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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 13.07.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Benjamin Kofler

Der Hochseil-Nudist

Veröffentlicht
am 13.07.2015
Nackt und barfuß war Benjamin Kofler, als er als erster Mensch der Welt auf einem Eisberg in Grönland seine Highline in 30 Metern Höhe überquerte.
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Benajmin Kofler

„Wie bei Titanic habe ich mich inmitten der Eisschollen gefühlt“, erzählt Benjamin Kofler vom Baden im vier Grad kalten Wasser vor Grönland. Dort hin hat es den Traminer Grafiker aufgrund einer verrückten Idee beim Eisklettern verschlagen. Eine Highline auf einem Eisberg spannen und sie bezwingen, war der Plan, der nur kurz später durch Sponsoren zur Montura Iceberg Challenge wurde. Gemeinsam mit Mattia Felicetti war er dann der erste Slackliner auf einem Eisberg. Damit aber nicht genug, Benjamin balancierte sogar nackt und barfuß auf der 30 Meter hohen Highline.
Knapp die Hälfte seines Lebens klettert der 26-Jährige bereits über Stein und Eis. Vor etwa acht Jahren stand er dann auf seiner ersten Slackline. Mittlerweile balanciert er in jeder freien Minute über das schmale Band. Ob knapp über dem Boden, über Wasser oder doch in luftigen Höhen ist dem Traminer Naturburschen dabei egal.

Die Highline auf 30 Metern Höhe

Du bist der erste Mensch auf Erden, der über eine Highline auf einem Eisberg gegangen ist. Wie kommt man auf so eine Idee?
Die Idee kam meinen zwei Freunden Mattia und Fede beim Eisklettern. Als sie mir davon erzählt haben, musste ich ihren Enthusiasmus erstmal bremsen. Man muss bedenken, dass sich ein Eisberg ständig bewegt und Eis brüchig sein kann. Am Ende haben wir trotzdem angefangen einen Plan zu schmieden, aber eigentlich nur so als Hirngespinst, weil wir nie genau wussten, ob es überhaupt funktionieren kann.

Wenn man deine Fotos anschaut, fragt man sich, wie sicher so eine Highline ist.
Oft sieht es brutaler aus, als es in Wirklichkeit ist. Das Gefährlichste ist eigentlich der Zustieg. Beim Highlinen selbst ist man super sicher, wenn alles korrekt aufgebaut ist. Man spannt eine Slackline, dann darunter ein Seil und nochmal eine Slackline. So, dass bei einem Bruch der Line nichts passieren kann. Außerdem hat man einen Gurt, der einen durch ein Sicherungsseil, der sogenannten leash, mit der Slackline verbindet.

Und was ist für dich der Kick da oben?
Das Adrenalin oder den Kick gab es nur am Anfang. Da ist man einfach froh, wenn man es schafft, aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen.
Mittlerweile ist das Coole am Highlinen, so weit zu kommen, diese Angst vor dem Fallen, die jeder in sich hat, kontrollieren zu können. Wenn ich runter schaue habe ich keine Angst mehr, auch, wenn ich immer noch die Höhe in den Beinen fühle, die mich runterzieht. Für mich ist es einfach perig zu linen. Wenn ich eine Länge gehe, bei der ich mir sicher bin, dann genieße ich das Gefühl da oben richtig und kann die ganze Landschaft wahrnehmen.


Die klassische Frage muss sein. Wie schafft man es, die Slackline von einer Seite auf die andere zu bringen und dort zu fixieren?
(lacht) Das fragt mich echt jeder. Also eigentlich habe ich einen Raketenrucksack mit dem ich immer auf die andere Seite fliege. (Kurze Stille, dann lacht Benjamin noch lauter). Scherz. Bis zu 30 Meter schaffe ich es, das Seil mit einem kleinen Gewicht auf die andere Seite zu werfen. Sonst muss man sich eben abseilen und auf der anderen Seite wieder hochklettern. Nach langem Tüfteln habe ich da verschiedene Techniken entwickelt. Mittlerweile habe ich auch einen Bogen, mit dem ich das Seil auf die andere Seite schießen kann. Aber jede Situation ist anders, da muss man improvisieren können.

Auf einem Foto habe ich gesehen, dass du auf der Highline auch schon übernachtet hast.
Ja genau. Das war eine Top-Erfahrung. Da haben wir auf 100 Metern in einem sogenannten Space Net übernachtet. Das sind vier separate Lines, auf denen theoretisch vier Leute zugleich gehen können. Doch eine Highline dieser Art wackelt in jede Richtung, das ist echt hart.

