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Fängt man einmal an, mit dem Schreiben, lässt es einen nicht mehr los. Das Eintauchen in Fantasiewelten, das Spiel mit der Sprache. Bereits als Kind habe ich erste Kurzgeschichten geschrieben, später im Jugendalter sind dann Gedichte dazugekommen. Lange Zeit nur für mich, an die Öffentlichkeit getreten bin ich damit allerdings erst mit 30. Sara Pepe hat mit 16 Jahren angefangen zu schreiben, mit 18 das erste Buch – so wie ich – im Eigenverlag veröffentlicht. Zielstrebig hat sie sechs Bücher auf diesem Weg publiziert. Auch Simone Dark, die vor allem für ihre Bozen-Krimis bekannt ist, hat als Jugendliche begonnen zu schreiben, um ihre „jugendliche Frustrationen zu verarbeiten“, wie sie heute lachend sagt. Dann ließ sie das Schreiben eine Zeit lang fallen – mit Ende 20 fing sie wieder damit an – auch ihr Weg führte sie erstmals ins Selfpublishing. Mittlerweile sind Sara und Simone bei einem Verlag unter Vertrag, arbeiten tagtäglich an ihren Geschichten, hoffen, lieben und fiebern mit ihren Figuren mit.
Stichwort: Selfpublishing vs. Verlag
Sarah Meraner: Ich bin mit meiner Lyrik hierzulande leider nicht bei einem Verlag untergekommen. „Lyrik rechnet sich nicht“, heißt es. Das bedeutet für mich, als Selfpublisherin weiterzukämpfen, es auch im Ausland zu probieren und inzwischen stark Eigenmarketing zu betreiben. Wie ist das bei euch mit dem Marketing?
Sara Pepe: Als Autorin muss ich einfach selbst Storytelling betreiben – auch wenn ich bei einem Verlag bin. Meine Geschichte, meine persönliche Perspektive kann niemand anderes für mich erzählen.
Simone Dark: Die Zeit des Selfpublishing war für mich eine furchtbare Zeit. Ich kannte mich mit Social Media noch gar nicht aus und wurde ständig überall abgewimmelt. Die einzigen, die mir damals zugehört haben, waren ein paar wenige Buchhändler. Inzwischen bin ich bei einem Verlag untergekommen. Die Balance zwischen Haupt- und Nebenberuf passt inzwischen. Es ist fein, vor Ort einen Ansprechpartner zu haben. Die Lesungen organisieren wir aber zum Großteil selbst.
Der Begriff Lesung klingt so verstaubt, eigentlich sollte man das Ganze eher als Event sehen.
Sara PepeSarah: Wie schwierig findet ihr das?
Simone: Meistens müssen wir für Lesungen anfragen – seit wir uns zusammengeschlossen haben, klappt das ein bisschen besser. Generell finde ich aber, dass Südtirol ihre Künstler:innen unter Wert verkauft. Ich hatte ja schon Lesereisen in Deutschland und da ist es so, dass du als erstes gefragt wirst, ob du Zeit hast und dann, welches Honorar du dir vorstellst. Und das passt dann auch meistens. Hierzulande ist das meistens etwas anders.
Sara: In den Dörfern ist das Interesse meist etwas größer als in den Städten, ist mir aufgefallen. Der Begriff Lesung klingt so verstaubt, eigentlich sollte man das Ganze eher als Event sehen, was es ja auch sein sollte. Ich habe gesehen, dass ein Rahmenprogramm einfach sehr wichtig ist. Ich würde mir von den Veranstalter:innen noch mehr Bereitschaft wünschen, gemeinsam neue Wege zu gehen, sich zusammen mit uns Autorinnen etwas einfallen zu lassen, was den Abend noch attraktiver für das Publikum macht – und uns Autorinnen mehr Wertschätzung entgegenbringt.
Simone: Genau. Der Wert des Vorlesens ist eigentlich unfassbar groß. Schon als Kind hat man sich ja gerne vorlesen lassen.
Sarah: Stimmt, daran muss man die Leute wieder erinnern.
Stichwort: Inspiration und Selbstbestimmung
Sarah: Im Selfpublishing kann ich selbst bestimmen, wie und was ich schreibe. Mir ist das sehr wichtig, zumal Lyrik eine doch sehr künstlerische und persönliche Form der Literatur ist. Wie frei seid ihr als Belletristik-Autorinnen mit einem Verlagsvertrag? Könnt ihr über das, was euch inspiriert, auch ungefiltert schreiben?
Sara: Ich bin inzwischen an dem Punkt: Nicht alles, was mich inspiriert, schreibe ich auch, denn nicht alles, was mir gefällt, kommt auch beim Publikum an. Meine Arbeit soll sich lohnen, immerhin fließt da sehr viel Zeit hinein. Und dann kann es natürlich auch sein, dass der Verlag von mir verlangt, eine bestimmte Passage umzuschreiben, weil es laut ihm bei den Leser:innen anders besser ankommt. Der Verlag denkt an den Verkauf. Aber solange ich mich damit identifizieren kann, ist das für mich völlig ok.
Simone: Inspiration finde ich in der Geschichte Südtirols. Bei meinem neuen Roman wurde ich tatsächlich durch einen BARFUSS-Artikel inspiriert (lacht), weil mich eine bestimmte Persönlichkeit da besonders angesprochen hat.
Der Künstlerinnenname gibt uns eine gewisse Kraft.
