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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 02.03.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Jakob Oberrauch

Der Sturkopf

Veröffentlicht
am 02.03.2015
Er ist erst 25 und sitzt seit einem Jahr auf dem Chefsessel der Sportler AG. Jakob Oberrauch über Sturköpfe in der Familie, Papas Segen und sein Erfolgsrezept.
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Jakob Oberrauch in seinem Büro

Nachdem er zum Arbeiten einmal um die Welt gereist ist, hat Jakob Oberrauch zusammen mit seiner Schwester Elisabeth die Geschäftsführung der Sportler AG übernommen. Mittlerweile ist das genau ein Jahr her. Wie es ist, einer der größten Arbeitgeber Südtirols zu sein, was man dafür einbüßen muss und was man dazugewinnt, davon erzählt uns der 25-Jährige in seinem Büro mit Blick auf die Berge in der Bozner Industriezone. Von dort aus arbeitet er sich jeden Tag einmal quer durch seinen Terminplaner. Auch heute ist jede Minute durchgeplant. Also mache ich an der Rezeption fliegenden Wechsel mit einigen Männern im schicken Anzug. Jakob bietet mir gleich das Du an und wir kommen ins Gespräch.

Am 1. März 2014 hast du dein neues Amt angetreten. Das ist jetzt genau ein Jahr her. Wie lautet dein Resümee?
Es war ein extrem intensives und spannendes Jahr. Jeder Tag aufs Neue war für mich sehr lehrreich. Man macht alles zum ersten Mal durch und wird dadurch jeden Tag vor neue Herausforderungen gestellt. Auf dem Tagesplan standen Treffen mit Partnern, Kunden und Lieferanten und natürlich habe ich an vielen Baustellen schon Hand angelegt. Jetzt habe ich einen kompletten Zyklus der Sportler AG mitgemacht und habe in alle Prozesse Einblick erhalten, um zu verstehen, wie das große Ganze eigentlich funktioniert. Meine Erwartungen wurden dabei übertroffen, weil es ein sehr abwechslungsreiches Jahr war. Natürlich hat es auch schwierige Situationen gegeben, weil man auch oft die nötige Erfahrung noch nicht hat, um sich bei allen Entscheidungen sicher zu fühlen.

Also war es die richtige Entscheidung einzusteigen?
Absolut.

Was hast du eigentlich gemacht, bevor das mit dem „Chef-Sein” losgegangen ist?
Ich habe die Handelsoberschule in Bozen besucht und danach in Mailand an der Universität Bocconi Wirtschaft und Management studiert. Dann war ich knapp drei Jahre im Ausland unterwegs: Zuerst für ein dreiviertel Jahr in New York, um beim viertgrößten Modekonzern Amerikas im Marketing zu arbeiten. Dann war ich ein Jahr in Mannheim als Mitarbeiter in der Geschäftsleitung bei der Firma Engelhorn, die, so wie wir, ein Familienbetrieb ist. Danach war ich einige Zeit in China, Bangladesch und Vietnam zur Betreuung unserer Produktionen unterwegs, habe viele Fabriken besucht und abschließend habe ich noch ein halbes Jahr in Shanghai bei einem Wirtschaftsberater als Praktikant gearbeitet. Im Anschluss darauf bin ich direkt in den Betrieb hier eingestiegen.

Was wäre eigentlich geschehen, hättest du kein Interesse an der Firma gehabt?
Das stand nie zur Debatte. Ich wollte schon immer in den Betrieb einsteigen und habe bereits zu Mittelschulzeiten im Verkauf und in der Logistik mitgearbeitet und dabei in alle Bereiche reingeschnuppert. Das hat mir damals schon Spaß gemacht und ich habe gemerkt, dass das genau mein Element ist. Man kann fast sagen, dass ich im Betrieb großgeworden und in meine Aufgabe reingewachsen bin.

Du bist jetzt 25, wie alt war dein Vater als er angefangen hat?
Mein Vater hat das erste Geschäft unter den Bozner Lauben mit 21 Jahren eröffnet. Eigentlich wollte er ja Priester werden (grinst), aber mein Opa hat ihn dann dazu ermutigt, ein Sportgeschäft aufzumachen.

War das praktisch der Ursprung des Familienunternehmens?
Der Ursprung liegt noch weiter zurück. Vor circa 120 Jahren, so weit geht unsere Historie im Textileinzelhandel zurück. Damals hat unsere Familie bereits Textilien von Venedig in Richtung Norden gehandelt. Mein Opa hat dann mit dem Geschäft Oberrauch Zitt den Textilhandel weitergeführt und mein Vater ist mit Sportler im Bereich Sport seit 37 Jahren aktiv.

Was hat sich denn von Georg Oberrauch auf Jakob Oberrauch in der Geschäftsführung verändert?
Also vom Ansatz her sind wir sicher jünger geworden. Sinnbildlich dafür steht der neue Flagshipstore in Bozen. Das ist das erste Projekt, das meine Handschrift trägt. Ansonsten folge ich dem Credo meines Vaters. So wie er will ich unsere Kunden begeistern und nicht nur zufriedenstellen und sehe den Mitarbeiter als wichtigstes Glied der Firma.

