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Seit wann ich an Endometriose leide, weiß ich gar nicht, aber die Diagnose habe ich erst im Juli 2021 bekommen. Ich hatte immer wirklich starke Unterleibsschmerzen während der Periode. Weil auch beim Darmausgang Endometrioseherde angesiedelt waren, hatte ich auch beim Stuhlgang so extreme Schmerzen, dass mir oft die Tränen gekommen sind. Zusätzlich hatte ich ein starkes Ziehen in den Beinen.
An etwa vier von meinen sechs Regeltagen hatte ich jeden Monat diese Schmerzen und rund um den Eisprung herum tat es auch beim Wasserlassen weh. Um all das halbwegs in den Griff zu bekommen, habe ich auf unterschiedliche Schmerzmittel zurückgegriffen, oft waren es bis zu drei Tabletten pro Tag. Wie mich die Krankheit eingeschränkt hat? Ab und zu, wenn auch die Schmerzmittel nicht halfen, konnte ich mich bei der Arbeit gar nicht mehr konzentrieren und ich ging nach Hause, um mich hinzulegen. Oft habe ich geweint, weil ich am Ende meiner Kräfte war. Irgendwas unternehmen war an diesen Tagen nicht möglich. Die Endometriose hat mich ziemlich ausgebremst. Außerdem hatte ich jedesmal ein Grauen davor, auf die Toilette zu gehen. Und ich hatte eine dermaßen starke Regelblutung, dass ich sehr häufig Tampons wechseln musste, spätestens alle zwei Stunden – jedes Mal, wenn ich die Periode hatte, musste ich also schauen, dass immer ein Klo in Reichweite war.
Irgendwann habe ich einfach nicht mehr darüber gesprochen.
Bis zu meiner Diagnose, die ich ja sehr spät bekommen habe, ist das Ganze irgendwie nicht so ernst genommen worden. Die Leute in meinem Umfeld haben gemeint, ich übertreibe oder simuliere oder keine Ahnung … Irgendwann habe ich einfach nicht mehr darüber gesprochen, aber angemerkt hat man es mir trotzdem, weil ich blass war oder ein schmerzverzogenes Gesicht machte. Dann kam die Frage: „Hosch die Regel?“ Und ich so: „Jo, wos soll i sogen, i hon holt weah.“ Es kam also wenig Verständnis und so war das Ganze eher schambehaftet. Es wird einem kommuniziert: Eine Frau hat nun mal die Regel und hat halt mal Schmerzen – daher hätte ich mich wirklich nie getraut, wegen Krankenstand anzufragen, dabei hätte ich ihn fast jeden Monat gebraucht.
Aktiv Hilfe gesucht habe ich eigentlich nie, weil ich dachte, diese Höllenqualen seien bei mir irgendwie normal. Dann war es eigentlich Zufall, dass man die Endometriose entdeckte: Meine Partnerin und ich wollten ein Kind bekommen und bei einem Vorstellungsgespräch in einer Kinderwunschklinik hat mich der Arzt gleich zu einer gynäkologischen Untersuchung aufgefordert. Ich dachte, an dem Tag ginge es nur um ein unverbindliches Gespräch und wollte mich in dem Moment eigentlich nicht untersuchen lassen, weil ich meine Tage hatte. Mir war es unangenehm, aber der Arzt meinte, das sei kein Problem, er wolle nur schauen, ob alles in Ordnung sei. Weil die Endometrioseherde nur während der Periode sichtbar sind, hat sie der Arzt damals also rein zufällig entdeckt. Außerhalb der Periodentage sieht man die Endometriose ja gar nicht. Und wenn ich gewusst hätte, dass ich gleich schon beim ersten Gespräch untersucht wäre, hätte ich den Termin wohl anders gelegt. Daher war das pures Glück, dass er mich an dem Tag untersucht hat.
Der Arzt meinte, er würde die künstliche Befruchtung erst dann durchführen, wenn ich mich vorher operieren und die Geschwüre entfernen lasse.
Wir haben uns aus verschiedenen Gründen für eine andere Kinderwunschklinik entschieden. Der Arzt in dieser neuen Klinik meinte, er würde die künstliche Befruchtung bei mir erst dann durchführen, wenn ich mich vorher operieren und die Geschwüre entfernen lasse.
Im März 2022 hatte ich dann eine OP. Die Chirurgin hat viel entfernt, aber eine Zyste – aus welchem Grund auch immer – nur punktiert. Diese hätte dann von alleine abgehen sollen, was aber nicht passiert ist. Als Folge musste ich anschließend durchgehend die Pille nehmen, damit meine Periode ausbleibt und sich die Endometriose nicht mehr neu bildet. Sobald die Gebärmutter wieder „sauber und schön“ war, konnte ich schließlich die künstliche Befruchtung durchführen lassen.
Das Interessante: Nach der Diagnose durch diesen einen Arzt, hat danach eigentlich niemand wirklich mehr nachgeschaut. Die Ärzt:innen haben mir das einfach geglaubt und die Diagnose wurde nicht hinterfragt, die OP wurde einfach durchgeführt.
Nach der Diagnose haben meine Frau und ich versucht, ein halbes Jahr lang vegan zu leben und in dieser Zeit hatte ich schon das Gefühl, dass es mir besser ging. Veganes Essen soll ja entzündungshemmend wirken und es hat mir tatsächlich geholfen. Seit Juli 2021 lebe ich vegetarisch – das hilft auch schon.
Nach der Geburt unseres ersten Kindes habe ich relativ schnell wieder die Regel und auch schnell wieder meine alten Schmerzen bekommen. Weil wir uns auch ein zweites Kind wünschten, habe ich den Arzt aus der Kinderwunschklinik kontaktiert. Er hat mir wieder rasch die Pille verschrieben, die ich eine Zeit lang ununterbrochen genommen habe. Ich hatte also seit über eineinhalb Jahren keine Periode mehr, was komisch war für mich … Auf der einen Seite fein, weil ich nicht eingeschränkt war durch die Blutungen und auch keine Schmerzen hatte, auf der anderen Seite habe ich aber auch gemerkt, wie ich oft unruhig war und wie emotional unausgeglichen – hatte meine Gefühle dann wirklich nicht im Griff. Und das waren mit Sicherheit die Hormone und die Tatsache, dass der Zyklus einfach ständig unterdrückt wurde.
Ja, und aktuell bin ich mit unserem zweiten Baby schwanger und es geht mir gut. Ich hoffe, dass es nach der Schwangerschaft so bleibt. Mal schauen, wie es weitergeht.
Claudia Zingerle, 32, aus Vahrn
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