Zuckersirup einen Cordial (Anm. der Redaktion: Sirup) gemacht, den ich dann mit Gin mischte. Er kam in kleine Vasen mit einem Schleier drauf, das war die Braut. Der Cocktail mit Basilikum und einem Zylinder aus Avocado war der Bräutigam. (grinst)
Was ist dein Lieblingsgetränk?
Ich mag total gerne sauer. Whisky Sour, Gin Sour …
Was muss ein guter Drink haben?
Er muss gut abgestimmt sein, die Balance muss passen, das Aroma und natürlich der Geschmack. Man soll nicht nur ein Aroma herausschmecken und er darf meiner Meinung nach auch nicht zu stark sein. Die klassischen Cocktails sind zwar alle ziemlich stark, aber momentan mögen das die Leute nicht so gerne. Ich finde es auch nicht gut, dann sind sie gleich fetzvoll. Dann muss man auch wissen, wie zum Beispiel die verschiedenen Ginsorten schmecken. Denn nicht mit jedem Gin kann man den gleichen Cocktail mixen.
Welcher Drink darf im Sommer nicht fehlen?
Schwierig. Ich muss überlegen. (denkt nach). Was ich immer gerne mache ist mein eigener Cocktail, die Amelie. Damit habe ich den zweiten Platz beim Wörthersee Cocktail Cup gemacht. Er ist mit Maracuja, kaltem Minztee, drei Löffel Kaffee und Limette. Er ist sehr erfrischend und mal was anderes.
Du hast dich mit einem Cocktail-Catering selbstständig gemacht. Wie läuft es ab, wenn man dich bucht?
Ich werde meistens auf Firmenfeiern, Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und privaten Feiern gebucht. Die Gastgeber sagen vorab, welche Cocktails ich machen soll. Bei einer Veranstaltung durfte es zum Beispiel nichts Hochprozentiges sein, bei einer durfte es nur Gin sein, bei einer nur Biercocktails.
Wie macht man denn Biercocktails?
Man macht sie ganz normal wie andere Cocktails. Der Unterschied ist, dass sie leichter sind. Ich verwende frische Früchte, Pompelmo-Saft, schwarzen Holundersirup und habe Kirsch- oder Erdbeerradler gemacht.
Gibt es etwas, das in einem Cocktail gar nicht geht?
Nein, das gibt es nicht. Man kann alles nehmen. Das Cocktailmixen hat viel mit der Küche zu tun. Was harmoniert gut zusammen? Erdbeere mit Balsamico zum Beispiel.
Auf den Fotos sieht man, dass du dir auch immer etwas Ausgefallenes einfallen lässt. Sei es bei den Cocktails oder beim Outfit …
(lacht) Ja, das stimmt. Es gibt immer verschiedene Themen. Einmal war Movienight. Da waren das Outfit, die Cocktails und die Musik an das Motto angepasst.
Feierst du bei Events selbst auch mit?
Nein. Es ist anstrengend, weil man sich sehr konzentrieren muss und während der Arbeit Alkohol trinken ist tabu. Es ist schließlich ein Job, den ich jeden Tag mache.
Wenn jemand an die Theke kommt, ahnst du da schon, was er bestellen wird?
Manchmal schon. Es gibt Leute die immer nur dasselbe trinken.
Sind Menschen nach ihrem Trinkverhalten kategorisierbar? Gibt es den typischen Biertrinker, den typischen Weintrinker und den typischen Cocktailtrinker?
Es gibt Leute, die nur Bier oder nur Wein trinken. Bei den anderen ist es schwierig zu kategorisieren. Ich glaube, ältere Leute trinken das, was sie kennen, sie haben ihre Gewohnheiten. Leute, die studieren, die ein bisschen herumkommen, sind viel offener und kennen auch schon viele Cocktails.
Als du früher noch klassisch hinter der Theke gearbeitet hast, musstest du da auch ein Stück weit Psychologin sein?
Im Hotel redet man mit den Gästen über das Wetter, in der Kneipe ist man Psychologin. Da kommen die Leute und erzählen, wie viel sie Geld ausgegeben haben, in welchem Krankenhaus sie waren … Einmal, das war total traurig, hat mir ein alter Mann erzählt, dass seine Frau gestorben ist. Er sagte, er vermisst sie so sehr, er wird jetzt 90 und darauf freut er sich, weil das eine große Party wird. Aber danach will er nur noch sterben, um seine Frau wieder zu sehen. Das hat mir total leid getan.
Was war hingegen das Lustigste, was du bei deiner Arbeit hinter der Theke miterlebt hast?
(lacht) Es gibt einige Sachen, wo wir sagten: Ist das möglich? Einmal kam einer, der bestellte Ciroc – das ist ein Vodka – mit Gin. Und ich sagte: Bitte? Ciroc mit Gin. Ich fragte nochmal, ob er sicher sei und er meinte nur: Ich habe einen Ciroc mit Gin bestellt, krieg ich den jetzt? Als er getrunken hatte, fragte er gleich, was ich ihm denn da gemixt habe. Er hat Gin mit Tonic verwechselt. (lacht)
Was glaubst du, wird der Sommerdrink 2015?
Speakeasy ist der Trend der letzten fünf Jahre. Die Barkeeper besinnen sich wieder zurück auf die alten Cocktailrezepte. Sie tragen lange Bärte und Hosenträger … Das ist alles im Stil der 1920er. Damals gab es keinen Vodka, sondern nur Whisky und Gin. Der momentane Trend ist deshalb Gin. Ich glaube diesen Sommer ist Gin Tonic der Renner.
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