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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 20.09.2018
LeuteAmateur-Jockey Klaudia Freitag

Ein Leben auf vier Hufen

Veröffentlicht
am 20.09.2018
Klaudia Freitag verbringt jede freie Minute im Stall bei ihren Pferden. Ein kostspieliges Hobby, aber gleichzeitig eine Leidenschaft, die sich auszahlt, ist sich die Amateurreiterin sicher.
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Die Sonne wirft ihre ersten Strahlen auf die Bergspitzen rund um Meran. Obwohl die Vögel erst angefangen haben zu zwitschern, steht Klaudia Freitag schon im Stall bei ihren Pferden. „Man kann mein Hobby mit dem Job eines Bauern vergleichen“, sagt sie und grinst. Dann streicht sie dem Hengst Burggraf über seine weiße Stirn und putzt ihm mit einem sauberen Handtuch die Nase.

Das kleine, blonde Mädchen aus dem Passeiertal war erst sieben Jahre alt, als es auf den Pferden der Freunde vom benachbarten Hof seine ersten Reitversuche startete. Sechs Jahre später nahm Klaudia an ihrem ersten Rennen teil. Zum Trainieren durfte sie mit ihrem Haflinger schon damals mehrmals in der Woche in den großen Stall im Meraner Rennstallweg. „Die großen Pferde hier haben mich sofort begeistert“, erinnert sie sich, „die sind einfach schneller und temperamentvoller als ein Haflinger.“ Bis Klaudia ihr erstes eigenes Rennpferd Careless Dream kaufte, vergingen aber noch einige Jahre. Irgendwie wollte ihr bis dahin kein Trainer Vertrauen schenken. 1999 gelangen der Amateurreiterin schließlich sechs Siege in einem Jahr. Ein Erfolg, der ihr Respekt in der Szene und vor allem vor sich selbst einbrachte.

83 Siege, 89 zweite und 103 dritte Plätze

Burggraf steckt seine Nase aus der Box und wiehert laut. Heute hat Klaudia ihn bereits am frühen Morgen ausgeritten, geduscht und gefüttert. Nun folgt die zweite Ladung an eingeweichtem Hafer. „Meine Pferde kriegen zwischen sechs und sieben Kilo Futter am Tag“, erklärt sie. Weil das Pferd drei kleine Mägen hat, sollten die Rationen über den Tag verteilt werden.

nasser Hafer ist ein Teil des Futters

Für die Haltung von einem einzigen Pferd rechnet die Reiterin circa 1.000 Euro im Monat. In Klaudias Stall stehen momentan vier Hengste. Drei davon trainiert sie selbst, einen hat ihre Schwester Manuela übernommen. Ihre Karriere als Amateurreiterin hat Klaudia nun mit 53 Jahren an den Nagel gehängt. Ihre Pferde werden nur noch von Berufsjockeys geritten. 83 Siege, 89 zweite und 103 dritte Plätze haben ihr gereicht.

„Die Pferde sind Hochleistungssportler, die nicht nur den perfekten Trainingsplan, sondern auch eine individuelle, tägliche Begleitung brauchen. Wenn sie sich wohlfühlen, leisten sie gerne und auch mehr.“

Wie viele Pferde sie dabei geritten hat, kann sie gar nicht mehr zählen. „Aber jetzt habe ich den Spaß daran verloren“, meint die Pferdenärrin. Der Jockey sei sowieso nur die ausführende Kraft, für den Sieg sei zu 70 Prozent das Pferd verantwortlich. Dabei käme es einzig und allein aufs richtige Training an. Und genau darum kümmert sich Klaudia nun mit Leib und Seele. „Die Pferde sind Hochleistungssportler, die nicht nur den perfekten Trainingsplan, sondern auch eine individuelle, tägliche Begleitung brauchen“, meint sie, „wenn sie sich wohlfühlen, leisten sie gerne und auch mehr.“ Deshalb verbringt die Passeiererin auch jeden Vormittag im Reitstall. Im Gegensatz zu Berufsreitern, die Vollzeit mit den Pferden verbringen, arbeite Klaudia nachmittags als Autohändlerin in der Firma ihrer Familie.

