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Markus Eder flitzt auf winzigen Skiern über den Schnee und grinst dabei frech in die Kamera. Die schwarz-weißen Bilder sind knapp zwei Jahrzehnte alt. Nach einem Schnitt sind nicht nur die Skier auf der Leinwand gewachsen, sondern auch Markus Eder selbst. Steil wie eine Wand fällt die weiße Schneeplatte vor seinen Skiern ab. Weiter unten stechen dunkle Steine ins Auge, die immer wieder einmal aus der Schneedecke ragen. Ein Helikopter über Markus Eder wirbelt weißen Staub auf, bevor er wegfliegt und der Red Bull Athlet sich den Hang hinunterstürzt. Die Bilder aus Wanaka in Neuseeland sind zwei Jahre alt. 2013 gewann der Pusterer Freeski Slopestyler dort die World Heli Challenge.
Fast genauso lange ist es her, dass die Macher der „Freestyle Stories in South Tyrol” mit dem Filmen der Dokumentation begonnen haben, die nicht nur die Geschichte von Markus Eder erzählt, sondern auch die der Südtiroler Freestyle-Sportler Simon Gruber, Silvia Bertagna, Armin Holzer und Stefan Lantschner. Das Team um die Produktionsfirma zukunvt hat es zusammen mit einigen Partnern und Regisseurin Nora Serani geschafft, das nach Südtirol zu bringen, was es andernorts schon länger gibt: Einen Dokumentarfilm über die Freestyle-Sportler des Landes. Im Film, der im Bozner Filmclub seine Kinopremiere feierte, sprechen die fünf Protagonisten über ihre Leidenschaft, die Heimat und natürlich den Sport.
„Für mich ist die Heimat immer das Highlight der Saison. Für Freeskier ist unser Land einfach ein Paradies”, sagt Markus Eder.
Aus den Boxen im Kinosaal dröhnt die Stimme von Markus Eder, der seine ganz persönliche Freestyle-Geschichte erzählt – davon, dass Skifahren ihm Freude am Leben bereitet. Vom Sitzplatz in der hinteren Reihe des Filmclubs lässt sich das umgekehrt aufgesetzte Red Bull Cappie des Sportlers ein paar Reihen weiter vorne erahnen. Was er für ein Gesicht macht, wenn er sich selbst auf der Leinwand sieht, kann man sich spätestens dann vorstellen, wenn man den braungebrannten Pusterer zum Interview trifft. Seinen Dialekt hat er trotz der vielen Zeit im Ausland nicht verlernt. Südtirol und die Alpen sind für den Freeskier der „place to be“, wenn man die Sportarten betreibt, die kurz zuvor auf der Leinwand vorgestellt wurden.
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https://api.soundcloud.com/tracks/226971069
Zurück im Kinosessel. Nach einem weiteren Schnitt wird man erneut einige Jahrzehnte zurückgeworfen. Über die Leinwand rast nun die vier Jahre alte Version von Stefan Lantschner. Bereits als kleiner Bub wollte er nicht nur einfache Strecken bewältigen: mit dem Rad über kleine Erdhügel vor seinem Ebenhof in Steinegg zu rasen war ihm lieber. Etwas später kam dann die eigene Mini-Ramp im Stadel dazu und mittlerweile ist der BMX-Fahrer in den Skateparks der Welt zuhause. Dort versucht er für seinen persönlichen Freestyle immer und immer wieder eins mit seinem Rad zu werden. „Nur dann kann ich am Ende mit dem nach Hause gehen, was ich vor dem Training gesucht habe: Das Gefühl, frei zu sein”, erklärt Lantschner, der in der Menge an Cappies, Baggiehosen und zerzausten Haaren etwas brav aussieht mit seinem streng zugeknöpften, karierten Hemd. Auf die Frage, was Freestyle für ihn bedeutet, ist schnell eine Antwort gefunden:
https://api.soundcloud.com/tracks/226971071
Lantschner ist überall auf dem Planeten unterwegs. Er wohnt mittlerweile in Barcelona, hat Freunde aus aller Welt. „Bei diesem Dreh war ich nur unter Südtirolern. Etwas Besonderes. Schließlich sind auch wir Südtiroler eigene Leute”, grinst er. Vielleicht ist es genau diese Eigenheit, die die fünf Südtiroler für Freestyle-Sportarten begeistert, bei denen sie ihre Individualität auch leben können. „Original sein und das tun, was einem gefällt”, so beschreibt Lantschner im Film das Gefühl noch einmal anders.
Neben Eder und Lantschner zeigt die Dokumentation auch die persönlichen Geschichten von Slackliner Armin Holzer und dem Sportler-Pärchen Silvia Bertagna und Simon Gruber. Nicht für jeden der fünf kann der Sport der einzige Lebensinhalt sein, auch das bringt die Doku auf die Leinwand. Die einzige Frau im Bunde, die Grödner Slopestylerin Silvia Bertagna, betreibt neben dem Sport auch ein Bekleidungsgeschäft und muss daher das ein oder andere Mal auf das Training verzichten. Trotzdem ist sie die beste Italienerin auf ihrem Gebiet und genießt es umso mehr, in der knapp bemessenen Freizeit auf den Skiern zu stehen und sich frei zu fühlen. „Ich liebe es, beim Skifahren durch die Luft zu fliegen, dann bin ich glücklich und zufrieden”, meint sie und grinst.
Neben dem Spaß ist für die fünf Protagonisten des Abends Freestyle vor allem eines: frei sein. Ein Gefühl, das die Filmbilder an diesem Abend zeigen, die Extremsportler selbst aber schwer in Worte fassen können. Ein Gefühl, das über die Sportart hinausgeht und die Menschen verbindet, die sie ausüben. Ob auf Skiern, dem Snowboard, einem BMX-Rad oder einer Slackline, jeder kann sich auf seinem Gebiet und auf seine ganz persönliche Art und Weise Ausdruck in der Bewegung verschaffen und den Alltag dabei vergessen. Der Freestyle macht jeden einzelnen der fünf Sportler zu Originalen. „Freestyle verbindet uns einfach. Es gibt keine Vorgaben, nur das Risiko und unsere Kreativität – bei welcher Sportart auch immer. Das spielt eigentlich gar keine Rolle”, meint BMX-Fahrer Stefan Lantschner.
Das Gefühl der Leichtigkeit, das die fünf Protagonisten immer wieder beschreiben, ist regelrecht spürbar, wenn man mitten in der Masse an relaxten Menschen im Bozner Filmclub steht. Der Freestyle-Lifestyle wird an diesem Abend nicht auf irgendwelchen Halfpipes oder Schneemassen gelebt, sondern direkt in den Räumen des Bozner Capitols, wo 70 Minuten Lebensgeschichten in atemberaubenden Bildern auf die Leinwand projiziert wurden. Einblicke, die im Laufe des Films verstehen lassen, was diese fünf Sportler aus völlig verschiedenen Richtungen am Ende doch wieder vereint.
Nächste Vorstellungen:
Heute Abend in Meran
30. Oktober um 20.20 Uhr auf RAI Südtirol
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