Also bist du deinem Vater sehr ähnlich?
In vielen Bereichen sicherlich. Wir sind beide sportlich und können gut mit Menschen umgehen. Ich kann vielleicht ein bisschen besser zuhören (lacht). Außerdem merkt man oft, dass ich einfach von einer anderen Generation bin. Ich versuche mich beispielsweise mit den Mitarbeitern immer auf eine Augenhöhe zu begeben und in einen Dialog zu treten.
Was den Sturschädel anbelangt sind wir uns hingegen sehr ähnlich. Aber dieses Phänomen liegt generell in der Familie (grinst). Da wird dann auch oft diskutiert. Aber das ist auch gut so. Ich sage immer: Nur da, wo es Reibung gibt, entsteht Wärme.

Ist der Papa dann zufrieden mit der Leistung des Sohnes?
Ich glaube schon. Und er hat auch eine Freude damit, dass die junge Generation weitermacht mit dem, was er angefangen hat. Und natürlich sind wir auch froh die Chance zu kriegen, so jung ins Geschäft einsteigen zu können. Mich hat es auch gewundert, dass er so konsequent von einem Tag auf den anderen jede Entscheidung mir überlassen hat.

Papas Segen musst du dir also nicht mehr holen?
Nein, ganz im Gegenteil. Ich muss ihn oft erst extra kontaktieren, um zu fragen, wie er vorgehen würde.

Die Geschäftsleitung teilst du dir unter anderem mit deiner Schwester Elisabeth. Wie ist es, mit der eigenen Schwester ein Unternehmen zu führen?
Wir sind Geschwister, das merkt man im Umgang miteinander und das ist eigentlich Gold wert, weil man sich kennt wie kein anderer. Allein der Fakt, dass man einander zu hundert Prozent vertrauen kann, ist unbezahlbar. Wenn wir unter Leuten sind, sind das also Bruder und Schwester bei der Arbeit. Wenn wir hingegen privat miteinander zu tun haben, sind wir wie normale Geschwister. Natürlich wird dann ab und an auch mal auf Familienfeiern über die Arbeit gesprochen.

Abschalten kann man als Chef also nie ganz?
Nein, eigentlich nicht.

Und was hat sich privat im letzten Jahr sonst bei dir verändert? Gibt es das Wort Freizeit noch?
Die ist effektiv etwas kurz geraten im letzten Jahr. Überhaupt der Sport. Früher war ich schon etwas fanatisch unterwegs, habe oft auch noch abends Skitouren gemacht. Aber ich lebe für den Sport, der schließlich auch mein Business ist. Ich merke immer wieder, wie wichtig er für meinen persönlichen Ausgleich ist. In der Vergangenheit hatte ich einfach Zeit dafür, jetzt muss ich sie mir konsequent nehmen. Das war aber zu erwarten, weil im ersten Jahr einfach alles neu ist. Und die wenige Zeit, die ich dann hatte, habe ich natürlich mit meiner Freundin verbracht.

Wie viel Zeit nimmt die Arbeit denn ein?
Ich komme meistens um sechs Uhr morgens im Büro an und gehe um acht Uhr abends nach Hause. Morgenstund hat eben wirklich Gold im Mund. Außerdem bin ich im Schnitt zwei Tage die Woche unterwegs. Sei es in den verschiedenen Filialen, auf Messen, bei Lieferanten oder im Ausland.

Über wie viele Mitarbeiter hast du mittlerweile die Verantwortung?
Es sind etwas über 600 Mitarbeiter.

Ist man sich denn bewusst, dass viele dieser knapp 600 Familien vom Unternehmen leben?
Ja, klar. So sehr mir die Arbeit auch Spaß macht, ich bin immer seriös dabei und mache mir meine Gedanken über jede Entscheidung. Ich fühle mich der Aufgabe aber auch gewappnet und bin mir der Verantwortung durchaus bewusst. Der Mitarbeiter ist schließlich unser wichtigstes Kapital.

Vertrauen deine Mitarbeiter, die sicherlich meist älter sind als du, einem solchen Jungspund?
Also an dieser Stelle muss ich ein großes Danke an meine Mitarbeiter richten, die mich alle extrem positiv aufgenommen haben. Ganz vereinzelt sind welche mit meinem Alter nicht zurecht gekommen. Die meisten waren aber froh über neuen Wind, neue Motivation und neue Energien. Sicherlich hat mir auch meine Bodenständigkeit dabei geholfen. Die Leute haben einfach gesehen, dass ich überall mit anpacke und mir für nichts zu schön bin.

Siehst du dich in den nächsten zehn Jahren weiterhin auf dem schwarzen Stuhl in der Chefetage?
(lacht) Eindeutig. Ich glaube, dass wir als Firma Sportler ein tolles Potential haben. Ich bin jung und ehrgeizig, also falls sich die Möglichkeit ergibt, kann ich mir in Oberitalien bestimmt auch noch die eine oder andere Expansion vorstellen. Das lasse ich aber auf mich zukommen. Das wichtigste ist momentan sicherlich, das, was besteht, erhalten zu können und es zu schaffen, dass die Mitarbeiter weiterhin mit Spaß und Leidenschaft bei der Arbeit sind.

Gibt es ein Erfolgsrezept dazu?
Den Menschen zuhören und Verständnis zeigen. Offen sein für das, was sie belastet, was gut oder weniger gut läuft und immer darauf eingehen.

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