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Im Play-off-Bart sitzt der 24-jährige Nationalspieler Anton Bernard vor mir. Für den Kalterer ist diese bereits die fünfte Saison in Weiß-Rot. Die nächsten Tage entscheiden, ob der HC Bozen dieses Eishockeyjahr mit dem Meistertitel beenden und damit eines seiner größten Erfolge der Klubgeschichte feiern wird. Ab heute Abend misst sich die Nummer 18 mit seiner Mannschaft nämlich in der Finalserie der internationalen EBEL-Meisterschaft mit Salzburg. Mitten im Finalstress erzählt er bei einem Kaffee und einem Glas Wasser vom Leben als Eishockeyspieler.
Wie bist du zum Eishockey gekommen?
Es wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Mein Vater hat bereits Hockey gespielt und meine Brüder auch. Ich würde Eishockey bei uns schon fast als Familiensport bezeichnen. Am Kalterersee bin ich mit vier Jahren das erste Mal auf Schienenschlittschuhen gestanden.
Etwas später bist du dann ins Ausland gegangen. Wie war das, mit 16 von zu Hause wegzugehen?
Ich war drei Jahre lang in Deutschland und habe dort mein Abi gemacht. Es war wirklich eine tolle Erfahrung. Der Anfang war aber trotz der geringen Distanz zwischen Kaltern und Rosenheim sehr schwer. Die Bayern sind von der Mentalität her den Südtirolern zwar ähnlich, aber vom Familienleben zum alleine leben ist die Umstellung dennoch groß. Ich möchte die Erfahrung aber niemals missen.
War es nach Deutschland für dich fix, dass du nach Hause zurückkehrst?
Nein, nach Deutschland habe ich zuerst in Amerika zwei Probetrainings absolviert, dann in Salzburg. Ich habe schon versucht, im Ausland Fuß zu fassen. Letztendlich hat es mich aber trotzdem nach Bozen zurückgezogen. Mit meinem Bruder zusammen bin ich beim HCB dann direkt Meister geworden, auch wenn ich da noch nicht so viele Einsätze auf Eis hatte wie jetzt. Ein Jahr darauf habe ich für ein Jahr in Amerika gespielt und jetzt bin ich hier.
Mit dem Ausland hat es also nicht so geklappt, wie du es dir gewünscht hast. Bist du trotzdem glücklich?
Ja klar. Ich kann zu Hause wohnen, in Bozen studieren. Noch dazu hat Bozen dieses Jahr durch den Wechsel in die EBEL (Erste Bank Eishockey Liga) extrem viele Fans. Vor so einem Publikum ist es genial, aufs Eis zu laufen.
Wie hart war das Training, um es so weit zu schaffen?
Ich muss sagen, meine härteste Tainingszeit hatte ich in Deutschland. Vor allem im Jugendbereich wird da sehr hart gearbeitet. Nach der Saison hatten wir nur knapp zwei Wochen Ferien, dann ist es bereits wieder mit Trockentraining, Laufen, Koordination und Krafttraining losgegangen. Aufgrund von Tests wurde jeder Spieler kontrolliert und die Leistung, die er die Saison über gebracht hat, gemessen. Eine vorbildliche Organisation mit einem perfekten Training für jeden Hockeyspieler. Das vermisse ich in Südtirol etwas. Im Jugendbereich könnte man hier einiges besser machen, für eine gute Entwicklung muss man einfach fast zwölf Monate im Jahr hart arbeiten. Beim HC Bozen trainieren wir mittags um viertel nach zwölf und vor den Heimspielen haben wir morgens auch noch ein kurzes Training. So kommt der Kreislauf in Schwung und man ist nicht dazu verlockt, lange zu schlafen (lacht).
Wie vereinbart sich das Eishockeyspielen mit dem Privatleben?
Heuer waren wir extrem viel unterwegs. Ich habe mit meiner Mannschaft viele weite Fahrten nach Wien, Tschechien oder Ungarn hinter mir. Da fährt man den Tag davor los, übernachtet, spielt. Dann hat man meistens noch mehrere Spiele hintereinander. Da war ich dann quasi vier Tage auf „Geschäftsreise“ und hatte keine Zeit, an andere Sachen zu denken. Trotzdem dürfen wir Hockeyspieler uns nicht beklagen. Wir müssen ja nicht acht Stunden am Tag arbeiten.
Hat die Uni in deinem straffen Plan überhaupt noch Platz?
