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Irina Ladurner
Veröffentlicht
am 16.03.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Dimitri

Der Modestar

Veröffentlicht
am 16.03.2015
Für seinen Berufswunsch wurde er früher belächelt. Heute tragen Topmodels wie Lena Gercke oder Karolina Kurkova die Mode des Naturnsers Dimitrios Panagiotopoulos.
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Hinter dem Modelabel DIMITRI steht der 38-jährige Naturnser Dimitrios Panagiotopoulos. Nach einer Ausbildung an der Münchner Modeschule ESMOD und beruflichen Stationen bei Vivienne Westwood, Jil Sander oder Hugo Boss machte er sich 2007 selbstständig. In seinem Atelier und Studio am Meraner Sandplatz entstehen heute die Kollektionen, die er zweimal jährlich im Januar und Juli auf der Mercedes Benz Fashion Week in Berlin präsentiert. Der Designer ist angekommen in der Welt der Mode. Für das Interview wechseln wir von seinem Büro ins nächste Café. Der Sohn eines Griechen will die Sonne genießen und sich unter die Leute mischen.

Stars wie Lena Gercke, Juliette Lewis oder Karolina Kurkova tragen deine Mode. Weiß man da, dass man es geschafft hat?
Es ist schon eine Genugtuung, wenn man daran denkt, dass ich in Naturns aufgewachsen und früher ausgelacht worden bin wegen meines Berufswunsches. Es ist eine große Anerkennung, wenn man seine Kleider an Promis und in Zeitungen veröffentlicht sieht. Genauso freut es mich aber, wenn ich durch Meran, München oder Zürich spaziere und mein Kleid vorbeigehen sehe. Das ist eine Bestätigung, die ich immer haben wollte. Wenn Lena Gercke meine Kleider trägt, kriege ich danach natürlich viele Anfragen. Bei ihrem letzten Auftritt hatte sie ein schwarzes Cocktail-Kleid und Ohrringe von mir getragen und ich habe anschließend allein zwanzig Anfragen nur wegen der Ohrringe bekommen. Ich selektiere natürlich auch bei den Promis, wer meine Mode kriegt. Das entscheide ich.

Eine Karolina Kurkova kann sich ja von Gucci, Valentino, von wem sie will alles aussuchen. Und dann sitze ich um acht Uhr früh hier in der Bar beim Kaffee und sehe online, dass sie mein blaues Kleid anhatte.

Wie kommt so ein Kleid von DIMITRI von Meran nach Amerika, zu Stars wie Karolina Kurkova?
Das Größte war für mich, als Karolina Kurkova ein Kleid von mir getragen hat. Als ich damals nach meiner Show in Berlin aus dem Fashion-Zelt kam, rief mir eine Amerikanerin hinterher und gratulierte mir. Sie meinte, sie würde sich bei mir melden, sagte aber nichts von Karolina Kurkova. Ich wusste nur, dass sie eine Stylistin war. Einen Tag später, kurz bevor der Flieger in Berlin startete, habe ich meine E-Mails gelesen und da sehe ich ihre Anfrage für das blaue Fransenkleid für Karolina Kurkova. Ich habe mir gedacht: ach du Scheiße! Die Stewardess kam schon und ich musste unbedingt noch meiner Agentur schreiben, dass sie das Kleid mit der nächsten Maschine nach New York schicken sollte. Kurkova brauchte es zwei Tage später. Ich wusste aber nicht, ob sie es auch wirklich anziehen wird. Eine Karolina Kurkova kann sich ja von Gucci, Valentino, von wem sie will alles aussuchen. Und dann sitze ich um acht Uhr früh hier im Café und sehe online, dass sie mein blaues Kleid anhatte. Das hat dann Furore gemacht! Sie war damals zusammen mit Naomi Campbell bei der Show-Premiere von „The Face”. Ich bin ja ein großer Fan von Naomi Campbell, aber Karolina hat sogar Naomi überstrahlt mit dem Kleid. Am nächsten Tag war das Foto mit ihr auf der letzten Seite der Bild und in den amerikanischen Zeitschriften. Gleich danach habe ich noch eine Anfrage bekommen: Ein Stylist aus New York rief für Jennifer Lopez an, das war kurz vor den Grammy Awards. Sie wollte ein Kleid, das schon Lena Gercke hatte, also musste ich versuchen, dass es Lena Gercke zurückschickt und es auf dem schnellsten Weg nach Los Angeles kommt. Das Kleid hat es dann aber wegen fünf Stunden nicht geschafft. J. Lo. wollte ihren Fitting-Termin nicht verschieben, sonst hätte sie es vielleicht getragen.