Klaudias Pferde, die im Durchschnitt zwischen 20.000 und 30.000 Euro kosten, können in einer idealen Saison fast 20.000 Euro einbringen. Der Jockey kriegt einen fixen Gehalt zwischen 100 und 180 Euro pro Rennen. Wie viele Rennen ein Pferd mitlaufen kann, hänge ganz von seiner Verfassung ab. Weil viele Ställe reichen Scheichs oder adeligen Familien gehören, sei es auf Auktionen immer schwierig, gute Pferde zu einem angemessenen Preis zu ersteigern. „Es gibt sogar Pferde, deren Wert im Millionenbereich liegt“, erklärt Klaudia.

Der wildeste Hengst in Klaudias Stall

Obwohl ein Pferd 25 Jahre alt werden kann, hat es bereits nach acht Jahren als Rennpferd ausgedient. „So wie der Burggraf, das ist unser Opa hier“, meint Klaudia und lächelt den zutraulichen Hengst an. Für die restliche Lebenszeit ihrer Hochleistungssportler muss sie immer wieder gute Plätze finden, was sich als überaus schwierige Aufgabe herausstellt. Vor allem weil Rennpferde mit ihren Hufen nicht auf jedem Untergrund ausreiten können. „Man kann sich das so vorstellen, als hätten die Pferde hier Ballerinas an, während ein Haflinger Bergschuhe trägt“, erklärt Klaudia. Obwohl ihr Hobby harte Arbeit ist, sieht es die Passeiererin nach wie vor als Leidenschaft und Ausgleich zum Beruf. Wenn sie bei den Pferden ist, kann sie sich entspannen und die Sorgen aus dem Alltag hinter sich lassen.

Klaudia hoch zu Ross

In der Sattelkammer direkt neben Klaudias Ställen steht ein PC. Von hier aus koordiniert die 53-Jährige die ganzen Rennen ihrer Pferde. Auch die Jockeys müsse man früh genug buchen. „Vor allem, wenn man die Guten haben will“, erklärt sie. Um in Italien Jockey zu werden, reicht es aus, vor einer Kommission vorzureiten. Ausbildungen gebe es hierzulande keine. Im Ausland absolvieren Jockeys hingegen dreijährige Formationen zum Berufsreiter.
„Ein guter Reiter hat die Aufgabe, das Pferd beim Reiten zu beobachten und notfalls zu sehen, ob es falsch atmet oder sich falsch bewegt“, erklärt Klaudia, „er muss sich mit dem Tier perfekt auskennen.“ Außerdem müsse er im Rennen die Gegner gut kennen und die Kraft des Pferdes dementsprechend einteilen können.

In Klaudias Augen gibt es viele Amateurreiter, die mindestens gleich gut reiten wie die Jockeys, die das Reiten zu ihrem Beruf gemacht haben. „Was den besten Reiter der Welt jedoch von mir unterscheidet, ist, dass er jedes Pferd gleich gut reiten kann“, meint Klaudia. „Er lernt die Pferde sozusagen auf der Strecke vom Vorführring zum Startplatz kennen und beherrscht sie danach perfekt.“ Auch die Pferde spüren genau, wer auf ihrem Rücken sitzt. Während schlaue Stuten lieber von Frauen geritten werden, bevorzugen die sturen Hengste oft einen strengen Reiter. Im Rennen können beide in der gleichen Klasse aufeinandertreffen.
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Von Mai bis Oktober laufen Claudias Pferde bei Rennen in ganz Italien mit. Den Stress, ihre Pferde zu Rennen ins Ausland zu bringen, spart sie sich und ihren Tieren. Und auch die Ruhepausen sind für Klaudias Pferde oft etwas länger als gewöhnlich. „Wenn es im Rennen drauf ankommt, muss das Pferd funktionieren“, meint sie, „da muss man ihm ab und an auch mal vier Wochen Pause gönnen.“ Im Winter hat dann auch Klaudia endlich Urlaub. Während ihre Pferde zwei Monate in Venedig verbringen, kann die Autohändlerin morgens endlich auch mal ausschlafen.

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