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Maria Laura Ebensberger
Veröffentlicht
am 02.12.2013
LeuteAuf a Glas'l

Der Weinliebhaber

Veröffentlicht
am 02.12.2013
BARFUSS hat Johannes Kohler auf ein Glas Wein getroffen. Er ist Italiens jüngster Sommelier und davon überzeugt: Leute die Wein trinken sind netter!
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Johannes Kohler wurde mit 18 Jahren offiziell zum Sommelier. Nun, ein Jahr später, besucht er die renommierte Weinakademie in Österreich, die Havard-Uni für Weinkenner, und kostet dort schon mal um acht Uhr morgens die ersten Whiskys. BARFUSS hat sich mit dem jüngsten Sommelier Italiens auf – na klar – a Glas'l Wein verabredet und trifft Johannes in der Laurinbar in Bozen. Er bestellt und der Kellner bringt einen Chardonnay.

Warum gerade Chardonnay?
Weil den so ziemlich jeder mag. Gewürztraminer muss nicht immer sein und Chardonnay ist eben Everybody's Darling.

Was hat Wein, was Bier nicht hat?
Das ist schwierig zu sagen, weil – wenn man mal vom herkömmlichen Bier weggeht – um Bier auch gerade eine Szene entsteht, wo Bier immer vielfältiger wird. Deshalb ist das nun ziemlich schwierig zu unterscheiden.

Es gibt ja mittlerweile richtig gute Biersorten und Biersommeliers …
Ganz genau.

Wann hast du deinen ersten Wein getrunken? Kannst du dich noch daran erinnern?
Mit 16.

Sicher?
(lacht) Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß es ehrlich nicht mehr.

Und wann bist du so richtig auf den Geschmack gekommen?
Das ist nicht von einem Tag auf den anderen passiert. Ich bin in einem Hotel aufgewachsen und da war Wein natürlich immer ein Thema. Man hat eben jeden Tag darüber geredet. Dann bin ich auf die Hotelfachschule gekommen und wollte Koch werden, bis ich gemerkt habe, dass mir der Kontakt zum Gast viel besser gefällt, als nur hinterm Herd zu stehen. Ich habe mich vermehrt für den Service interessiert und dadurch immer mehr für Wein. Das geschah eigentlich schon im ersten Jahr der Hotelfachschule.

Wie beeindruckt man als Laie beim Wein bestellen, beim Wein trinken?
Indem man ehrlich sagt, ob er einem schmeckt oder nicht. Viel zu viele Leute haben Angst davor. Es ist übrigens ein großes Problem, dass viele, vor allem ältere Sommeliers meinen, sie müssten dem Gast diktieren was er trinken soll. Und dann gibt es leider viele Gäste die sagen „ja, der ist gut“, obwohl er ihnen gar nicht schmeckt. Es ist jetzt auch nicht wichtig, dass ich mich beim Wein besonders gut auskenne. Die wichtigste Frage beim Wein kann jeder beantwortet und die ist „schmeckt er mir oder nicht?“. Da finde ich kann ein Gast am besten glänzen, indem er einfach ehrlich ist und zu seinem Geschmack steht, denn ein jeder hat einen anderen Geschmack.

Den Geschmack kann man aber auch trainieren und dann mehr rausschmecken als andere?
Ja, aber das ist dann ein zweiter Schritt. Zuerst muss ich mich fragen, ob er mir schmeckt. Dann muss ich mich für mich selbst entscheiden: Bleibt es bei dem? Reicht mir das oder möchte ich mehr? Ich für mich wollte mehr wissen, woher der Wein kommt, wieso der so schmeckt, wie man ihn serviert und so weiter.

Und irgendwann kann man dann sagen „da schmecke ich Jasmin oder Leder“ …?
Ja, aber das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Man sagt, dass der Wein 800 verschiedene Gerüche enthalten kann. In ein paar Jahren spricht man vielleicht von 1.000. Aber selbst der beste Verkoster kann nur 400 Gerüche rausriechen. Das ist auch von Mensch zu Mensch verschieden: Wenn ich Birne rieche und du Äpfel, ist beides richtig. Es ist auch ganz oft so, dass man einen speziellen Geruch hat, mit den man als Kind in Berührung gekommen ist und den man immer wieder leicht erkennt. Ich zum Beispiel habe daheim oft beim Grasmähen geholfen und tue mich nun leicht, geschnittenes Gras aus dem Wein zu riechen. Meine Freundin dagegen riecht immer Jasmin, weil sie daheim Jasmin hatte, ich hingegen habe keine Chance, das zu riechen. Das ist wirklich total interessant. Manchmal gehe ich in ein Haus und denke „dort riecht es wie damals vor 10 Jahren bei meiner Oma“. Gerüche sind etwas, das man sich sehr gut merken kann.

