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Manchmal schleudern sie Wind, Regen und Strömung wie in einer Waschmaschinentrommel durcheinander. Dann lässt sich Magdalena Gschnitzer mit ihrer Kamera über die Reeling hängen und muss sich übergeben. Oft aber ist der Meeresspiegel so flach wie die Steppe und die Sterzingerin taucht neben Barschen oder Wasserschildkröten und freut sich, das Leben von Haien, Pilotwalen, Robben und Delphinen zu dokumentieren.
„Wilderer gönnen den Meeren keine Auszeit, also gönnen wir den Wilderern auch keine.“
Die Umweltaktivistin investiert das, was sie verdient, in den Schutz der Meere. Wegen ihres Einsatzes für Pilotwale wurde sie auf den Färöer Inseln schon einmal inhaftiert. Seit fünf Monaten ist sie mit 17 Freiwilligen aus aller Welt mit der international agierenden Organisation zum Schutz der marinen Tierwelt „Sea Shepherd“ in den Gewässern rund um Costa Rica, Kolumbien, Panama, Mexico und Ecuador im Einsatz. Das Team will Haie vor Wilderern und Überfischung schützen. „Operation Treasured Islands“ nennt sich die aktuelle Kampagne, bei der die 32-Jährige das Verhalten von Haien und die Schäden nicht regulierter Fischerei filmt. Sie hat in München eine Ausbildung zur Cutterin gemacht und setzt auch Drohnen ein, um die riesigen Dimensionen des Haifischfangs aufzudecken. Nicht nur in Costa Rica fängt man die Haie vor allem wegen ihrer Flossen. Getrocknet werden sie nach Indonesien, Taiwan, Indien oder Japan exportiert, wo die geschmacklose Haifischflossensuppe als Wohlstandssymbol gilt. Bis zu 100 Dollar verlangen Gastronomen pro Teller. Die Suppe findet sich auf den Speisekarten chinesischer Restaurants in Italien.
„Wenn die Haie sterben, sterben letztendlich wir Menschen.“
„Wilderer gönnen den Meeren keine Auszeit, also gönnen wir den Wilderern auch keine“, sagt Magdalena Gschnitzer kampfeslustig. Über 100 Millionen Haie werden jährlich getötet, manche Arten sind vom Aussterben bedroht. Oft werden ihnen die Flossen bei lebendigem Leib abgeschnitten und der Rest tot oder sterbend über Bord geworfen. Das Team von „Sea Shepherd“ bekommt es in den lateinamerikanischen Gewässern nicht nur mit der Haifischmafia, sondern auch mit der Drogenmafia zu tun. Tote Haifischkörper können den Geruchssinn von Drogenhunden täuschen und werden zum Schmuggeln von Kokain verwendet.
„Wenn die Haie sterben, sterben letztendlich wir Menschen“, sagt die Sterzingerin. In der Nahrungskette stehen Haie ganz oben. Sie kontrollieren die Meere und halten sie sauber. Verschwinden die Haie, kippt das Gleichgewicht im Meer. Rochen übernehmen die Kontrolle. Sie ernähren sich hauptsächlich von Jakobsmuscheln. Wird die Rochen-Population zu groß, vermehren sich die Jakobsmuscheln zu langsam und die Rochen suchen neue Fangorte. Magdalena Gschnitzer ist überzeugt: „Wir kreieren in den Meeren wissentlich Todeszonen.“ Die Menschheit ließe das zu, weil sie die Haie nicht auf die Liste gefährdeter Tierarten setze.
Nach der Oberschule in Brixen absolvierte die engagierte Frau einen Lehrgang für technisches Zeichnen, studierte in Innsbruck zwei Jahre Kunstgeschichte, ging drei Jahre nach München und machte später in Honduras eine Divemaster Ausbildung. Ihre allerbeste Schule aber seien die Erlebnisse als Freiwillige für weltweit agierende Organisationen zum Schutz der Meere gewesen, sagt sie.
Im Anschluss an ihren Einsatz für Pilotwale im Jahr 2014 rund um die nordatlantischen Färöer Inseln kämpfte sie in Schottland für Robben. 2015 radelte sie mit ihrem Freund 4.400 Kilometer vom kanadischen Vancouver zur mexikanischen Grenze und informierte über Probleme der Meerestiere. 2015 beteiligte sie sich im Mittelmeer im Rahmen der Operation „Mare Nostrum“ am Entfernen von Geisternetzen und Plastikmüll aus dem Meer. In Taji in Japan setzte sie sich danach für Delfine ein. Als „Sea Shepherd-Dive-Trainer“ lernte sie Interessierten in Malaysia und Thailand das Pflanzen von Korallen.
Den Drang, Gutes zu tun, hat Magdalena Gschnitzer schon lange. Eindrücklich erinnert sie sich an den Beginn ihrer Tauchkarriere mit 26 Jahren: Sie half bei der Befreiung eines großen Barschs, der sich in einem Netz verfangen hatte. Sie wurde zur Vegetarierin und ernährt sich seit einem Jahr vegan.
Die Sterzingerin bezeichnet sich als Weltenbummlerin, die ihr gesamtes Geld dafür ausgibt, die Schönheit der Erde für die nächste Generation so gut wie möglich zu erhalten. Ein bisschen verrückt sei sie wohl, meint die junge Frau: Geld spiele in ihrem Leben nur dann eine Rolle, wenn sie damit Sinnvolles bewirken kann. Gönner und Interessierte erreichen sie unter info@maggy-gschnitzer.com.
von Maria Lobis
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