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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 10.08.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Zeno Braitenberg

Der Fernsehfuzzi

Veröffentlicht
am 10.08.2015
Warum sein Moderatoren-Job ihn beinahe schizophren machte und warum Anzugtragen dagegen hilft. Zeno Braitenberg im Interview über Job und Privates.
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Zeno Braitenberg

„Viele Quellen speisen den Fluss“, begründet mir Zeno Braitenberg seine zahlreichen Leidenschaften. Wer Braitenberg aus dem Fernsehen kennt, weiß vielleicht nicht, dass der Moderator bei RAI Südtirol neben seinem Job auch noch Musiker, Literat, Vater von drei Kindern und Burg-Besitzer ist.
Bei einem guten Kaffee und einem Croissant zum Rauschen der Passer tratschen wir uns durch den Vormittag. Beginnen tue das Interview jedoch nicht ich, sondern Braitenberg selbst. Er fragt mich danach, was ich in meinem Leben so mache, und als er erfährt, dass ich Französisch studiert habe, antwortet er mir spontan en français.
Braitenberg erzählt mir, dass er zu Oberschulzeiten im deutschen Tübingen – wo er aufgewachsen ist – das klassische Gymnasium besucht hat und dort Französisch gelernt hat. Das Abitur in den 80ern liegt zwar schon eine Weile zurück, sein Französisch klingt jedoch noch immer fließend.

https://api.soundcloud.com/tracks/216839890

Zeno, du hast dein Abitur in Tübingen gemacht. Da fällt mir sofort das Schwaben-Klischee schlechthin ein: „Schaffe, schaffe, Häusle baue“. Bist du auch so ein sparsamer Schwabe?
Nein. (lacht) Ich spreche zwar ein bisschen Schwäbisch, aber die Mentalität der Schwaben habe ich nicht übernommen.

Und wie hat dich dein Weg von Tübingen in die Südtiroler Fernsehwelt geführt?
Nach der Schulzeit in Tübingen habe ich in Würzburg Jura studiert. Dort habe ich aber eher Kammermusik gemacht als studiert. (lacht) Als ich dann gemerkt habe, dass das Jura-Studium in Deutschland nicht ganz das richtige für mich ist, habe ich nach Innsbruck gewechselt. Obwohl ich immer noch Jura studiert habe, saß ich öfter in Vorlesungen der Germanistik, Psychologie oder Rechtsmedizin. Mich hat immer schon alles interessiert. Nach und nach habe ich durch meinen Cousin Toni dann verschiedene Leute kennengelernt, die mich langsam aber sicher in das Fernseh-Business gebracht haben. Es gab damals und auch noch heute immer jemanden, der fürs Radio der RAI aus Nordtirol berichtet. Andreas Feichter, der das damals gemacht hat, wurde dann anderweitig engagiert und ich habe seinen Platz übernommen. So bin ich in das Ganze reingerutscht, habe mit meinem Tonband Innsbruck unsicher gemacht, ein bis zwei Mal in der Woche von dort draußen Bericht erstattet und mir meine Studentenkasse aufgebessert.

Geboren in Neapel, aufgewachsen in Deutschland und über Innsbruck schließlich nach Südtirol. Mehr zwischen den Kulturen geht eigentlich nicht, oder?
Genau. Neben den Kulturen haben auch noch die Sprachen meinen Alltag geprägt. Meine Mutter war Amerikanerin und zu Hause haben wir eigentlich nur Englisch gesprochen. Auch Italienisch und Deutsch haben mich immer umgeben. Durch meinen Vater Valentino waren wir ständig von internationalen Leuten umgeben und konnten unsere Sprachen immer nutzen. Die Mehrsprachigkeit war ein riesiger Vorteil. Man kriegt sie geschenkt und muss nichts dafür machen. Sowas muss man schätzen.

Die typische Frage kann ich mir nicht verkneifen: Welcher Nation fühlst du dich nun angehörig?
Das ist schwierig zu sagen. Ich habe einen italienischen und einen amerikanischen Pass, fühle mich aber wirklich als Mix. Der Effekt ist bestimmt dieser, dass es kein dezidiertes Nationalbewusstsein mehr gibt. Man nimmt einfach seine eigene Realität als einen Mix wahr. Die Entwicklung geht immer mehr in diese Richtung. Kleinere Realitäten haben eine größere Bedeutung. Es ist heutzutage sicher nicht mehr so, dass man nur ein Nationenbewusstsein hat und sagt: Ich bin Deutscher. Eher sagt man: Ich bin Tübinger oder ich bin Münchner. Die Unterschiede innerhalb der Länder sind einfach zu groß, um sich einer ganzen Nation zuzuschreiben. Ich bin zur Zeit einfach Meraner. Diese Stadt ist Heimat für mich, gleich wie meine Burg.

Wie lange lebst du denn schon auf der Zenoburg?
Mittlerweile seit sechs Jahren. Man glaubt kaum, was es da oben alles zu tun gibt. Es gibt echt unendlich viel zu sanieren. Meine Eltern waren coole Typen, sie haben aber das gemacht, was sie interessiert hat. Häuser herrichten gehörte bestimmt nicht dazu. Die Burg ist seit 200 Jahren in der Familie, aber konstant gewohnt habe nur ich auf der Zenoburg. Ich mag den Inselcharakter dort oben. Man ist zwar direkt in der Stadt, aber gleichzeitig total abgeschieden. Man kann Musik machen, Klavier spielen und keiner hört einen. Aber es ist auch aufwändig und kostspielig.
Das Gefühl wie bei anderen Wohnungen gibt es da oben nicht. Man ist irgendwie selbst immer Gast. Die Burg ist für mich eigenständig, sie besitzt sich selbst, hat ihre Aura, ist eine gute Menschenkennerin und nimmt dementsprechend immer wieder verschiedene Leute auf. Zur Zeit halt mich und teilweise meine Kinder.