Im Jänner warst du bei der Berliner Fashion Week und hast deine Herbst/Winter-Kollektion vorgestellt. Wie kann man sich deinen Berufsalltag zwischen Meran und Berlin vorstellen?
Mein Jahr ist in zwei Hälften geteilt. Es gibt zwei Shows in Berlin, eine im Januar und eine im Juli. Jetzt im März beginne ich mit der Sommerkollektion fürs nächste Jahr. Ich spreche mit meinen Mitarbeitern ab, was zu tun ist und bin großteils an allen Arbeitsschritten bis zur Fertigung involviert. Die Taschen und Gürtel werden in Italien produziert. Dazu muss ich den Firmen Infos geben, welches Leder und Design es sein soll, sie schicken mir Beispiele, Nähproben und Formen und ich kontrolliere, ob es so ist, wie ich es haben will. Später erhalte ich die fertigen Prototypen. Genauso ist es mit den Kleidern, denn es wird nicht mehr alles im Atelier gefertigt. Das schaffen wir nicht. Wenn es auf die Fashion Week zugeht, muss ich sicher sein, dass alles rechtzeitig da ist. Ich lasse Einladungskarten entwerfen und drucken und spreche mich mit der Presseagentur ab, welche Promis ich gerne bei der Show hätte und sie versuchen, dass diese in meine Show kommen. Ich schreibe die Modelagenturen an und mache in Berlin das Casting für meine Show. Die Agenturen wissen bereits, was ich suche und schicken ihre Mädchen vorbei. Ich habe meistens einen Konferenzraum angemietet. Dort stehen bis zu 200 Mädchen vor der Tür, jedes einzelne muss für mich laufen und im besten Falle überzeugen. Meistens brauche ich 15 bis 18 Models.

Ich mag ausdrucksstarke Frauen, die Power zeigen, etwas repräsentieren und damit das Kleid zusätzlich unterstreichen.

Hast du da immer schon ein Bild im Kopf, welches Model zu welchem Outfit passt?
Ich schaue mir zuerst einmal an, wer mir persönlich gefällt, wer zu mir passt und wer gut laufen kann. Ab und zu passiert es schon, dass ich bereits beim ersten Blick eine genaue Vorstellung habe, welches Kleid das Mädchen unbedingt tragen soll. Wenn die Auswahl gemacht ist, gibt man den Agenturen die Fitting-Termine durch. Ich mache das nicht so, dass ich dem ersten Mädchen, das kommt, das erste Outfit gebe. Ich versuche hingegen, für jedes Model das Outfit zu finden, das ihr perfekt steht, womit sie eine Freude hat und was mir an ihr am besten gefällt. Das machen wenige Designer. Viele suchen Models aus, bei denen ich immer sage: Das sind „tote“ Gesichter. Diese Mädchen haben in meinen Augen keinen Ausdruck, die sind wie Kleiderstangen. Das machen die Designer, damit ihre Kleider glänzen. Bei mir muss das Gesamtpaket überzeugen, das Model, das meine Kleidung präsentiert. Ich mag ausdrucksstarke Frauen, die Power zeigen, etwas repräsentieren und damit das Kleid unterstreichen.

Was denkst du in diesem Zusammenhang über Size-Zero-Models?
Ich würde nie ein Model buchen, das viel zu dünn ist. Das passt nicht in meine feminine Kollektion. Aber ein Model muss auch bestimmte Maße haben, das ist einfach so. Das werde ich nicht ändern können, das muss ein Karl Lagerfeld oder Tom Ford machen oder die großen Modehäuser. Zum letzten Casting ist ein Model gekommen, der ging es wirklich nicht gut, weil sie so dünn war. Ich hätte sie auf keinen Fall buchen können. Sie wurde aber von einem anderen Designer in Berlin gebucht, der Aufsehen erregen wollte. Er wusste, so ist er am nächsten Tag in den Zeitungen.