Hast du eigentlich einen Lieblingswein oder eine Rebe, die du besonders gern hast?
Nein, Wein ist so vielfältig und entwickelt sich so schnell weiter. Jeden Tag wenn ich etwas koste, denke ich mir, der ist wieder gut. Also das ist schwer. Wenn ich aber mit Kollegen etwas essen gehe, dann trinke ich Deutschen Riesling ganz gerne.

Rot oder Weißwein?
Das kommt auf die Jahreszeit drauf an, auf die Stimmung, auf das Wetter, auf verschiedenes … Wenn es heiß ist, trinke ich lieber einen kühlen Weißwein, wenn es kalt ist lieber einen schweren Rotwein.

Was sagst du zu Biowein?
Tja, das ist so eine Glaubensfrage, ähnlich wie bei Biolebensmittel. Es gibt Leute, die sagen, Bio kostet mehr, unterscheidet sich aber nicht von normalen Lebensmitteln und ich kenne Leute, die nur Biolebensmittel essen. Dasselbe gilt beim Wein. Das geht jetzt ziemlich tief in die Materie, aber ich habe mit vielen Biowinzern geredet und ich muss einfach sagen, dass diese Leute die Natur und ihre Arbeit mehr schätzen und einen ganz anderen Bezug zum Wein haben. Deswegen denke ich, dass ihr Endprodukt besser ist. Das kann man logisch nicht pauschalisieren, aber ich denke das liegt daran, dass sie diesen Gedanken wirklich leben.

Welchen Gedanken?
Dass die Natur nicht durch Chemie beeinflusst werden sollte, dass die Rebe als Lebewesen gesehen wird und nicht als Maschine, die Trauben rausspuckt damit Billigwein daraus produziert werden kann. Wo man einfach versucht, die Reben nicht auszubeuten, sondern im Gleichgewicht mit der Natur zu leben.

Hattest du irgendwelche besonderen „Weinerlebnisse“?
Eine berühmte Weinkennerin, sogenannte „master of wine“ aus Südafrika, Lynne Sherriff, hat mir einmal gesagt, sie glaube, dass Leute, die Wein mögen einfach netter sind. Warum? Weil man Wein nicht gerne allein, sondern mit Kollegen trinkt und gern mal eine Flasche in geselliger Runde köpft. Wein mit anderen geteilt, macht einfach mehr Spaß. Jedes mal, wenn ich Wein trinke, finde ich, dass das ein schöner Moment ist. Und ich glaube, Lynne Sherriff's Theorie kann ich schon unterschreiben.

Was muss ein Sommelier können?
Das wichtigste, was ein Sommelier können muss ist, sein Gegenüber gut einzuschätzen. Nur so trifft er den Geschmack vom Gast, wenn dieser ihn fragt, was er ihm empfiehlt. Das ist so ziemlich das Wichtigste. Dann kommen die fachlichen Kenntnisse, Wissen ist ein großes Thema und auch das Auftreten. Du bist ja als Sommelier in der Verkaufsposition und musst für das Unternehmen einen Umsatz generieren. Aber ich denke, der beste Sommelier mit dem größten Wissen ist nur halb so gut, wenn er den Menschen vor sich nicht einschätzen kann. Er muss sich fragen: Ist das ein Gast, der bereit ist ein bisschen mehr auszugeben? Ist Wein für ihn ein Getränk, das im Urlaub eben getrunken wird, mit dem er sich aber nicht weiter beschäftigt? Das ist sehr wichtig, kann man aber so nicht lernen, das kommt mit der Erfahrung.

Kannst du dir vorstellen, mal ein eigenes Weingut zu besitzen?
Das werden Sommeliers oft gefragt und sie beantworten das meist immer gleich: Sie kennen sich zwar mit Wein aus, aber wenn sie selbst Wein machen müssten, würden sie ziemlich alt aussehen. Was Sommeliers machen ist sehr theoretisch. Ein Weingut zu besitzen und selbst Wein zu machen ist extrem zeitintensiv. Wein nur nebenher als Hobby zu machen ist nicht drin.

Wie sieht der typische Unterricht bei dir auf der österreichischen Weinakademie aus?
Meistens geht’s morgens um acht, halb neun schon mit dem Verkostungstraining los. Wenn man so früh am Morgen die ersten Whiskys bekommt, kann das schon happig werden. Aber man spuckt dann eh wieder aus, dann geht das schon. Und dann beginnt der Unterricht mit verschiedenen Referenten aus der ganzen Welt. Das Studium ist außerdem mit viel Selbststudium verbunden …

…. selbst viel Wein trinken?
Ja, aber man muss auch sehr gut vorbereitet zum Unterricht hingehen um mitzukommen, also viel Vorwissen besitzen.

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