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Sie ist klein, gelb und produziert ein ganz leises Surbeln: Die „Vinschger Ölmühle“ von Daniel Primisser und seiner Frau Katharina steht im Moleshof bei Prad. Genau dort, wo vor einem Jahr noch 9.000 Hühner geschlachtet wurden. Aus einem dicken, weißen Plastikschlauch fließt frisches Leinöl. Aus der vorderen Öffnung der Mühle kommt der sogenannte „Presskuchen“, der Rest der Leinsamen, den Daniel Primisser in die Edelstahlpfanne am Kopf der Mühle schaufelt. „Den Presskuchen der letzten Mohn- und Mandelpressung habe ich mit Mehl vermischt und daraus gestern köstliche Mandel-Muffins gemacht“, sagt Daniel. Warum der ehemalige „König der Biogigger” und seine Frau den Neustart gewagt haben, erzählen sie im Interview.
Daniel, warum hast du dich von deinen Bio-Hühnern getrennt?
Daniel: Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Ich bin ein Bauer, der nicht seit 25 Jahren dasselbe macht. Dadurch fällt es mir nicht so schwer, mich von etwas zu trennen. Das mit den Hühnern habe ich fünf Jahre lang gemacht, dann ist mir eben alles über den Kopf gewachsen und wir haben uns nach Alternativen umgesehen. Ich habe 9.000 Bio-Masthähnchen produziert und hätte locker 25.000 bis 30.000 verkaufen können. Die Nachfrage war enorm. Irgendwann war ich nur noch im Haus, habe Hühner geschlachtet, Hühner verpackt und Hühner ausgeliefert. In der Landwirtschaft, wo es mir eigentlich Spaß macht, war ich gar nicht mehr.
Wie kommt man aber von Hühnern auf Öl?
Katharina: Ich habe einen Rohkost-Kochkurs besucht, habe die Öle dort kennengelernt und den großen Unterschied zu herkömmlichem Öl geschmeckt. Außerdem koche ich gerne und so führte eins zum anderen. Schließlich habe ich mich über die Mühlen informiert und mich immer mehr mit den Rohstoffen auseinandergesetzt. Das ist sehr wichtig, denn schon das Ursprungsprodukt muss in Rohkost-Qualität hergestellt werden. Wenn die Saaten nämlich bei 70 bis 80° Celsius getrocknet werden, gehen die ganzen Inhaltsstoffe und damit die Qualität bereits vor der Pressung verloren.
Wie hat sich euer Schlachttraum dann in eine Öl-Manufaktur verwandelt?
Katharina: Die Mühle kommt vom Bodensee. Dort gibt es einen Meister, der Ölmühlen nur auf Bestellung baut – und auch nicht für jeden. Man muss zuerst eine Woche lang bei ihm arbeiten und am Ende der Woche entscheidet er, ob man eine Mühle kriegt oder eben nicht. Wir haben Mohn-, Sonnenblumen-, Lein-, Sesam-, Mandel-, Walnuss-, Haselnuss-, Kürbis-, Kokos- und Hanföle. Die Rohstoffe kommen von den verschiedensten Orten der Welt. Die Mandeln beispielsweise aus Sizilien. Die Walnüsse kommen hingegen von uns.
Augenscheinlich hat sich Katharina nicht schlecht angestellt, denn die 10.000 Euro teure Mühle produziert nun schon seit einigen Monaten die Öle auf dem Moleshof. [[{“fid”:”20797″,”view_mode”:”teaser”,”fields”:{“format”:”teaser”,”field_description[und][0][value]”:”%3Cp%3EDas%20Sortiment%20der%20Primissers%3C%2Fp%3E%0A”,”field_description[und][0][format]”:”full_html”,”field_imagesource[und][0][value]”:”Lisa Maria Kager”,”field_tags[und]”:””},”type”:”media”,”link_text”:null,”attributes”:{“height”:213,”width”:320,”class”:”media-element file-teaser”}}]]
Warum verarbeitet ihr Rohstoffe, die von so weit her importiert werden?
Daniel: Öle müssen frisch sein. Für mich ist es sinnvoll, eine Saat von weit her zu transportieren und sie dann hier zu pressen. Was hingegen nicht so sinnvoll ist, ist ein Kokos-Öl in Sri Lanka zu pressen und es dann hierher zu bringen. Die Annahme, Öl sei ein Produkt, das im Schrank ewig haltbar sei, ist weit verbreitet. Dem ist eigentlich überhaupt nicht so, denn Öle werden sehr schnell schlecht. Besonders Lein- oder Hanföl sind sehr delikate Öle, die oxidieren und ihren Geschmack so mit der Zeit verändern. Die Industrie raffiniert viele Öle, damit sie haltbar werden, aber ein solches Öl würde ich nicht einmal nehmen, um mich damit einzuölen.
Das Leinöl wird bei Primissers auf Bestellung gepresst, denn im Kühlschrank hält es sich nicht länger als zwei Monate. Sechs Kilogramm Lein braucht es für einen Liter Öl.
Verwendet ihr auch lokale Rohstoffe für eure Öle?
Daniel: Wir versuchen es, müssen den Anbau aber erst nach und nach verfeinern. Die Ernte unseres Hanfs im Vorjahr haben zum Beispiel zu 100 Prozent die Vögel gefressen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Hat man im Hanf-Feld geklatscht, ist der Himmel schwarz geworden vor lauter Vögel. Von unserem eigenen Walnussöl gibt es in diesem Jahr nur ein paar Liter und im nächsten gar nichts. Der Frost hat alle unsere Walnüsse geholt. Aber wir geben nicht auf. Mein Lein ist mittlerweile schon zehn Zentimeter hoch. Jetzt muss nur noch der Sommer so gut werden wie im vergangenen Jahr.
Das klingt nach keiner einfachen Aufgabe …
Das Wichtigste im Leben ist Ungehorsam, auch wenn er mich bei meinen Kindern oft narrisch macht. (grinst) Ich habe es ein bisschen mit Marktlücken. Ich mache einfach das gerne, was andere nicht machen. Es wäre schön, wenn noch mehr Bauern für uns anpflanzen würden. Dann möchten wir die regionalen Öle etwas teurer verkaufen und hoffen, dass wir auf Verständnis beim Kunden treffen. Natürlich wollen wir unseren kleinen Handwerksbetrieb weiter aufbauen und auf regionale Wertschöpfung bauen. Das Öl und seine Pressung ist aber das Metier meiner Frau, mich als Bauer interessieren eher die Kulturen.
Und was macht jetzt eigentlich ein gutes Öl aus?
Katharina: Zuallererst natürlich ein gutes Ausgangsprodukt, das bei uns nur von ausgewählten Biobetrieben stammt. Ein paar Produkte mussten wir auch zurückgeben, weil wir bei der Pressung gemerkt haben, dass die Qualität nicht stimmte. Entweder bleibt das Öl dann im Presskuchen und vorne kommt ein Mus raus, oder der Presskuchen rutscht gar nicht heraus und verstopft die Presse. Die Herstellung von Öl wird so unmöglich.
Daniel: Das beste Öl gibt es dann, wenn das schonend getrocknete Rohprodukt weder vor, noch während der Pressung die Körpertemperatur übersteigt. Darum kühlen wir unsere Mühle auch laufend, während sie mit hohem Druck die fetthaltige Flüssigkeit aus den Produkten presst.
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