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Manchmal da nervt Elisa dieses ständige Ticken. Dieses leise tick, tick, tick … Rund um die Uhr, Tag und Nacht, im Sekundentakt. Doch die Neunjährige weiß auch, dieses Ticken rettet ihr Leben. Es ist das Geräusch ihrer künstlichen Mitralklappe.
Elisa kam mit einem Herzfehler zur Welt. Damit ist sie nur eines von 50 bis 60 Kindern, die in Südtirol jährlich mit einem Herzfehler geboren werden. Jedes Dritte davon muss bereits im ersten Lebensjahr operiert werden. Bei manchen Kindern reicht diese eine OP, manche sind ein Leben lang krank. Wie Elisa.
Elisa ist sechs Jahre alt, als ihre Eltern Silke und Marco bemerken, dass mit ihrer Tochter etwas nicht stimmt. Beim Schwimmen sehen sie deutlich das Herz ihrer Tochter in der Brust schlagen. Seltsam, denken sie, bei anderen Kindern zeichnet sich das Herz nicht unter der Brust ab. Sie fahren ins Krankenhaus. Diagnose: Mitralklappeninsuffizienz. Eine der vier Herzklappen arbeitet nicht richtig. Elisa muss sofort operiert werden.
„Eine Welt brach zusammen“, erinnert sich Mama Silke. Wie für andere betroffene Familien ändert sich das Leben von Familie Baliello ab diesem Moment schlagartig. Kaum eingeschult, muss das Mädchen zum ersten Mal in Padua am offenen Herzen operiert werden. Für Mutter und Vater eine emotionale Ausnahmesituation. Verbunden mit Ängsten, vielen Zweifeln und noch mehr Fragen. „Da standen wir nun und wussten nicht, was da überhaupt abläuft“, sagt die Lananerin.
Vier Jahre später, am 18. März dieses Jahres, wird Elisa zum dritten Mal am offenen Herzen operiert. Diesmal bekommt sie im AKH in Wien eine künstliche Mitralklappe eingesetzt. Anfangs verläuft alles gut, doch dann gibt es plötzlich Komplikationen. Not-OP. Für ihre Mutter ein Schock: „Es war schlimm. Ich bekam kaum noch Luft.“ Die Not-Operation verläuft gut. Elisa darf wie nach jeder OP wieder nach Hause. Aber dieses Mal ist es anders. Vorher musste sie zwar auch Medikamente nehmen, ab jetzt aber auch Blutverdünnungsmittel. Selbst kleine Verletzungen können nun schnell gefährlich werden. Deshalb muss sie sich regelmäßig mit einer Nadel in den Finger piksen, einen Tropfen Blut auf einen Teststreifen geben und den Blutverdünnungswert kontrollieren.
Normalerweise müsste sie dazu ins Krankenhaus, doch der Verein Kinderherz stellt der Familie das Gerät zum Testen des Blutverdünnungswertes zur Verfügung. Und nicht nur dabei unterstützt der Verein für Herzkranke Kinder die Familie.
Der Verein Kinderherz bietet Familien mit herzkranken Kindern aktive Hilfe. Er unterstützt die Mitglieder mit Geräten, Übernachtungskosten bei Operationen usw, um zumindest einen Teil der Spesen zu decken. Zudem bietet er einen wichtigen Austausch für Eltern, Kinder und Geschwisterkinder.
Anfangs nur eines der 200 Mitglieder, ist Silke seit drei Jahren auch Vorstandsmitglied des Vereins. Zurzeit arbeitet der Verein an neuen Projekten wie einer Kampagne in Zusammenarbeit mit Frauenärzten. „In den vergangenen Jahren wurden leider viele Kinder, bei denen ein Herzfehler im Mutterleib diagnostiziert wurde, abgetrieben. Das ist schlimm.“ Der Verein will aufklären und betroffene Familien ermutigen, den Weg mit ihren Kindern zu gehen. „Es ist gewiss nicht immer einfach, aber man erlebt auch wahnsinnig viele schöne Momente“, sagt Silke.
„Kindern wie Elisa sieht man nicht an, dass sie krank sind. Aus diesem Grund werden sie in der Schule auch häufig gemobbt.”
Vor einem Jahr hat sie zusammen mit Daniel Volpi vom Weißen Kreuz Lana das Projekt „Lana läuft“, ein Lauf zugunsten herzkranker Kinder in Südtirol, gestartet. „Wir wollen sensibilisieren“, erklärt Silke. „Kindern wie Elisa sieht man nicht an, dass sie krank sind. Ihre Behinderungen sind im Körper. Wenn ein Kind humpelt oder im Rollstuhl sitzt, versteht ein anderes Kind, dass es krank ist. Aber bei einem Herzfehler sieht man das nicht“.
Elisa kann durch ihren Herzfehler gewisse Dinge nicht machen. Sie kann eben nicht so schnell laufen, darf nicht springen, wird schneller müde und hat oft Kopfweh. Das verstehen andere Kinder nicht immer. „Aus diesem Grund werden herzkranke Kinder in der Schule auch häufig gemobbt“, weiß Silke, die zusammen mit dem Vorstand des Vereins Kinderherz ein neues Projekt an Schulen gestartet hat. Auch Elisa hatte es eine Zeit lang nicht leicht in der Schule.
„Irgendwann habe ich gesagt, ich habe keine Lust mitzumachen, anstatt immer nur zu sagen, ich kann wegen meiner Krankheit nicht mitmachen“, erklärt das Mädchen. Elisa hat in ihrem jungen Leben schon viel durchgemacht. Trotzdem kann sie meist gut und positiv mit der Krankheit umgehen. „Ich lebe einfach so wie gesunde Mädchen auch“, sagt sie selbstbewusst.
Elisa ist durch und durch ein Herzkind, eine Frohnatur, sehr sozial. Trotzdem hat sie manchmal auch schlechte Momente. Wenn sie zum Beispiel kurz vor dem Einschlafen ist und das Ticken in ihrer Brust sie einfach nur nervt. Halt findet sie bei ihrer Familie und ihren zwei besten Freundinnen, die auch am Herzen operiert wurden. „Sie verstehen mich am besten“, sagt Elisa, während sie ihren Teddybären festhält. Sie hat ihn vor der OP geschenkt bekommen. Er trägt die selbe Narbe auf der Brust wie sie.
Elisas Familie hat gelernt, mit Elisas Krankheit zu leben. Sie versucht, den Alltag trotz Krankheit so normal wie möglich zu gestalten und immer positiv zu denken, obwohl es manchmal schwierig ist. In einigen Momenten kommen auch die stärkste Mama und der stärkste Papa an ihre Grenzen. Und auch die 7-jährige Anna nimmt die Krankheit ihrer Schwester manchmal mit. „Aber man entwickelt immer wieder Kräfte, von denen man nicht wusste, dass man sie hat“, erzählt Silke.
Jetzt heißt es abwarten, wie sich die Mitralklappe mit den Jahren entwickelt. Elisa wird regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen müssen, irgendwann folgt vielleicht eine weitere OP. Im Mai wird Elisa zehn Jahre alt. Trotz ihrer Krankheit geht es ihr heute relativ gut. Äußerlich erkennt man nicht, dass sie krank ist. Bis auf die Narbe auf ihrer Brust und das leise Ticken, wenn man genau hinhört.
Bis 27. April können sich Teilnehmer für Lana läuft anmelden. Für ganz Kurzentschlossene gibt es auch Restplätze vor Ort.
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