Ist es schwierig, sich in der Branche unter all den Designern durchzusetzen?
Ich habe es nochmal schwerer, weil ich in Berlin präsentiere, aber ein Italiener bin. Ich muss mich gegen die deutschen Labels dort durchsetzen. Die deutsche Vogue zum Beispiel unterstützt nur die deutschen Jungdesigner und ich arbeite ja nicht in Deutschland. Ich war schon in allen deutschen Zeitschriften, nur nicht in der Vogue. Das frustriert mich etwas, spornt mich aber auch an, jedes Jahr einen draufzulegen. Ich muss mich beweisen, denn mein Gesicht kennt man nicht, was mir immer wichtig war. Mir geht es um meine Mode, nicht um mich. Wenn ich am Schluss der Show rauskomme, ist das für mich der Horror. Ich spaziere vor tausend Leuten raus, nachdem ich meine Kollektion präsentiert habe, bei der ich nicht weiß, ob sie gut angekommen ist. Meine Kreationen sind meine Seele. Ich habe in Berlin fünf Tage lang puren Stress und komme täglich etwa zu drei bis vier Stunden Schlaf, muss Interviews geben und die Show vorbereiten. Die Anspannung ist groß. Wenn ich dann am Ende der Show hinausgehe, sage ich mir immer: Geh langsam, setz einen Schritt vor den nächsten. Aber sobald ich mich vorne umdrehe, ist die Anspannung weg.

Wann kam bei dir denn der Wunsch auf, Modedesigner zu werden?
Ich wollte schon immer etwas mit Mode machen. Ich habe immer gerne ausgefallene Klamotten getragen und mich für Mode interessiert. Meine Mutter erzählt heute noch, wie ich ins Dorf gegangen bin, um mir die Vogue zu kaufen. Sie hat sich teilweise geschämt, wenn ich mit der Zeitung unterm Arm durchs Dorf ging (lacht). Das war die Ära der Supermodels und ich war fasziniert von Linda Evangelista oder Naomi Campbell. Ich habe aus Zeitschriften Bildchen ausgeschnitten und Ordner angelegt mit allem, was ich über Topmodels gefunden habe. Es war natürlich schwierig, wenn man in einem kleinen Ort aufgewachsen ist und den Wunsch hatte, im Modebusiness zu arbeiten. Schließlich hat man auch nicht online alles nachrecherchieren können. Ich habe bei uns zu Hause im Hotel gearbeitet und bin für ein halbes Jahr nach Amerika gegangen. Danach habe ich wieder im Hotel gearbeitet, um für die nächste Reise zu sparen und bin nach London. Dort gibt es eine berühmte Modeschule und da habe ich mir gedacht, das wäre was. Aber die Schule war sehr teuer und ich hatte ja nichts vorzuweisen für die Aufnahmeprüfung und habe mich nicht getraut, mich zu bewerben. Ich bin also wieder heim und habe mir verschiedene Modeschulen rausgesucht. Dadurch bin ich auf die ESMOD in München gekommen. Ich habe immer gesagt: Ich möchte, dass meine Mutter am Tag meiner Abschlusskollektion vor Freude weint. An dem Tag wurde ich auch noch mit dem Preis der Schule für die beste Kollektion ausgezeichnet. Ich habe es zwar nicht gesehen, aber ich denke, meine Mama hat doch eine kleine Freudenträne verdrückt.

Wie ging es nach dem Abschluss für dich weiter?
Ich fühlte mich noch nicht top ausgebildet, also machte ich in Mailand meinen Master in Fashiondesign. Kurz vorm Abschluss bekam ich einen Anruf von Westwood, ob ich nicht zum Vorstellungsgespräch nach London kommen möchte. Ich habe mir nur gedacht: Vivienne Westwood, mein Traum! Am Tag nach dem Vorstellungsgespräch hatte ich meine Zusage und zehn Tage später war ich in London. Danach war ich bei Jil Sander für die Pressearbeit zuständig. Dort hatte ich das Privileg, bei der Mailänder Fashion Week dabei zu sein, durfte Anzüge von Jil Sander tragen und konnte live die Front Row VIP’s betreuen. Der Sitz von Jil Sander in Hamburg war eine Kolonialstilvilla. Ich hatte meinen eigenen großzügigen Arbeitsbereich, alles musste immer säuberlich geordnet hinterlassen werden. Bei Westwood war das alles anders, sehr englisch. Wir arbeiteten in einem Backsteingebäude in der Nähe der King’s Road. Die Flure waren mit Teppich ausgelegt, im eigens entworfenen Karomuster von Vivienne Westwood. Madame Westwood kam jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit, manchmal mit Lockenwicklern im Haar, manchmal total overdressed. Das hat mich beeindruckt. Ich wechselte dann zu Hugo Boss, nach Metzingen an der Schwäbischen Alp. Ein kompletter Kontrast zu dem, was ich bis dahin gemacht hatte. Ich hatte das Gefühl, ich würde in einer Bank arbeiten und es hat mich kreativ nicht herausgefordert, also habe ich nach geraumer Zeit meine Sachen gepackt und bin zurück nach Italien. 2007 habe ich meine Mutter schließlich mit der Frage konfrontiert: Mama, was wäre, wenn ich mich hier selbstständig machen würde.