Vor ein paar Monaten bist du mit 50 noch einmal Vater geworden. Wie ist es, so spät noch einmal schreiende Babies ertragen zu dürfen?
Doch, das geht schon. Grundsätzlich nehme ich das Ganze ruhiger wahr als bei meinen beiden ersten Kindern, die mittlerweile schon 19 und 22 sind. Ein Kind sehe ich ähnlich wie die Burg. Mein Sohn ist ein eigenständiger Mensch, der sich selbst gehört. Es ist immer spannend und wunderschön zu sehen, wie sich so ein kleiner Mensch vom ersten Moment an mit seiner eigenen Art entwickelt.

„Eine Fernsehkrankheit ist es, zu denken, wenn man auf der Straße erkannt wird, muss man gut sein. Das stimmt nicht.”


Als Vater kennen wir dich aber nicht. Für die Südtiroler bist du der „Ansager“ von der RAI. In einem Interview habe ich gelesen, dass du aber ungern als Fernsehfuzzi bezeichnet wirst. Wie das? Immerhin bist du doch der Fernsehfuzzi.
(lacht) Ja, ich bin der Fernsehfuzzi. Es ist aber so: Der Mensch vor der Kamera, der, der moderiert, hat ein ganz eigenes Merkmal. Während bei jedem anderen Job Bekanntheit mit Qualität zu tun hat – ein bekannter Pianist, ist ein guter Pianist, ein bekannter Handwerker, ist ein guter Handwerker – trifft das bei einem Moderator nicht zu. Das Moderieren ist nämlich zwangsläufig ein Nebeneffekt vom Job des Fernsehredakteurs. Eine Fernsehkrankheit ist es dann, zu denken, wenn man auf der Straße erkannt wird, muss man gut sein. Das stimmt nicht. Mit diesem Bekanntheits-Prinzip muss man umgehen lernen. Ich mag meinen Job sehr, aber sicher nicht wegen der Bekanntheit.

Wenn Zeno vor einigen Jahren noch den Zeno vor der Kamera und den dahinter streng schizophren getrennt hat, hat er mittlerweile festgestellt, dass das nur bis zu einem gewissen Grad funktioniert. Gute Kommunikation komme nämlich nur an, wenn man die Nachrichten, die man mitteilen will, selbst kommuniziere, erklärt er. Besser gelingt das, wenn man sich selbst bewusst vor die Kamera stellt. Deshalb hat Zeno, wenn er jetzt moderiert, einen eigenen Ritus: Er steht morgens auf, zieht sein Moderationsgewand an und verbringt den Tag mit dieser Kleidung. Somit stellt er sich – als ganzer Zeno – auf seine Aufgabe ein.

Neben dem Fernsehfuzzi bist du aber auch noch Musiker und hast mehrere Bücher geschrieben. Welche ist dann deine wirkliche Leidenschaft?
Wiederum alles. Ich mag einfach den Mix. Sei es in meinem Leben als auch im Job. Es tut dem Fernsehjob gut, Texte zu schreiben, und es tut dem Journalisten gut, Musik zu machen. Ich glaube, dass überall kleine Quellen als solche da sind und alle in einen gemeinsamen Strom fließen, der von diesen Zuflüssen gespeist wird. Damit der Hauptstrom überhaupt entsteht, braucht es die Seitenarme.

Wenn junge Leute wie ich durch die Fernsehlandschaft zappen, bleiben sie selten bei RAI Südtirol hängen. Woran könnte das denn liegen?
Ja wir senden ja auch nur zu bestimmten Zeiten. (lacht) Also es gibt die RAI, eine große Struktur, in der immer kleinere Strukturen stecken. National war die RAI im Vergleich zu den Privatsendern immer schon eher altbacken. Dagegen habe ich aber nichts. Die Hysterie der privaten Sender, die nur auf schnelles Bild und Geilheit setzen, kann es nämlich nicht sein. Man muss auch sehen, dass die RAI als öffentlich-rechtlicher Betrieb in fünf Sprachen sendet. So etwas gibt es nicht oft in Europa. Das finde ich zum Beispiel cool. Einer dieser Sprachenbetriebe sind wir, die RAI Südtirol. Wir geben unser Bestes, jünger zu werden, aber es ist eben ein langwieriger Prozess. Man muss auch immer schauen, wer das Publikum in Südtirol ist und ob es Sinn hat, Beiträge zu bringen, die nur ein Publikum bis 40 fangen.

„Tendenziell denke ich, dass es wichtiger ist, den jungen Leuten Gehör zu verschaffen als von vorne herein zu bremsen. Ich muss sagen, ich profitiere und lerne von meinen neuen, jungen Kollegen. Das ist grandios!“

Schafft man es nicht, eine größere Spanne von Zuschauern gleichzeitig zu fangen?
Sowohl im Radio als auch im Fernsehen gibt es ein zentrales Problem: Es gibt nur einen einzigen Sender. Ein Lied zu finden, das dem gesamten Publikum gefällt, ist ein riesiges Problem. Deshalb gibt es auch so wenige junge Zuschauer. Die Beiträge sind zu oft selbstreferenziell, über Südtirol. Dokumentarisches über das eigene Land interessiert die jungen Leute nicht, die wollen die Welt sehen. Aber wir lernen nie aus. Vor allem von anderen, auch jungen Medien lernt man viel.

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