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Es gibt nicht viele Lokale in Südtirol, die man im ganzen Land kennt. Die Temple Bar ist eine davon. Seit der Eröffnung vor neun Jahren ist das Pub zu einer Institution in Bozen geworden. Seine Besitzer Tanja Cregan und Stephen Tierney stammen beide aus Irland und sehen sich als Botschafter der irischen Lebensweise und Kultur. Vor Kurzem wurde ihr Pub dafür sogar mit dem Award „The Most Authentic Irish Pub” ausgezeichnet. Der Preis kürt die weltweit authentischsten irischen Pubs außerhalb Irlands. BARFUSS traf die beiden Iren – natürlich in der Temple Bar.
Glückwunsch zu eurem Preis. Wie geht es euch damit?
Tanja: Ich habe den ersten Schock überwunden, aber das Ganze ist schon ziemlich großartig.
Stephen: Der Preis ist eine unglaubliche Anerkennung. Wir hätten uns nie erwartet, dass wir gewinnen.
Warum glaubt ihr, habt ihr ihn dann doch gewonnen?
Stephen: Ich glaube, es ist die Gastfreundschaft, die uns ausmacht. Es geht nicht ums Trinken, wir wollen die Menschen vielmehr einfach glücklich machen. Es geht uns nicht darum, wie viele Bierkrüge wir am Ende eines Abends verkauft haben. Wenn wir draußen auf dem Platz feiern, dann schenken wir auch nur Bier und keinen Hochprozentigen aus.
„Wenn du das zweite Mal bei uns bist, wissen wir schon, was du trinkst. Das ist die irische Mentalität, die wir vermitteln wollen.”
Was ist der größte Unterschied zwischen der irischen und der Südtiroler Pub-Kultur?
Stephen: Die Menschen in Irland sind freundlicher.
Tanja: Ja, da gebe ich Stephen recht. Ich glaube, der größte Unterschied ist die Offenheit der Menschen. In Irland kannst du alleine in ein Pub gehen, um etwas zu trinken und du kannst dir sicher sein, dass du am Ende eines Abends mindestens zehn neue Freunde gewonnen hast.
Stephen: Die Temple Bar ist einer der wenigen Plätze in Bozen, wo man hinkommen kann, ohne sich irgendwie unwohl zu fühlen. Wenn du das zweite Mal bei uns bist, wissen wir schon, was du trinkst. Das ist die irische Mentalität, die wir vermitteln wollen. Ich will damit keine andere Bar angreifen. Es sind einfach die Kleinigkeiten, die uns ausmachen.
Was vermisst ihr an Irland am meisten?
Beide: Die Alternativen zum Fortgehen.
Tanja: Um ehrlich zu sein, verbringe ich hier in Südtirol mehr Zeit zu Hause, als in einer Bar. Es gibt einfach zu wenig attraktive Alternativen in Südtirol. Es ist zwar schon cool, sich mit Freunden im eigenen Pub zu treffen, aber woanders wäre es oftmals um so cooler.
Ihr veranstaltet regelmäßig Jamsessions. Was denkt ihr über die Südtiroler Musikszene?
Stephen: Die Musiker in Südtirol sind viel zu strukturiert. Seit zwei Jahren veranstalten wir nun schon unsere Jamsessions, bei denen Musiker einfach auf die Bühne gehen können, um zu spielen. Es gibt aber immer noch viel zu viele Musiker, die in ihrem Denken zu eingeschränkt sind: Da heißt es dann, sie bräuchten unbedingt ihre Instrumente und ihre Band. Wir fragen auch manchmal direkt bei den Musikern an, ob sie hier spielen wollen. Meistens wollen sie dann aber bezahlt werden. Was glauben die denn, wer sie sind? Wir geben ihnen schließlich die Möglichkeit, vor hunderten von Leuten zu spielen und ihre Musik zu promoten.
Das Thema Sicherheit wird in Südtirol gerade stark diskutiert. Ist das Nachtleben eurer Meinung nach gefährlicher geworden?
Tanja: Das Nachtleben hat sich in den letzten Jahren definitiv verändert. Aber nicht nur die Immigranten sind der Grund dafür, wie die Medien uns das immer weismachen wollen. Auch Südtiroler können Stunk anzetteln. Ich kann mich noch daran erinnern, dass man früher draußen sitzen konnte, ohne sich Sorgen um seine Sachen machen zu müssen, wenn man einmal auf die Toilette ging. Das geht heute nicht mehr.
Stephen: Mir tut die Polizei leid. Denen sind die Hände gebunden und jeder ist wütend auf sie. Wenn die Polizei jemanden festnimmt, ist derjenige nach zwei Stunden wieder frei. Es gibt überhaupt keine Abschreckung für Kleinkriminelle in diesem Land. Die Gesetze müssen geändert werden, das ist sicher. Es wird immer Leute geben, die Ärger machen. Ja, es gibt Probleme mit Immigranten, aber die Menschen hier kümmern sich auch nicht darum, dass die integriert werden.
Tanja: Mir ist auch aufgefallen, dass hier in den öffentlichen Ämtern kaum Ausländer angestellt sind. In Irland zum Beispiel gibt es die Garda, das ist unsere Polizei. Menschen verschiedener Ethnien arbeiten in Irland als Polizisten bei der Garda. In Italien hingegen findet man das nicht. Es schockiert mich auch, dass hier inzwischen private Sicherheitsmänner die öffentlichen Busse kontrollieren. Wenn man mehr versuchen würde, die Menschen zu integrieren, anstatt öffentliche Gelder für private Sicherheitsbeauftragte auszugeben, dann würde man so etwas gar nicht brauchen.
„Der ganze Platz hat getanzt und gefeiert. Jeder war guter Laune. Die Leute reden heute noch davon.”
Habt ihr schon einmal schleche Erfahrungen mit Randalierern in eurem Pub gemacht?
Tanja: Solche Zwischenfälle passieren sehr selten.
Stephen: Meistens sind das Menschen, die schon betrunken hierherkommen. Die meisten von ihnen haben vorher schon etwas getrunken oder genommen, aber solche Leute wollen wir hier nicht. Da sind wir sehr restriktiv. Wir sagen denen, dass sie nach Hause gehen sollen, um ihren Rausch auszuschlafen. Am nächsten Tag können sie ja wiederkommen. Wir wissen schließlich nicht, wie diese Leute drauf sind, wenn sie nüchtern sind.
Was war das Beste, was euch hier in der Temple Bar je passiert ist?
Beide: Patty’s Day 2012!
Stephen: Das war absolut unglaublich. Der ganze Platz hat getanzt und gefeiert. Jeder war guter Laune. Die Leute reden heute noch davon.
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