Dieses Jahr habe ich mein Wirtschaftsstudium in Bozen etwas vernachlässigt und nur zwei Prüfungen gemacht. Auch den Vorlesungen kann ich nicht gut folgen, da ich die meiste Zeit beim Training oder unterwegs bin. Ich arbeite viel mit Unterlagen und dem Internet.
Die Uni kann sich sowieso nicht beschweren, aber was sagt die Freundin, wenn du so oft auf „Geschäftsreise“ bist?
Dieses Jahr hat sie schon etwas gejammert. Aber sie unterstützt mich, wo sie kann, ist bei jedem Heimspiel dabei. Dafür versuche ich dann, meine Freizeit etwas nach ihr zu richten.
Wer ist wichtiger, die Freundin oder der Hockeyschläger?
(lacht verschmitzt) Die Freundin klarerweise.
Was bedeutet dann Eishockey für dich?
Früher war es nur ein Hobby, mittlerweile ist es ein Lebenstraum, der in Erfüllung gegangen ist. Hockey ist meine Leidenschaft und Passion. Darauf würde ich in meinem Leben ungern verzichten.
Was war dein persönliches Highlight der bisherigen Saison?
Auf alle Fälle die Qualifikation für die Champions League. Wenn man daran denkt, dass nächstes Jahr in Bozen Topmannschaften aus ganz Europa auflaufen: das wird der Wahnsinn.
Sieht man dich auch nächstes Jahr im Trikot der Weiß-Roten?
Ich habe für die nächste Saison noch keinen Vertrag. Natürlich würde ich gerne hier bleiben. Diese war meine fünfte Saison in Bozen. Ich bin in diesem Verein gewachsen. Hier zu bleiben, wäre top. Ich hoffe, es klappt.
Du steuerst nun geradewegs auf das Ende der Finalserie zu. Was ist das Ziel?
Wir sind zwar sehr zufrieden, dass wir es ins Finale geschafft haben, aber da ist durchaus noch mehr drin und wir wollen gewinnen. Wir haben hart trainiert, niemandem etwas gestohlen und uns den Platz im Finale redlich verdient. Wir haben heuer einfach das Zeug dazu. Salzburg haben wir schon zu Hause und auswärts geschlagen. Nun sind wir schon so weit, da müssen wir es auch schaffen, den Titel zu holen. Im Finale verlieren ist nichts Feines. Da werde ich lieber Dritter. Wenn aber jeder seine Aufgaben erledigt, stehen die Chancen gut.
Mit welcher Vorbereitung geht man in ein Finalspiel? Hast du ein bestimmtes Ritual vor Spielen?
Wenn wir im Ausland spielen, ist das Coolste, im Hotel zu frühstücken. Die Auswahl da ist riesig. Nachdem ich mich also vollgegessen habe, gehen wir trainieren und kehren ins Hotel zurück, wo es Mittagessen gibt. Dann ruhen wir uns kurz aus. Ich persönlich schaue dann noch einen Film oder eine Serie, lese etwas. Da hat aber jeder seine eigenen Gewohnheiten. Viele schlafen vor dem Spiel auch. Das könnte ich nicht, da werd ich „teppet“. Zwei Stunden vor dem Spiel müssen wir dann im Stadion sein. Das ist die Routine vor dem Spiel.
In einem Interview 2011 hast du gesagt, dass du nach dem Studium ins Ausland möchtest, falls sich etwas ergibt. Wie sehen die Zukunftspläne jetzt aus?
Der Plan ist 2014 nicht mehr so aktuell. Ich brauche ungefähr noch ein Jahr für mein Studium (lacht). Das hat sich ein bisschen in die Länge gezogen. Zum Ausland würde ich nie nein sagen. Für mich ist der Schritt in die EBEL aber sowieso schon ein Qualitätssprung gewesen und wenn sich andere Möglichkeiten auftun, muss ich schauen, was ich mache. Mir geht es in Bozen halt gut. Zuerst muss ich aber eindeutig das Studium beenden, weil ich mich für meine Zukunft absichern will. Das ist wichtig.
Gibt es einen Plan B, falls es mit dem Eishockey mal nicht mehr so sein wird?
Ziel ist es, so lange wie möglich Hockey zu spielen. Beim Eishockey ist man aber immer an den Körper gebunden, wenn da mal etwas passieren sollte, dann steht man da. Hockey ist meine Leidenschaft, es gibt für mich keinen anderen Traumjob. Ich habe mir zwar schon den ein oder anderen Gedanken gemacht, aber noch nie ernsthaft darüber nachgedacht. Wenn es soweit sein sollte, entscheide ich spontan. Aber ich glaube, da werde ich keine Probleme haben, etwas zu finden. (lacht)
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