Es gibt mehrere Modemetropolen im Umkreis: Warum hast du dich mit deinem Label Dimitri gerade in Meran angesiedelt?
Ich habe mir gedacht, es bringt mir nichts, wenn ich nach London gehe. Es wäre zu teuer gewesen. Mein zu Hause ist hier und ich hatte immer das Gefühl, ich müsste in Südtirol jemandem etwas beweisen. Dafür, dass ich früher ausgelacht worden bin für das, was ich machen wollte. Mailand wäre auch keine Option für mich gewesen, da ich die Stadt nicht sonderlich mag. Es wären nur London oder New York für mich in Frage gekommen. Südtirol ist für mich wie ein kleines Versteck. Fernab vom Modezirkus fühle ich mich hier sicher und ungestört. Nach jeder Fashion Week oder Messe bin ich froh, den nächsten Flieger nehmen zu können und nach Hause zu kommen. Ich genieße dann die Abgeschiedenheit.

Jeder stellt sich diese Traumwelt vor, wie sie Germany’s Next Topmodel oder Guido Maria Kretschmer vermitteln: Dass alles so toll und nett und zuckersüß ist.

Was rätst du jungen Menschen, die den gleichen Weg einschlagen wollen wie du?
Tut es nicht! Die Modebranche ist überfüllt. Jeder Promi lanciert mittlerweile seine eigene Modelinie. Es sind große Investitionen, die man machen muss: Man muss in die Ausbildung investieren, in anderen Städten leben und dieses Leben finanzieren. Man muss immer up to date sein und sich ständig etwas Neues einfallen lassen. Es gibt so viele Modeschulen, allein in München sind es drei oder vier, aus denen pro Schule jedes Jahr 40 bis 50 Absolventen kommen. Ich habe das auch nur machen können, weil ich finanzielle Unterstützung hatte. Designer gibt es wie Sand am Meer und wer sagt, dass ich so toll bin? Es hätten vielleicht zehn andere besser gemacht als ich, nur hatten die nicht diese Unterstützung, die ich genossen habe. Man muss auch damit klarkommen, wie es hinter den Kulissen abläuft. Jeder stellt sich diese Traumwelt vor, wie sie bei Germany’s Next Topmodel vermittelt wird: Alles ist so toll glamourös! Nein. Es steckt extrem viel Arbeit dahinter. Das zehrt an einem. Zu Fashion-Week-Zeiten hat man fünf Tage lang so gut wie keinen Schlaf, ist immer von Leuten umgeben, muss freundlich sein. Alles hängt von dir ab, du kommst zurück und es geht direkt weiter. Modeketten wie Zara, Topshop oder H&M bringen monatlich eine neue Kollektion auf den Markt. Ich lanciere zwei Kollektionen im Jahr, was eigentlich zu wenig ist und die Zeit zwischen den Saisonen ist so kurz. Man müsste vier Kollektionen herausbringen, denn die Kunden wollen immer mehr und Neues sehen. Man zeigt seine Show und die Kundinnen möchten die Ware direkt vom Runway kaufen. Es ist alles so schnelllebig geworden in der Mode, auch durch das Internet.

Gibt es so etwas wie eine Berufskrankheit: Musst du Freunden und Familie ständig Modetipps geben?
Sie würden das gar nicht wollen, weil ich immer so kritisch und direkt bin. Ich bin aber der Meinung, dass jeder selbst weiß, was einem steht. Es steht mir nicht zu, das jemandem zu sagen. Aber wenn eine Kundin zu mir kommt, dann bin ich auch so ehrlich und sage, wenn ich etwas an ihr nicht so toll finde. Sie muss überzeugt davon sein, dass das Kleid wie für sie gemacht worden ist.

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