Das war noch lange nicht deine verrückteste Aktion. Du bist auch noch als der „goaslschnöllende“ Highliner bekannt. Was steckt da dahinter?
Die Traminer und das „Goaslschnöllen“ gehören einfach zusammen. Entstanden ist das Ganze aber, weil wir für einen Auftritt mit der „Goasl“ trainiert haben und danach zum Entspannen die Slackline gespannt haben. Dann ist uns die blendende Idee gekommen beides zu vereinen. Am Anfang bin ich nach zwei Schlägen bereits gefallen, am Ende habe ich einen Rekord von 50 „Schnöllern“ geschafft. Und jetzt bin ich der einzige weltweit, der auf der Line die „Goasl schnöllt“.

„Im Grunde sind wir mit einer bestimmten Ungewissheit hochgefahren, weil wir nie wussten, ob es klappt.“

Von deinen verrückten Aktionen hierzulande zurück nach Grönland. Was ist aus der anfänglichen Skepsis geworden?
Nach der Sponsorensuche und Planung ging es endlich los und wir sind hochgeflogen. Robert Peroni, ein 70-Jähriger Rittner, der schon seit 35 Jahren in Grönland lebt, hat uns empfangen und beherbergt. Zuerst haben wir ein paar Tage im Dorf verbracht, sind auf Robbenjagd gegangen und haben Walfleisch gegessen. In diesen Tagen haben wir auf dem Festland dann auch noch die ersten Highlines Grönlands gemacht. Eine davon haben wir am 21. Juni, am längsten Tag im Jahr, um Mitternacht begangen. Dort oben ist das einfach cool. Man kann auch mitten in der Nacht aufbrechen und es ist immer noch taghell. Die Sonne geht um Mitternacht unter und um drei Uhr morgens wieder auf. Dementsprechend ist auch die Mentalität der Leute. Die haben nie Stress, lassen alles auf sich zukommen und sind immer freundlich.
Schlussendlich sind wir dann mit dem Boot das erste Mal von unserem Fjord rausgefahren. Da habe ich dann die ersten Eisberge gesehen. Als wir die zwei Türme aus dem Video entdeckt haben, war klar, dass wir darauf Highlinen wollen.

Da hatte ich schon etwas Herzklopfen, weil ich nicht wusste, wie das so ist, auf einen Eisberg zu klettern. Die Highline war aber bald gespannt und wir sind drüber balanciert. Dann haben wir ein paar Tricks gemacht und ich habe natürlich auch noch „Goasl gschnöllt“ (lacht).

Die Highline war 30 Meter hoch und 20 Meter lang. Eine Länge, die Benjamin sicher drauf hat. Die längste Highline, die er je überquert hat, zählte 77 Meter.

Am Ende, um neun Uhr abends, bin ich dann noch nackt über die Highline spaziert, da musste sogar der Skipper kurz wegschauen (lacht) und meine Freundin war nach der Rückkehr eifersüchtig auf die Fotografin, die mit dem Skipper im Boot saß. Zum Glück weiß sie nicht, dass genau die mich mit einem Teleobjektiv fotografiert hat. (lacht)

Versteht man da oben auf dem Eisberg, wie klein man auf dieser Welt eigentlich ist?
Ja, wenn man bedenkt, dass der Eisberg 30 Meter hoch ist und das nur 10 Prozent des ganzen Eisbergs sind, dann versteht man erst, wie groß das alles ist und wie klein man selbst ist. Das sieht man auch auf den Fotos.

Natur vs. Mensch

War das das Coolste, das du bis jetzt auf der Highline erlebt hast?
Es war schon etwas Spezielles. Aber die Highline-Wingsuite-Combo, die ich letztes Jahr in den Dolomiten gemacht habe, war auch verrückt. Chris Espen ist damals drei Meter über und unter mir durchgeflogen, während ich die Highline überquert habe.

Was sagt denn deine Mama bei den ganzen verrückten Aktionen?
Die vertraut mir. Sie sagt zwar immer, dass sie hofft, dass ich wisse was ich tue, aber schlussendlich weiß sie, dass ich aufpasse. Ein Fehler bedeutet hier den Tod und schließlich will ich noch lange Highlinen.

Wo wird denn die nächste verrückte Highline gespannt?
(lacht und schweigt kurz) Wir haben über ein Projekt geredet, das noch nicht sicher ist. Es soll auf alle Fälle in Richtung USA gehen.

Zum Ursprung des Highlinens nach Amerika zurück?
Ja, genau. Die Idee war es, die Elemente durchzumachen. Luft haben wir immer dabei, Eis hatten wir auch. Dann fehlt nur noch Feuer (zwinkert). Wer weiß, solange es sicher ist, gehe ich über jede Highline, Ideen hätte ich noch genug.

Eine Reportage über Benjamins Abenteuer wird beim Outdoorfest in Innichen und voraussichtlich auch beim Bergfilmfestival in Trient der Öffentlichkeit vorgestellt.

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