Simone DarkStichwort: Künstler:innenname
Sarah: Ich persönlich verwende ja kein Pseudonym, obwohl ich es mir schon öfter durch den Kopf habe gehen lassen, einfach aus dem Grund, weil mein Name nicht besonders catchy ist. Bisher konnte ich mich aber nicht dazu durchringen – auch, weil ich irgendwie das Gefühl habe, mich mit einem anderen Namen nicht identifizieren zu können. Meine Gedichte und Texte – das bin ja alles auch ich. Liegt aber dann vielleicht am Genre. Ihr beide verwendet einen Künstlerinnennamen. Warum?
Simone: Ich komme aus Deutschland und da kommt mein Name nicht so oft vor. Wenn etwas unter dem richtigen Namen veröffentlicht wird, wird alles direkt auf die Familie bezogen. Die meisten kennen unseren bürgerlichen Namen, aber ich finde, da muss man eine Grenze ziehen und deswegen trete ich als Autorin als Simone Dark auf. Außerdem gibt uns dieser Name in unserer Fantasiewelt eine gewisse Kraft, oder Sara?
Sara: Ich bezeichne es immer als „gespaltene Persönlichkeit“ (lacht). Ich habe lange gebraucht, hinter meinem Pseudonym hervorzutreten, aber das war eher unfreiwillig, weil von einigen Medien und bei Lesungen mein bürgerlicher Name verlangt wurde. Bei meiner „normalen“ Arbeit habe ich mit sensiblen Daten anderer Menschen zu tun – und deshalb möchte ich mich da nicht angreifbar machen. Als Autorin mit Künstlerinnenname kann ich außerdem in einem Buch eine bestimmte Meinung vertreten, die ich im wahren Leben nicht vertrete. Der Name schützt uns und hat halt auch einen ganz anderen Wow-Effekt.
Stichwort: Schreibroutine
Sarah: Ich bin selbstständig, arbeite 75 % und habe zwei Kinder. Für mich ist die Schreibzeit oft sehr beschränkt und ich muss sie mir auch manchmal erkämpfen. Viel passiert abends oder am Wochenende. Und bei Gedichten geht manches auch mal zwischendurch, wenn mich gerade etwas besonders inspiriert. Wie ist das bei euch? Ihr arbeitet ja beide Vollzeit. Wann, wo und wie arbeitet ihr?
Sara: Ich versuche jeden Abend 1.000 Wörter zu schreiben. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das habe ich mir zum Ziel gesetzt. Danach klappe ich den Laptop zu und verbringe den Abend noch mit meinem Partner oder ich unternehme etwas. Wenn ich das nicht rigide einhalte, dann würde ich nie abschalten.
Simone: Ich glaube auch, dass das wichtig ist. Das Denken ist ja immer da – manchmal muss man sich eine Zwangspause aufdrücken, sonst brennt es einen irgendwann aus. Da ich momentan an zwei Büchern arbeite, mache ich es mir zunutze, dass ich mal in Bozen, mal auf dem Ritten lebe. Wenn ich auf dem Ritten bin, arbeite ich am Krimi und in der Stadt arbeite ich an meinem historischen Roman. Das hilft mir sehr.
Südtirol ist als Inspirationsquelle zwar toll, um als Autorin Fuß zu fassen ist es hier allerdings sehr schwierig.
Simone DarkStichwort: Marketing und Support
Sarah: Ich glaube, dass es inzwischen einfach wichtig ist, dass es hinter einem „Produkt“ auch immer einen Menschen mit einer persönlichen Geschichte gibt, da sind wir eh schon mitten im Thema Eigenmarketing …
Simone: Genau, deswegen haben wir uns gemeinsam mit Heidi Troi, Mirjam Schweigkofler und Mia Sole vor Kurzem zum Autorinnenkollektiv „Autorinnen hautnah“ zusammengeschlossen. Gemeinsam versuchen wir, mit den Leuten in Kontakt zu kommen, egal ob über Social Media oder bei einer Lesung. Die Leute haben auf diese Weise die Möglichkeit bei uns direkt nachzufragen: Wer bist du? Warum schreibst du?
Sara: Wir möchten den Leuten vermitteln: Wir haben hier in Südtirol Autorinnen vor Ort, ihr könnt mit ihnen reden und sie kennenlernen. Das ist wichtig, denn wir tragen als solche ja auch zur kulturellen Vielfalt in Südtirol bei.
Sarah: Auf jeden Fall tut das jede von uns, jede in ihrem Genre. Ich finde auch den Grundgedanken schön, sich als Frauen dieser Branche gegenseitig zu unterstützen, anstatt – wie früher – die Ellenbogenmethode anzuwenden. Wie arbeitet ihr denn als „Autorinnen hautnah“ konkret zusammen?
Simone: Südtirol ist als Inspirationsquelle zwar toll, um als Autorin Fuß zu fassen ist es hier allerdings sehr schwierig. Bei „Autorinnen hautnah“ unterstützen und pushen wir uns gegenseitig. Dabei darf aber jede von uns ihr individuelles Autorinnenleben frei weiterführen, das ist uns sehr wichtig.
Sara: Wir betreiben einen Instagram-Channel für einen gemeinsamen Auftritt und haben eine Whatsapp-Gruppe, in der wir Ideen austauschen und alles demokratisch, pragmatisch und direkt miteinander absprechen. Wenn mal jemand irgendwo nicht dabei sein oder gemeinsam auftreten möchte, ist das auch ok.
Simone: Genau. Ziel des Kollektivs ist die gegenseitige Unterstützung und die Sichtbarkeit, die sich auf diese Weise vervielfacht. Ich glaube, in dieser Form sind wir bisher der erste Zusammenschluss in Südtirol.
Sara: Man könnte also sagen, wir sind so eine Art Autorinnen-WG (lacht).
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